Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten der wirkungslosen Anschlussberufung bei Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

Nach dem prozessualen Veranlassungsprinzip muss derjenige, dessen Verhalten für die Entstehung der Kosten Anlass gegeben hat, diese auch tragen. Da - ohne Zutun des Anschlussberufungsklägers - infolge der Zurückweisung der Berufung eine Sachentscheidung über die Anschlussberufung nicht ergeht, ist es gerechtfertigt, den Berufungskläger als ursprünglichen Veranlasser der Anschlussberufung (auch) mit deren Kosten zu belasten. Für den Anschlussberufungskläger macht es keinen Unterschied, ob auf den Hinweis nach § 522 Abs. 2 ZPO die Berufung zurückgenommen oder durch Beschluss zurückgewiesen wurde.

 

Normenkette

ZPO §§ 91, 524 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 10.11.2016; Aktenzeichen 3 O 87/17)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 10.11.2016 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Darmstadt wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Anschlussberufung zu tragen.

Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.389,80 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung ist auch unter Berücksichtigung von Bedeutung, Umfang und Schwierigkeitsgrad der Sache nicht geboten.

Die Berufung hat - wie es in § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO weiter vorausgesetzt wird - auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 25.5.2018 (Bl. 254 ff. d. A.) wird insofern Bezug genommen. Die Beklagte hat den Hinweisbeschluss des Senats nicht zum Anlass genommen, sich nochmals zur Hauptsache zu äußern.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind nach § 97 Abs. 1 ZPO vom Beklagten zu tragen. Hierzu gehören auch die Kosten der Anschlussberufung. Entgegen der im Schriftsatz vom 6.7.2018 geäußerten Rechtsansicht des Beklagten ist keine Kostenteilung gemäß § 92 Abs. 1 ZPO im Verhältnis der Streitwertanteile von Berufung und Anschlussberufung vorzunehmen.

Wem die Kosten der nach § 524 Abs. 4 ZPO wirkungslos gewordenen Anschlussberufung aufzuerlegen sind, ist in der Zivilprozessordnung nicht speziell geregelt, so dass die allgemeinen Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO maßgeblich sind. Dabei wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beurteilt, ob die Kosten der Anschlussberufung dem Berufungskläger aufzuerlegen sind (so z.B. OLG Dresden, Beschluss v. 30.6. 2015, 5 U 375/15, juris Rn. 39; KG, Beschluss v. 30.10.2013, 26a U 98/13, juris Rn. 17 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss v. 14.6.2011, 6 U 278/10, juris Rn. 9; OLG Bremen, Beschluss v. 24.6.2008, 2 U 13/08, juris Rn. 7; OLG Stuttgart, Beschluss v. 16.8.2006, 5 U 29/06, juris Rn. 18) oder nach § 92 Abs. 1 ZPO eine Kostenquotelung vorzunehmen ist (so z.B. OLG München, 11.4.2014, 23 U 4488/13, juris Rn. 6; OLG Celle, Beschluss v. 26.3.2014, 4 U 6/14, juris Rn. 31; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 28.12.2009, 24 U 79/09, juris Rn. 24; OLG Stuttgart, Beschluss v. 23.3.2009, 12 U 220/08, juris Rn. 5; OLG Dresden, Beschluss v. 17.5.2004, 6 U 2010/03, juris Rn. 10; Zöller/Heßler, ZPO, 32 A. 2018, § 524 Rn. 44; Musielak/Voit, ZPO, 15. A. 2018, § 524 Rn. 31a; differenzierend: MüKoZPO/Rimmelspacher, 5. A. 2016, § 524 Rn. 60 ff.).

Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs hierzu liegt bislang nicht vor. Der Bundesgerichtshof hat allerdings entschieden, dass der Berufungskläger, der nach einem Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 ZPO auf die mangelnden Erfolgsaussichten seines Rechtsmittels seine Berufung zurücknimmt, nach Wortlaut, Sinn und Zweck der für diesen Fall maßgeblichen Kostenbestimmung (§ 516 Abs. 3 ZPO) auch die Kosten der gemäß § 524 Abs. 4 ZPO hinfällig werdenden Anschlussberufung zu tragen hat (BGH, Urt. v. 7.2.2006, XI ZB 9/05, juris Rn. 6 ff.). Andererseits hat der Bundesgerichtshof zu § 556 Abs. 2 Satz 4 ZPO a. F. die Ansicht vertreten, dass trotz des fehlenden Einflusses des unselbstständigen Anschlussrevisionsklägers auf die Annahme der Revision die Kosten der Anschließung nicht dem Revisionskläger aufzuerlegen sind, sondern vielmehr dem Anschließenden, wenn die Revision nicht angenommen wurde (BGH, Urt. v. 11.3.1981, GSZ 1/80, juris Rn. 4 ff.). Der Bundesgerichthof selbst hat allerdings beiden Verfahren für die hier zur Entscheidung stehende Frage nur...

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