Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Zulässigkeit der Kostenbeschwerde nach Rücknahme des Verfahrensantrags

 

Verfahrensgang

AG Frankenthal (Pfalz) (Beschluss vom 17.09.2010; Aktenzeichen 71 F 37/10)

 

Tenor

1. Der Antragsgegnerin, die die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde versäumt hat, wird von Amts wegen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

2. Auf die Beschwerde wird die angefochtene Entscheidung geändert:

Die Kosten des Verfahrens 1. Instanz werden gegeneinander aufgehoben.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

5. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf 601 bis 900 EUR.

 

Gründe

Die am 19.9.2007 geborene, jetzt dreijährige Antragstellerin hat den Antragsgegner, ihren Vater, auf Zahlung monatlichen Kindesunterhaltes i.H.v. 225 EUR in Anspruch genommen. Erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht hat der Antragsgegner auf eine Jugendamtsurkunde hingewiesen, die er bereits anlässlich des vorausgegangenen Vaterschaftsfeststellungsverfahrens zugunsten der Antragstellerin errichtet hatte. Ob diese Urkunde zur persönlichen Kenntnis der Kindsmutter und gesetzlichen Vertreterin gelangt war, konnte nicht festgestellt werden; die Antragstellerin war damals durch das Jugendamt als Beistand vertreten. Sie hat nach Bekanntwerden der Urkunde in vorliegendem Verfahren ihren Antrag unter Verwahrung gegen die Kosten zurückgenommen. Das Familiengericht hat ihr aber durch Beschluss vom 17.9.2010 die gesamten Kosten auferlegt; hiergegen richtet sich ihre Beschwerde, mit der Kostenaufhebung erstrebt wird.

Das Rechtsmittel der Antragstellerin, über das der Senat gem. § 568 Satz 2 ZPO in der im GVG vorgeschriebenen Besetzung zu entscheiden hat, ist nach Gewährung der Wiedereinsetzung zulässig und führt in der Sache zu dem erstrebten Erfolg.

Die Beschwerde ist allerdings verspätet, nämlich erst mehr als zwei Wochen nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung eingelegt worden. Nach Auffassung des Senats sind in Familienstreitsachen für Beschwerden gegen sog. isolierte Kostenentscheidungen, die ohne gleichzeitige Hauptsacheentscheidung ergehen, gem. § 113 Abs. 1 FamFG die Vorschriften der ZPO anzuwenden, hier insbesondere §§ 91a Abs. 2 und - im vorliegenden Fall einschlägig - § 269 Abs. 5, jeweils i.V.m. §§ 567 ff. Entsprechendes muss auch für die ausschließliche Anfechtung der Kostenentscheidung in den Fällen des § 99 Abs. 2 ZPO gelten. Gemäß der ZPO gilt für die Anfechtung die Zwei-Wochen-Frist nach § 569 Abs. 1, weiterhin wird ein Beschwerdewert von - nur - 200 EUR vorausgesetzt (§ 567 Abs. 2) und es besteht die grundsätzliche Zuständigkeit des Einzelrichters (§ 568).

Die Frage ist allerdings in Kommentarliteratur und obergerichtlicher Rechtsprechung nicht unumstritten. Nach Auffassung des OLG Oldenburg, 5. Senat für Familiensachen (FamRZ 2010, 1831), handelt es sich auch hier um Endentscheidungen i.S.d. §§ 38 Abs. 1, 58 Abs. 1 FamFG, für die folgerichtig die Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG statthaft sei. Ebenso wird in der Kommentarliteratur zum Teil uneingeschränkt von der Anwendbarkeit der letztgenannten Vorschriften ausgegangen, ohne zwischen nichtstreitigen und streitigen Familiensachen zu unterscheiden (MK-FamFG § 81 Rz. 78; Prütting/Helms, FamFG § 81 Rz. 32; Bork/Jacoby/Schwab, FamFG § 81 Rz. 21). Dies hätte zur Folge, dass die Anfechtungsfrist einen Monat beträgt (§ 63 FamFG), ein Beschwerdewert von 600 EUR zu beachten (§ 61 FamFG) und grundsätzlich das Beschwerdegericht in seiner Gesamtheit zur Entscheidung berufen ist (§ 68 Abs. 4 FamFG).

Nach mittlerweile wohl herrschender Ansicht sind dagegen die o.a. Vorschriften der ZPO zugrunde zu legen (OLG Hamm, Beschl. v. 2.2.2011 - 8 WF 262/10 - juris; OLG Stuttgart, Beschl. v. 10.1.2011 - 15 WF 2/11 - juris; OLG Saarbrücken NJW-RR 2011, 369; OLG Oldenburg - 1. Senat für Familiensachen - FuR 2011, 112; KG NJW 2010, 3588; OLG Nürnberg FamRZ 2010, 1837; Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 58 Rz. 4; Keidel, FamFG 16. Aufl., § 58 Rz. 95, 97; Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG 2. Aufl., § 58 Rz. 14; Horndasch/Viefhues, FamFG 2. Aufl., § 82 Rz. 27). Dem schließt sich auch der Senat an.

Dabei ist es aus der Sicht des Senats entscheidend, dass die entsprechenden Vorstellungen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 16/6308, 168; 16/12717, S. 60) durchaus mit hinreichender Deutlichkeit im Gesetzestext zum Ausdruck gekommen sind; dies zwar nicht im FamFG selbst, aber in der Anlage 1 zum FamGKG Nr. 1910. Die dort geregelte Gebühr für "... Beschwerden in den Fällen des § 71 Abs. 2, § 91a Abs. 2, § 99 Abs. 2 und § 269 Abs. 5 ZPO" wäre überflüssig, wenn das Rechtsmittelrecht der ZPO hier überhaupt nicht anwendbar wäre (so auch OLG Stuttgart, a.a.O.). Das Gesetzgebungswerk des FGG-Reformgesetzes vom 17.12.2008 (BGBl. I, 2586) ist insoweit als Einheit anzusehen. Für eine Unterhaltssache, wie sie hier vorliegt, kann dabei nichts anderes gelten, § 243 FamFG enthält abweichende Regelungen ...

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