Rn 4

Für die Familiensachen bestimmt S 2 die ausschließliche Zuständigkeit der Amtsgerichte. Familiensachen sind definiert in § 111 FamFG. Dazu gehören auch die in § 112 FamFG näher bezeichneten Familienstreitsachen sowie alle die Hauptentscheidung vorbereitenden und ergänzenden Nebenentscheidungen, z.B. VKH-Verfahren oder Streitwertbestimmung (Musielak/Voit/Wittschier Rz 1, 3). Ob eine Familiensache vorliegt, richtet sich ausschließlich nach dem Katalog des § 111 FamFG; ob materiell-rechtlich Familienrecht anzuwenden ist oder ob zwischen den Beteiligten familienrechtliche Beziehungen bestehen (zB nicht zwingend bei Gewaltschutzsachen), ist demgegenüber irrelevant (Zö/Lückemann Rz 2). Wird ein einheitlicher prozessualer Anspruch auf verschiedene materiell-rechtliche Anspruchsgrundlagen gestützt, von denen nur eine das Verfahren zur Familiensache machen würde, so kommt nach dem Zweck der familienrechtlichen Spezialzuweisung grundsätzlich dem Familiengericht der Vorrang zu (BGH NJW 1983, 1913 f [BGH 10.11.1982 - IVb ARZ 44/82]; Musielak/Voit/Wittschier Rz 5). Mehrere Ansprüche, die teils Familiensache, teils Nichtfamiliensache sind, können nicht zu einer Klage mit der Zuständigkeit des Familiengerichts verbunden werden (BGH NJW 1981, 2417, 2418 [BGH 08.07.1981 - IVb ARZ 532/81]; Musielak/Voit/Wittschier Rz 5; s.a. § 260 ZPO Rn 10 f). In einem Verfahren betreffend eine Familienstreitsache kann eine andere Familienstreitsache aber grundsätzlich im Wege des Widerantrags geltend gemacht werden (Schlesw FamRZ 15, 1519).

1. Ehesachen (§ 111 Nr 1 FamFG).

 

Rn 5

Nach der Legaldefinition in § 121 FamFG handelt es sich um Verfahren auf Scheidung, Aufhebung und Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe.

2. Kindschaftssachen (§ 111 Nr 2 FamFG).

 

Rn 6

Der Verfahrensgegenstand ist in § 151 FamFG definiert: Elterliche Sorge (Nr 1), Umgangsrecht und Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes (Nr 2), Kindesherausgabe (Nr 3), Vormundschaft (Nr 4), Pflegschaft oder gerichtliche Bestellung eines sonstigen Vertreters für einen Minderjährigen oder ein bereits gezeugtes Kind (Nr 5), Genehmigung (Nr 6) und Anordnung (Nr 7) freiheitsentziehender Unterbringung eines Minderjährigen (vgl Brandbg Beschl v 4.3.11 – 9 AR 3/11 – juris) sowie Aufgaben nach dem JGG (Nr 8, vgl §§ 53, 67 IV S 3, 104 IV JGG). Nicht unter § 111 Nr 2 FamFG fällt die begehrte Ausweitung des Umgangs mit einem unter Betreuung stehenden volljährigen Kind, da es sich nicht um eine Kindschaftssache, sondern um eine vom Betreuer zu treffende Besuchsregelung handelt (Hamm Beschl v 6.1.14, 8 WF 179/13 – juris).

3. Abstammungssachen (§ 111 Nr 3 FamFG).

 

Rn 7

Der Verfahrensgegenstand ergibt sich aus § 169 FamFG. Danach handelt es sich um Verfahren auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses (Nr 1), auf Ersetzung der Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung und Anordnung der Duldung einer Probeentnahme nach § 178 FamFG (Nr 2), auf Einsicht oder Aushändigung einer Abschrift des Abstammungsgutachtens (Nr 3) sowie um die Anfechtung der Vaterschaft (Nr 4).

4. Adoptionssachen (§ 111 Nr 4 FamFG).

 

Rn 8

Nach § 186 FamFG sind das Verfahren, die die Annahme als Kind (Nr 1), die Ersetzung der Einwilligung zur Annahme als Kind (Nr 2), die Aufhebung des Adoptionsverhältnisses (Nr 3) sowie die Befreiung vom Eheverbot des § 1308 I BGB (Nr 4) betreffen.

5. Ehewohnungs- und Haushaltssachen (§ 111 Nr 5 FamFG).

 

Rn 9

Die Legaldefinition findet sich in § 200 FamFG. Nach § 200 I FamFG sind Ehewohnungssachen Verfahren nach § 1361b BGB (Zuweisung der Ehewohnung bei Getrenntleben) und § 1568a BGB (Regelung der Nutzung der Ehewohnung für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung). Haushaltssachen (früher Hausratssachen) sind gem § 200 II FamFG Verfahren nach § 1361a BGB (Verteilung der Haushaltsgegenstände bei Getrenntleben) und nach § 1568b BGB (Regelung bezüglich der Haushaltsgegenstände für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung). Darunter fällt zB auch die Regelung bezüglich eines PKW, wenn er neben der beruflichen Nutzung zu Familienzwecken verwendet wird, insbesondere wenn es sich um das einzige Fahrzeug der Familie handelt (Frankf NJW 15, 2346 [OLG Frankfurt am Main 25.02.2015 - 2 UF 356/14]). Die hier früher anwendbare HausratsVO ist aufgehoben (Art 2 des G v 6.7.09, BGBl. I, 1696, 1698).

6. Gewaltschutzsachen (§ 111 Nr 6 FamFG).

 

Rn 10

Gewaltschutzsachen sind Verfahren nach §§ 1, 2 GewSchG (§ 210 FamFG). Sie unterliegen der Zuständigkeit des FamG, ohne dass es auf eine familienrechtliche Beziehung zwischen den Beteiligten ankäme; auch eine personale Nähebeziehung ist zumindest für § 1 GewSchG nicht vorausgesetzt. Anträge auf Schutzanordnungen und Zuweisung des Wohnraums (§§ 1, 2 GewSchG) sind Familiensachen, auch wenn sich in dem Verfahren Wohnungseigentümer gegenüberstehen (AG Idstein ZMR 16, 813). Der Begriff des gemeinsamen Haushaltes iSd § 2 GewSchG entspricht dem in § 563 BGB. Abzustellen ist auf objektivierbare Umstände, wie zB auf die gemeinsame Verfügungsbefugnis über Einkommen und Vermögen (PWW/Riecke § 563 Rz 9).

7. Versorgungsausgleichssachen (§ 111 Nr 7 FamFG).

 

Rn 11

Wegen des Verfahrensgegenstandes vgl § 217 FamFG, § 1587 BGB, §§ 1 ff VersAusglG. Zu diesen Verfahren gehören nur die unmittelbaren Streit...

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