Rn 25

Ist ein Verfahren Kindschaftssache iSv § 151, ist der Anwendungsbereich der Verfahrensvorschriften des Abschn 3 (§§ 152–168a) eröffnet. Daneben bleiben die Vorschriften des allgemeinen Teils grds anwendbar, soweit nicht Vorschriften des allgemeinen Teils eine Sonderregelung enthalten, wie zB § 60 (Beschwerderecht Minderjähriger), § 81 II Nr 5 (Kostentragungspflicht bei Nichtteilnahme an einer nach § 156 I 4 angeordneten Mediation) oder die §§ 88 ff hinsichtlich der Vollstreckung.

I. Allgemeine Verfahrensgrundsätze.

 

Rn 26

Das Verfahren in Kindschaftssachen ist, wie auch das materielle Recht, § 1697a BGB, am Kindeswohl ausgerichtet. Dies beinhaltet zunächst die Verpflichtung des Gerichts, auch bei der Ausgestaltung des Verfahrens die Interessen und Belange des Kindes im Blick zu behalten. Diesem Ziel dienen insb die § 159 (Anhörung des Kindes), § 158 (Bestellung eines Verfahrensbeistands), §§ 156 III, 157 III (Erörterung bzw Prüfung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung) sowie die durch das Kindeswohl begrenzte Verpflichtung des Gerichts, auf ein Einvernehmen hinzuwirken, § 156 I 1. Aber auch das in § 155 geregelte Vorrang- und Beschleunigungsgebot dient letztlich ebenfalls dem Kindeswohl und soll in den genannten Verfahrensgegenständen der mit einer unnötig langen Verfahrensdauer einhergehenden Ungewissheit entgegenwirken. Zur effektiven Durchsetzung dienen die in § 155b geregelte Beschleunigungsrüge und die Beschleunigungsbeschwerde gem § 155c. Schließlich soll die in § 156 ausdrücklich normierte Pflicht zur Hinwirkung auf Einvernehmen in den dort genannten Kindschaftssachen im Interesse des Kindes die Fähigkeit der Eltern zur eigenverantwortlichen Regelung der zwischen ihnen bestehenden Probleme ggf durch Inanspruchnahme der Beratungsmöglichkeiten der Träger der Kinder- und Jugendhilfe (§§ 17, 18 SGB VIII) oder/und der Möglichkeiten der Mediation oder sonstigen außergerichtlichen Konfliktbeilegung stärken.

II. Einleitung des Verfahrens.

 

Rn 27

Ob eine Kindschaftssache auf Antrag (§ 23) oder vAw auf eine entsprechende Anregung hin (§ 24) eingeleitet wird, ist insb dem materiellen Recht zu entnehmen (vgl näher Keidel/Engelhardt § 151 Rz 22 f; Prütting/Helms/Hammer § 151 Rz 39 ff).

 

Rn 28

Auf Antrag eingeleitet werden insb Verfahren nach §§ 1626a I Nr 3, II BGB (Übertragung der gemeinsamen Sorge bei nicht miteinander verheirateten Eltern), § 1628 BGB (Übertragung der Entscheidungsbefugnis bei Meinungsverschiedenheit der gemeinsam sorgeberechtigten Eltern), § 1631b BGB (str), § 1632 III iVm I BGB (Herausgabe des Kindes an den Sorgeberechtigten), § 1671 I, II BGB (Übertragung der Alleinsorge bei getrennt lebenden Eltern), § 1686 BGB (Anspruch auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, vgl Frankf FamRZ 19, 362; Saarbr ZKJ 17, 152; JAmt 10, 196; Erman/Döll § 1686 Rz 2; Dürbeck ZKJ 17, 457). Teilw ergibt sich ein Antragserfordernis auch aus dem Verfahrensrecht, § 165 (Vermittlungsverfahren), § 167a (Antrag des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters auf Umgang oder Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes), Entlassung des Vormunds auf seinen Antrag (§ 1804 II BGB) oder auf Antrag der in § 1804 III BGB genannten Beteiligten.

 

Rn 29

Von Amts wegen werden insb Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB (gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls), § 1674 BGB (Feststellung des Ruhens der elterlichen Sorge), §§ 1678 II, 1680 II, III; 1681 I, II BGB (Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil bei Ruhen der elterlichen Sorge, bei Sorgeentzug, Tod oder Todeserklärung eines Elternteils), §§ 1684 III, IV, 1685 III BGB (Umgang des Kindes mit seinen Eltern oder anderen Bezugspersonen, vgl Erman/Döll § 1684 Rz 32 mwN; Heilmann/Gottschalk § 1684 Rz 85 mwN; Frankf FamRZ 14, 576), § 1696 BGB (zB Erman/Döll § 1696 Rz 12 mwN) iVm § 166 (Abänderungsverfahren), §§ 1774, 1779 BGB (Bestellung und Auswahl eines Vormunds), § 1809 BGB (Bestellung eines Ergänzungspflegers), Entlassung des Vormunds nach § 1804 I BGB.

 

Rn 30

Schließlich können Verfahren sowohl auf Antrag als auch vAw eingeleitet werden (›unechte Antragsverfahren‹, vgl Prütting/Helms/Hammer § 151 Rz 41). Das sind zB Verfahren nach § 1632 IV, 1682 BGB (Verbleibensanordnung zugunsten von Pflegepersonen oder sonstigen Bezugspersonen), §§ 1687 II, 1687a BGB (Einschränkung oder Ausschließung der Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens oder der tatsächlichen Betreuung, vgl zB Erman/Döll § 1687 Rz 5; Heilmann/Heilmann § 1687 Rz 21; jurisPK-BGB/Poncelet/Onstein § 1687 Rz 29; aA Staud/Salgo § 1687 Rz 57: auf Antrag), § 87 (Einleitung des Vollstreckungsverfahrens vAw oder auf Antrag, abhängig von der Einleitung des Erkenntnisverfahrens, vgl näher Prütting/Helms/Hammer § 87 Rz 3 ff).

III. Verfahrensbeteiligte.

 

Rn 31

Wer Beteiligter in Kindschaftssachen ist, ist der allgemeinen Vorschrift des § 7 zu entnehmen. Gem § 7 Abs. 1 ist in Antragsverfahren (s.o. Rn 28) der Antragsteller Beteiligter.

 

Rn 32

Gem § 7 II Nr 1 sind als Beteiligte hinzuzuziehen diejenigen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar b...

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