BGH: Jahresabrechnung muss korrigiert werden

Wird ein Beschluss über eine abweichende Kostenverteilung für ungültig erklärt, muss eine hierauf beruhende Jahresabrechnung selbst bei Bestandskraft korrigiert werden. Nachforderungen aus der ursprünglichen Abrechnung sind nicht mehr durchsetzbar.

Kostenverteilung nach Abrechnung für ungültig erklärt

Eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) verlangt von einem Eigentümer eine Nachzahlung aus einer Jahresabrechnung.

Im Oktober 2017 hatten die Wohnungseigentümer eine Dachsanierung beschlossen. Die Kosten hierfür in Höhe von 24.000 Euro sollte der Eigentümer, dessen Teileigentumseinheit sich im betreffenden Gebäudeteil befindet, allein tragen. Gegen den Beschluss zur Kostenverteilung erhob der Eigentümer Anfechtungsklage.

Noch während des Anfechtungsverfahrens wurde die Jahresabrechnung 2017 beschlossen. Hierin wurden die Kosten der durchgeführten Dachsanierung dem Eigentümer auferlegt, so wie es der Beschluss vorsah. Die Einzelabrechnung endete mit einer Nachzahlung von 22.300 Euro. Der Beschluss über die Jahresabrechnung wurde bestandskräftig.

Nach Bestandskraft der Jahresabrechnung wurde der Beschluss über die Kostenverteilung für ungültig erklärt. Gleichwohl fordert die GdWE vom Eigentümer die Nachzahlung aus der Jahresabrechnung.

Keine Nachforderung aus nachträglich fehlerhafter Abrechnung

Der Eigentümer muss keine Nachzahlung leisten und hat einen Anspruch auf Korrektur der bestandskräftigen Jahresabrechnung.

Zunächst hat die bestandskräftig beschlossene Jahresabrechnung 2017 einen Zahlungsanspruch gegen den Eigentümer in Höhe der Abrechnungsspitze begründet. Dieser Zahlungsanspruch ist allerdings nicht mehr durchsetzbar, weil der der Kostenverteilung zugrundeliegende Beschluss für ungültig erklärt worden ist.

Zwar sind Einwendungen gegen die Wirksamkeit von Beschlüssen grundsätzlich mit der Anfechtungsklage geltend zu machen. So muss eine Jahresabrechnung angefochten werden, wenn ein gesetzlicher oder vereinbarter Verteilungsschlüssel falsch angewendet worden ist.

Gleichwohl war der Eigentümer nicht gehalten, die Jahresabrechnung anzufechten oder auf eine erneute Beschlussfassung hinzuwirken. Bei Beschlussfassung über die Jahresabrechnung entsprach es ordnungsgemäßer Verwaltung, die Kosten für die Dachsanierung dem Eigentümer aufzuerlegen, denn der diesbezügliche Beschluss war nur angefochten, aber noch nicht für ungültig erklärt.

Eine Anfechtung der Jahresabrechnung wäre für den Eigentümer mit einem hohen Kosten- und Prozessrisiko verbunden gewesen. Angesichts dessen durfte er den Ausgang des Vorprozesses abwarten und darauf vertrauen, dass eine dort zu seinen Gunsten ergehende Entscheidung im Wege eines abändernden Zweitbeschlusses berücksichtigt werden würde, ohne vorsorglich die Jahresabrechnung anzufechten. Dieses Vorgehen entspricht auch der Interessenlage der GdWE, weil so mehrere Parallelverfahren vermieden werden.

Der Eigentümer musste auch keine anderweitigen Schritte unternehmen, um die Durchsetzung der Zahlungspflicht abzuwenden. Insbesondere war er nicht gehalten, auf eine abändernde Beschlussfassung hinzuwirken oder eine Beschlussersetzungsklage zu erheben.

Anspruch auf neue Beschlussfassung

Der Eigentümer hat einen Anspruch auf eine erneute Beschlussfassung über die Jahresabrechnung 2017.

Jeder Wohnungseigentümer kann die Änderung eines gefassten Beschlusses verlangen, wenn sich die dem Erstbeschluss zugrundeliegenden Umstände wesentlich geändert haben. Das ist hier der Fall, weil der Beschluss über die Kostenverteilung für die Dachsanierung für ungültig erklärt worden ist.

Ein in der Einzelabrechnung fehlerhaft verteilter Rechnungsposten wirkt sich notwendigerweise auf die Abrechnungsspitze aus. Nur eine erneute Beschlussfassung gewährleistet, dass der durch eine erfolgreiche Anfechtungsklage verwirklichte Minderheitenschutz nicht dadurch entwertet wird, dass sich die Mehrheit auf die Bestandskraft der Jahresabrechnung beruft, obwohl der in der Abrechnung zugrunde gelegte Kostenverteilungsbeschluss für ungültig erklärt worden ist.

In der korrigierten Jahresabrechnung sind allein die Kosten abweichend zu verteilen, die auf dem für ungültig erklärten Umlageschlüssel beruhen.

Nachforderung ist nicht durchsetzbar, wenn neu gerechnet werden muss

Der Eigentümer muss keine Nachzahlung aus der ursprünglichen Jahresabrechnung leisten.

Wird ein Beschluss über eine abweichende Kostenverteilung, der einer bereits beschlossenen Jahresabrechnung zugrunde liegt, rechtskräftig für ungültig erklärt, muss die GdWE nach Treu und Glauben von der weiteren Durchsetzung der Nachschussforderungen aus der Jahresabrechnung absehen. Anderenfalls müsste der Eigentümer eine Nachzahlung leisten, obwohl feststeht, dass neu abgerechnet werden muss.

(BGH, Urteil v. 16.6.2023, V ZR 251/21)


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