Leitsatz

Kostenbelastung gemäß bestandskräftiger Abrechnungen, auch wenn sich nachträglich herausstellt, dass bei einem Miteigentümer abgerechnete Räume nicht zu seinem Sondereigentum gehören!

 

Normenkette

(§§ 23 Abs. 4, 28 WEG)

 

Kommentar

  1. 10 Jahre lang wurde ein Eigentümer mehrerer Teileigentumsrechte auch mit Haus- bzw. Wohngeldkosten für eine Einheit belastet, die nicht zu seinem Sondereigentum gehört. Der Irrtum ist nunmehr zwischen allen Beteiligten unstreitig. Allerdings wurden hier die betreffenden Abrechnungen und Wirtschaftspläne jeweils mangels Anfechtung bestandskräftig.

    Das LG hat einen Rückzahlungsanspruch des betroffenen Teileigentümers für begründet erachtet und die früheren Beschlüsse als nichtig angesehen, da der Eigentümer hinsichtlich der streitbefangenen Einheit überhaupt nicht Teileigentümer geworden sei.

    Dieser Auffassung hat das BayObLG widersprochen.

  2. Vorliegend besaß der betroffene Miteigentümer mehrere Teileigentumsrechte. Die Beschlüsse in den vergangenen Jahren betreffen deshalb nicht einen Außenstehenden, sondern einen Wohnungseigentümer. Demzufolge liegt auch nicht die Verpflichtung eines Außenstehenden vor, sondern es handelt sich hier ausschließlich um eine falsche Kostenverteilung. Solche Fehler führen jedoch nicht zur Nichtigkeit eines Beschlusses, sondern lediglich zur Anfechtbarkeit (BayObLG, NJW-RR 2002, 1666).

    Anders wäre die Rechtslage, wenn Beschlüsse von Wohnungseigentümern einen außenstehenden Dritten verpflichten sollten, der überhaupt nicht Eigentümer ist. Solche Beschlüsse würden keine Bindungswirkung dem Dritten gegenüber entfalten (vgl. BGH v. 6.10.1994, V ZB 2/94, NJW 1994, 3352 und MDR 2000, 21 mit Anm. Riecke; KG v. 28.2.2001, 24 W 6976/00, ZMR 2001, 728; BayObLG v. 19.9.2001, 2Z BR 101/01, ZMR 2002, 142).

 

Link zur Entscheidung

(BayObLG, Beschluss vom 18.03.2004, 2Z BR 35/04, BayObLGZ, 2004 Nr. 15 = NZM 14/2004, 555)

Anmerkung

Dieses Entscheidungsergebnis ist m.E. diskussionswürdig. Selbstverständlich kann nicht ein außenstehender Dritter, der in einer bestimmten Gemeinschaft gar kein Sondereigentum besitzt, mit irgendwelchen Verwaltungskosten dieser Gemeinschaft belastet werden. Zahlt er dennoch im allseitigen Irrtum Wohngelder, kann er selbstverständlich nicht verjährte Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen eine Gemeinschaft geltend machen; anspruchsbegründende Beschlüsse entfalten nur Bindungswirkung unter Miteigentümern. Zu fragen ist jedoch, ob diese Folge nicht auch auf Mitglieder einer Gemeinschaft anzuwenden ist, die mit Kosten belastet werden bzw. wurden, ohne dass ihnen das belastete Sondereigentum überhaupt gehört. Wohngeldlasten liegen objektgebunden auf dem betreffenden Sondereigentum. Fehlt dieser Bezug, muss doch gefragt werden, ob es sich hier wirklich nur um eine "falsche Kostenverteilung" im Innenverhältnis einer Gemeinschaft handelt und die Bestandskraft früherer Beschlüsse bei wechselseitigem Irrtum unverjährte Bereicherungsansprüche ausschließt, wenn bisherige Abrechnungs- und Wirtschaftsplanbeschlüsse mangels Anfechtung bestandskräftig geworden sein sollten. Kann hier ein Beschluss wirklich selbst einen Miteigentümer in der Gemeinschaft binden, der mangels eines existierenden bestimmten Sondereigentums überhaupt keine Zahlungen hätte leisten müssen? M.E. ist der Fall nicht vergleichbar mit dem der Senatsentscheidung v. 8.4.2004 (2Z BR 193/03).

Muss man von der Richtigkeit der Senatsentscheidung ausgehen, kann auch hier Eigentümern in einer Gemeinschaft nur dringend angeraten werden, sehr kurzfristig (innerhalb der einmonatigen Beschlussanfechtungsfrist) zugestellte Einzelabrechnungen auch schon dem Grunde nach genauestens zu überprüfen!

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