Leitsatz (amtlich)

Eigentümerbeschlüsse über Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne, in denen ein Wohnungseigentümer mit Kosten für nicht in seinem Sondereigentum stehende Räume belastet wird, weil die Wohnungseigentümer irrig davon ausgehen, dass die Räume zum Sondereigentum dieses Wohnungseigentümers gehören, sind nicht nichtig.

 

Verfahrensgang

LG Würzburg (Beschluss vom 22.10.2003; Aktenzeichen 3 T 1227/03)

AG Würzburg (Beschluss vom 06.05.2003; Aktenzeichen 17 UR II 44/02)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin und der Gegenantragsgegner wird der Beschluss des LG Würzburg vom 22.10.2003 aufgehoben.

II. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG Würzburg vom 6.5.2003 wird zurückgewiesen.

III. Der Antragsgegner trägt die Gerichtskosten aller Instanzen. Außergerichtliche Kosten sind für keinen Rechtszug zu erstatten.

IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 19.507,49 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsgegner und die Gegenantragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der Antragstellerin verwaltet wird.

Der Antragsgegner ist Eigentümer mehrerer Teileigentumsrechte. Außer über diese wurde ihm ggü. seit Jahren über ein Teileigentum "Gewerbe 1a" abgerechnet. Zwischen den Beteiligten ist nunmehr unstreitig, dass die als "Gewerbe 1a" abgerechneten Räume nicht zum Sondereigentum des Antragsgegners gehören. Die Abrechnungen für die Jahre 1991 bis 2001 und der Wirtschaftsplan für das Jahr 2002 sind bestandskräftig.

Die hierzu durch den Verwaltervertrag ermächtigte Antragstellerin macht gegen den Antragsgegner für das "Gewerbe 1a" Wohngeld aufgrund des Wirtschaftsplans für das Jahr 2002 geltend, während der Antragsgegner mit seinem Gegenantrag Rückzahlung des von ihm für die Zeit von 1991 bis Juni 2002 für das "Gewerbe 1a" geleisteten Wohngelds mit der Begründung verlangt, es handle sich nicht um sein Sondereigentum.

Die Antragstellerin hat beim AG beantragt, den Antragsgegner zur Zahlung von 429 Euro nebst Zinsen zu verpflichten. Der Antragsgegner hat beantragt, die Gegenantragsgegner zur Zahlung von 19.078,49 Euro nebst Zinsen zu verpflichten. Das AG hat mit Beschl. v. 6.5.2003 dem Antrag der Antragstellerin stattgegeben und den Gegenantrag abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat das LG am 22.10.2003 den Beschluss des AG abgeändert, den Antrag der Antragstellerin abgewiesen und dem Gegenantrag des Antragsgegners stattgegeben. Hiergegen richten sich die sofortigen weiteren Beschwerden der Antragstellerin und der Gegenantragsgegner.

II. Die zulässigen Rechtsmittel sind begründet.

1. Das LG hat ausgeführt:

Das "Gewerbe 1a" sei nicht Sondereigentum geworden, da es anhand des Aufteilungsplanes nicht eindeutig bestimmbar sei. Der Antragsgegner habe somit kein Sondereigentum erworben. Er sei deshalb auch für die Jahre 1991 bis 2002 zu Wohngeldzahlungen für diesen Raum nicht verpflichtet gewesen. Die Abrechnungsbeschlüsse und der Beschluss über den Wirtschaftsplan seien für den Antragsgegner nicht verbindlich, da diese Beschlüsse nichtig seien. Die Nichtigkeit ergebe sich daraus, dass der Antragsgegner überhaupt nicht Teileigentümer des "Gewerbes 1a" geworden sei.

2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Die Zahlungspflicht des Antragsgegners ergibt sich aus den bestandskräftigen Eigentümerbeschlüssen über die Abrechnungen 1991 bis 2001 und den Wirtschaftsplan 2002.

Diese Beschlüsse sind nicht nichtig. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des LG, dass durch Beschlüsse der Wohnungseigentümer ein außenstehender Dritter nicht verpflichtet werden kann (BGH v. 6.10.1994 - V ZB 2/94, MDR 1994, 1206 = NJW 1994, 3352 [3353]; v. 23.9.1999 - V ZB 17/99, MDR 2000, 21 m. Anm. Riecke; KG ZMR 2001, 728 [729]; BayObLG ZMR 2002, 142). Die diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Fälle sind jedoch mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Diese Entscheidungen betrafen Personen, denen auch nicht andere Wohnungseigentumsrechte in derselben Anlage gehörten.

Im vorliegenden Verfahren gehören jedoch dem Antragsgegner mehrere Teileigentumsrechte in der Anlage. Es geht hier darum, dass ihm Kosten für Räume in Rechnung gestellt wurden, die jedenfalls nicht Sondereigentum des Antragsgegners sind. Die Eigentümerbeschlüsse betreffen deshalb nicht einen Außenstehenden, sondern einen Wohnungseigentümer. Demzufolge liegt nicht die Verpflichtung eines Außenstehenden vor, sondern es handelt sich um eine falsche Kostenverteilung. Eine falsche Kostenverteilung bei einzelnen Abrechnungen und Wirtschaftsplänen führt aber nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses, sondern lediglich zur Anfechtbarkeit (BayObLG NJW-RR 2002, 1666).

Der Antragsgegner schuldet deshalb Wohngeldvorschüsse für das Jahr 2002 und hat keinen Anspruch auf Rückzahlung seiner in den Jahren 1991 bis 2001 geleisteten Wohngeldzahlung.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht der Billigkeit, dass der Antragsgegner als Unterlegener ...

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