Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der isolierten Anfechtung einer Kostenentscheidung bei einer nichtvermögensrechtlichen Hauptsache

 

Leitsatz (amtlich)

Die isolierte Anfechtung einer Kostenentscheidung im Verfahren nach dem FamFG ist auch dann nur bei Überschreitung der Wertgrenze von 600 EUR nach § 61 Abs. 1 FamFG zulässig, wenn das erstinstanzliche Verfahren in der Hauptsache eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit betrifft.

 

Normenkette

FamFG § 61

 

Verfahrensgang

AG Bremen (Beschluss vom 11.08.2010; Aktenzeichen 60 F 2709/10)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Kostenentscheidung in Ziff. 2 des Beschlusses des AG - Familiengerichts - Bremen vom 11.8.2010 wird als unzulässig verworfen.

Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes erster Instanz wird in Abänderung des Beschlusses des AG vom 11.8.2010 auf 1.000 EUR festgesetzt.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 283,74 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Am 1.7.2010 hat der Antragsteller beim AG Bremen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz gestellt. Das AG hat einen Termin zur Anhörung der Beteiligten auf den 20.7.2010 anberaumt. Daraufhin hat der Antragsteller am 15.7.2010 das Ruhen des Verfahrens mit der Begründung beantragt, er sei gesundheitlich nicht in der Lage, einen gerichtlichen Termin wahrzunehmen. Das AG hat den Termin aufgehoben und dem Antragsteller mitgeteilt, das Ruhen des Verfahrens sei in einem Eilverfahren nicht vorgesehen. Zugleich hat es den Antragsteller gebeten mitzuteilen, ob er an seinem Antrag festhalte.

Am 3.8.2010 hat der Antragsteller seinen Antrag zurückgenommen und erklärt, nach Beantragung der gerichtlichen Verfügung lasse die Antragsgegnerin ihn nunmehr in Ruhe. Mit Beschluss vom 11.8.2010 hat das AG der Antragsgegnerin Verfahrenskostenhilfe bewilligt und die folgende Kostenentscheidung getroffen: "Die Kosten des Verfahrens werden nach Antragsrücknahme dem Antragsteller auferlegt." Den Wert des Verfahrens hat das AG auf 1.500 EUR festgesetzt.

Am 20.8.2010 hat der Antragsteller bei der Rechtsantragstelle des AG Bremen erklärt: "Ich beantrage, mir Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung zu bewilligen. Ich bin finanziell nicht in der Lage, die Verfahrenskosten zu zahlen. Ferner lege ich Rechtsmittel gegen den Beschluss vom 11.8.2010 ein. Ich habe den Antrag auf Durchführung des Verfahrens nur zurückgenommen, weil ich gesundheitlich nicht in der Lage bin, an Gerichtsterminen teilzunehmen. Ich muss morgen stationär ins Krankenhaus, morgen werde ich an der Halsschlagader operiert, danach erfolgt eine OP am Herzen. Nur deshalb wollte ich das Verfahren beenden."

II. Der Antragsteller hat die Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt, sie ist auch statthaft. Sie ist aber unzulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 600 EUR nicht übersteigt und das Familiengericht die Beschwerde nicht zugelassen hat, § 61 Abs. 1 und 2 FamFG.

Die Beschwerde richtet sich nach ihrem Wortlaut gegen den gesamten Beschluss vom 11.8.2010. Dennoch ist davon auszugehen, dass sich der Antragsteller lediglich gegen die Auferlegung der Verfahrenskosten wendet. Die Begründung seiner Beschwerde lässt nicht erkennen, dass er einen niedrigeren Verfahrenswert für angemessen hält oder sich - was ohnehin nicht zulässig wäre - gegen die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Antragsgegnerin wenden will.

1. Die isolierte Anfechtung einer Kostenentscheidung ist nach dem FamFG grundsätzlich zulässig (OLG Stuttgart, Beschluss vom 3.11.2009, FamRZ 2010, 664 f. m. w. N). In Literatur und Rechtsprechung umstritten ist dagegen die Frage, ob für die Zulässigkeit einer Beschwerde gegen die Kostenentscheidung in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit die Wertgrenze des § 61 Abs. 1 FamFG gilt. Zum Teil wird mit Hinweis auf den Wortlaut des § 61 Abs. 1 FamFG vertreten, in diesen Fällen sei die Beschwerde ohne Mindestbeschwer zulässig. Das entspreche der Absicht des Gesetzgebers, eine Anfechtung von Hauptsache- und Kostenentscheidung in gleicher Weise zu eröffnen (Feskorn, in: Prütting/Helms, Kommentar zum FamFG, § 81 FamFG Rz. 33; ders., in Zöller, Komm. z. ZPO, 28. Aufl. 2010, § 61 FamFG Rz. 6; ebenso, aber kritisch Abramenko, in: Prütting/Helms, § 61 FamFG Rz. 3; ihm zustimmend Herget, in Zöller, § 82 FamFG Rz. 5).

Demgegenüber fordert die wohl überwiegende Ansicht auch bei der isolierten Anfechtung von Kostenentscheidungen in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten für die Zulässigkeit der Beschwerde, dass der Beschwerdewert von 600 EUR erreicht wird (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.6.2010 - 16 WF 95/10, zitiert nach juris; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 20.5.2010 - 5 WF 32/10, zitiert nach juris; OLG Koblenz, Beschl. v. 10.5.2010 - 11 WF 300/10, zitiert nach juris; OLG Oldenburg, Beschluss vom 26.2.2010, FamRZ 2010, 1466; OLG München, Beschluss vom 8.12.2009, FamRZ 2010, 1465 f.; OLG Stuttgart, ...

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