Entscheidungsstichwort (Thema)

Familienstreitsache: Isolierte Anfechtbarkeit der Kostenentscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

Da sich die Kostenentscheidung in den nicht den Unterhalt betreffenden Familienstreitsachen weiterhin gem. §§ 113 Abs. 1 S. 2, 91 ff. ZPO streng nach Obsiegen und Unterliegen richtet, ist eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung gem. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 99 Abs. 1 ZPO nicht zulässig.

 

Normenkette

ZPO § 99 Abs. 1; FamFG § 113 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Sigmaringen (Aktenzeichen 2 F 383/09)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Sigmaringen (2 F 383/09) wird auf Kosten des Antragstellers als unzulässig verworfen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 753 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. In dem am 6.11.2009 durch einen Verfahrenskostenhilfeantrag eingeleiteten Verfahren wies das AG - Familiengericht - Sigmaringen durch Beschluss vom 5.8.2010 den Antrag des Antragstellers auf Nennung des Namens des leiblichen Vaters der von der Antragsgegnerin am 4.1.1979 geborenen Tochter M.-S. ab. Das AG hatte dem Antragsteller in Abänderung des Verfahrenskostenhilfe bewilligenden Beschlusses des OLG Stuttgart vom 5.3.2010 Rechtsanwalt F. aus Sigmaringen und zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwältin W. aus Berlin beigeordnet. Der Beschluss vom 5.8.2010 wurde Rechtsanwalt F. am 11.8.2010 zugestellt.

Gegen diesen Beschluss legte die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers, Rechtsanwältin W., mit Schriftsatz vom 7.9.2010, eingegangen beim AG am 9.9.2010, Beschwerde "hier die Kostenentscheidung betreffend" ein und beantragte Wiedereinsetzung des Verfahrens in den vorigen Stand. Die Antragsgegnerin habe Anlass zur Klage gegeben, weswegen sie die Kosten zu tragen habe.

II. Auf das nach dem 1.9.2009 eingeleitete Verfahren finden die Vorschriften des FamFG Anwendung, Art. 111 Abs. 1 FGGRG.

Die Beschwerde war durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen, § 68 Abs. 2 FamFG.

Die Beschwerde ist fristgerecht eingelegt worden, § 63 FamFG. Die Monatsfrist wurde durch Einlegung beim AG Sigmaringen am 9.9.2010 gewahrt, so dass es eines Antrages auf Wiedereinsetzung nicht bedurfte.

Das vom Antragsteller eingelegte Rechtsmittel ist jedoch unzulässig, da es nur eine Korrektur der erstinstanzlichen Kostenentscheidung zum Gegenstand hat, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 99 Abs. 1 ZPO.

Bei dem vorliegenden Verfahren, das sich auf die Anspruchsgrundlagen der §§ 826 und 242 BGB stützt und der Durchsetzung eines nach § 1607 Abs. 3 S. 2 BGB übergegangenen Unterhaltsanspruches dient, handelt es sich nicht um eine Abstammungssache, sondern um eine sonstige Familiensache nach § 266 Abs. 1 Nr. 4 FamFG (Schulte-Bunert/Weinreich/Schwonberg, FamFG, 2. Aufl. 2010, § 169, RN. 20) und damit gem. § 112 Nr. 3 FamFG um eine Familienstreitsache.

Während bei den FamFG-Verfahren im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit Einigkeit herrscht, dass eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung möglich ist (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 3.11.2009 - 18 UF 243/09, zitiert in Juris, Rz. 10; OLG München, Beschluss vom 3.11.2009, 33 WF 243/09; zitiert in Juris; Keidel/Meyer-Holz; FGG, 16. Aufl. 2009, § 58 Rz. 95), wird dies bei den Familienstreitsachen unterschiedlich beurteilt. Bei diesen stellt § 113 Abs. 1 S. 1 FamFG klar, dass die Vorschriften der §§ 58 ff. FamFG über die Beschwerde anzuwenden sind, die §§ 80 bis 84 FamFG über die Kosten hingegen nicht heranzuziehen sind. Insofern verweist § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG auf die allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung.

Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass, dem Wortlaut des FamFG folgend, sich eine Differenzierung zwischen Streitsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht erschließt, da die §§ 58 ff. FamFG eine solche Unterscheidung nicht enthalten und die Kostenentscheidung insgesamt Bestandteil der Endentscheidung wird

(OLG Oldenburg, 5. OLG Stuttgart für Familiensachen, Beschl. v. 1.6.2010 - 14 UF 45/10; zitiert in Juris, Rz. 8; Rüntz/Viefhues, FamRZ 2010, 1292).

Dagegen wird mit Verweis auf die Begründung des Gesetzesentwurfes der Bundesregierung (BTDrs 16/6308, S. 168), in dem das Verbot der isolierten Anfechtung der Kostenentscheidung nur für den Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit aufgehoben werden sollte, vorgebracht, dass zu den in § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG in Bezug genommenen Kostenvorschriften auch § 99 ZPO gehört, weswegen zwar grundsätzlich die §§ 58 ff. FamFG über die Beschwerde zur Anwendung kommen, jedoch unter Beachtung der hinsichtlich der Kostenentscheidung weiter geltenden Vorschrift des § 99 ZPO (Zöller/Feskorn, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 58 FamFG, RN. 5; Keidel/Meyer-Holz; FGG, 16. Aufl. 2009, § 58 Rz. 95; Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl. 2010, Vorbem. zu § 80 FamFG, RN. 5; OLG Oldenburg, 4. Senat für Familiensachen, Beschluss vom 8.10.2010,4 WF 226/10, zitiert in Juris, Leitsatz; Götsche in JurisPR-FamR 11/2010,...

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