Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterhaltssache: Statthaftigkeit der isolierten Anfechtung einer Kostenentscheidung in einer Familienstreitsache

 

Leitsatz (amtlich)

Die Anfechtung einer Kostenentscheidung richtet sich nach der Zivilprozessordnung und ist deshalb in der Regel nicht selbständig anfechtbar.

 

Normenkette

FamFG § 58 ff., § 112 Nr. 1, § 113 Abs. 1, § 231 Abs. 1 Nr. 1; ZPO § 99 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Backnang (Beschluss vom 29.11.2010; Aktenzeichen 3 F 604/09)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Backnang vom 29.11.2010 wird als unzulässig verworfen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Verfahrenswert der Beschwerde: Bis 1.200 EUR

 

Gründe

I. Die Beteiligten führten vor dem AG - Familiengericht - Backnang einen Rechtsstreit um nachehelichen Unterhalt und Kindesunterhalt. Mit Beschluss vom 29.11.2010 entschied das Familiengericht über die geltend gemachten Ansprüche. Die dazu ergangene Kostenentscheidung (Nr. 3 der Entscheidungsformel) lautete auf Kostenaufhebung.

Mit Schriftsatz vom 22.12.2010 legte der Antragsteller "sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung" ein. Zur Begründung gab er an, bezogen auf den Gesamtstreitwert, sei er mit einem Anteil von lediglich 22 % unterlegen. Zudem habe er wegen der notwendigen Einschaltung eines Unterbevollmächtigten höhere Kosten als die Antragsgegner gehabt. Daher sei es unangemessen, die Kosten gegeneinander aufzuheben. Sie müssten vielmehr im Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens gequotelt werden.

II. Die vom Antragsteller erhobene sofortige Beschwerde ist unzulässig.

1. Die isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung in einer Familienstreitsache ist nicht statthaft (§§ 231 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 112 Nr. 1, 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 99 Abs. 1 ZPO).

Vorliegend handelt es sich um eine Unterhaltssache nach § 231 Nr. 1 und 2 FamFG, also eine Familienstreitsache gem. § 112 Nr. 1 FamFG. Auf solche Verfahren sind zwar nach § 113 Abs. 1 S. 1 FamFG die Bestimmungen des FamFG über die Beschwerde, §§ 58 ff. FamFG, anzuwenden, nicht heranzuziehen sind aber die Regelungen über Kostenentscheidungen (§§ 80 bis 84 FamFG). Insofern gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung (§§ 91 ff.), wie aus § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG folgt.

Dieser Verweis auf die Zivilprozessordnung führt dazu, dass Kostenentscheidungen in Familienstreitsachen nach den Bestimmungen der Zivilprozessordnung zu treffen und nur unter Berücksichtigung des zugehörigen Rechtsmittelsystems der ZPO anfechtbar sind. Somit ist also eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung nicht zulässig (§ 99 Abs. 1 ZPO), es sei denn, es läge einer der Fälle vor, in denen die sofortige Beschwerde nach § 567 ff. ZPO statthaft ist (§§ 91a Abs. 2, 99 Abs. 2, 269 Abs. 5). Da vorliegend keiner der Ausnahmefälle gegeben ist, war die vom Antragsteller erhobene Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

2. Die Auffassung, dass die isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung in Familienstreitsachen unzulässig ist, ist allerdings nicht unumstritten.

a) Zunächst besteht aber - soweit ersichtlich - Einigkeit darüber, dass in Familiensachen außerhalb der Familienstreitsachen (§ 111 Nr. 2 bis 7 FamFG) eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung - anders als nach früherem Recht (§ 20a FGG) - möglich ist (OLG Stuttgart FamRZ 2010, 664; OLG Bremen, Beschl. vom 20.9.2010 - 4 WF 119/10, juris; Zöller/Feskorn, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 58 FamFG, Rz. 5; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 16. Aufl. 2009, § 58 Rz. 95). Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 16/6308, 168: "Um den Beteiligten eine Überprüfung dieser Ermessensentscheidung [gemeint ist die Kostenentscheidung nach § 81 FamFG] zu eröffnen, wird das Verbot der isolierten Anfechtung der Kostenentscheidung für den Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit aufgehoben").

b) Das OLG Oldenburg (FamRZ 2010, 1831) ist der Auffassung, dass die Möglichkeit der isolierten Anfechtung der Kostenentscheidung auch in Familienstreitsachen besteht. Der oben unter 1. angesprochene Ausschluss des Kostenrechts der §§ 80 bis 84 FamFG durch § 113 Abs. 1 S. 1 FamFG habe nicht auch die Anwendung des Rechtsmittelrechts der Zivilprozessordnung auf Kostenentscheidungen in Familienstreitsachen zur Folge. Vielmehr verbleibe es bei der Anwendung der §§ 58 ff. FamFG. Damit finde § 99 Abs. 1 ZPO keine Anwendung.

Jedenfalls aber, so ein zweiter Argumentationsstrang des OLG Oldenburg (a.a.O.), verdränge § 243 FamFG als lex specialis die Anwendung des § 99 ZPO.

c) Dem ist nicht zu folgen.

Der Verweis auf das Kostenrecht der Zivilprozessordnung in § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG hat nach dem Willen des Gesetzgebers zur Folge, dass auch das zugehörige Rechtsmittelrecht nach der Zivilprozessordnung Anwendung findet. Nach der bereits zitierten Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/6308, 168 unter I.10. [§§ 80 ff. FamFG]) sollte das Verbot der isolierten Anfechtung der Kostenentscheidung für den Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit aufgehoben werden, also ...

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