Wesentliche Änderungen bringt die WEG-Reform bezüglich der baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums.

Bauliche Veränderungen umfassen sämtliche Maßnahmen, die über solche der Erhaltung des Gemeinschaftseigentums hinausgehen. Als bauliche Veränderungen gelten daher auch Maßnahmen der bisherigen modernisierenden Instandsetzung und solche der bisherigen Modernisierung des Gemeinschaftseigentums.

Maßgeblich sind zunächst zwei Aspekte:

  1. Jede Maßnahme der baulichen Veränderung bedarf eines Beschlusses.
  2. Diejenigen, die der Maßnahme zustimmen, haben deren Kosten zu tragen und sind zur entsprechenden Nutzung berechtigt.

Kostenverteilung unter allen Wohnungseigentümern

Von dem Grundsatz, dass diejenigen Wohnungseigentümer, die der Baumaßnahme zustimmen, deren Kosten zu tragen haben, gibt es zwei bedeutsame Ausnahmen:

Amortisation innerhalb eines angemessenen Zeitraums

Die Kosten für mehrheitlich beschlossene modernisierende Erhaltungsmaßnahmen haben alle Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WEG dann zu tragen, wenn sich diese innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren. Wichtiger Anhaltspunkt bleibt hierbei der bereits bislang für die Maßnahmen der modernisierenden Instandsetzung geltende 10-Jahres-Zeitraum.

Mit 2/3-Mehrheit beschlossene Maßnahmen

Eine weitere Ausnahme ergibt sich aus § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG. Wird eine bauliche Maßnahme mit einer Mehrheit von mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen beschlossen, die die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentiert, sind ebenfalls sämtliche Wohnungseigentümer in die Pflicht zur Kostentragung eingebunden, soweit die Maßnahme nicht mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist. Wann im Einzelfall von einer Unverhältnismäßigkeit auszugehen sein wird, hängt maßgeblich davon ab, welche Art Baumaßnahme zur Durchführung kommen soll.

Handelt es sich um eine Maßnahme der Modernisierung des Gemeinschaftseigentums nach bisheriger Lesart, wird weiterhin der Grundsatz gelten, dass Wohnungseigentümer durch Bildung angemessener Rücklagen für die Finanzierung von Maßnahmen zu sorgen haben, auch wenn diese über Erhaltungsmaßnahmen hinausgehen.

Freilich ist diese Regelung, die für sämtliche Maßnahmen der baulichen Veränderung mit Ausnahme der modernisierenden Erhaltungsmaßnahmen gilt, geeignet, insbesondere sinnvolle Modernisierungsmaßnahmen an der Abstimmungstaktik einzelner Wohnungseigentümer scheitern zu lassen. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass auf Grundlage der bisherigen Rechtslage in § 22 Abs. 2 WEG a.F. gar 3/4 sämtlicher Wohnungseigentümer für eine Modernisierungsmaßnahme stimmen und dabei mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren mussten.

Gestattung privilegierter Maßnahmen

Den Wohnungseigentümern selbst räumt der neue § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG einen Anspruch auf Gestattung bestimmter baulicher Veränderungen ein: Maßnahmen der Barrierefreiheit, des Ladens von E-Mobilen, des Einbruchsschutzes und des Anschlusses an das Glasfaserkabel.

Wohnungseigentümer können über Ausgestaltung entscheiden

Ein Ermessensspielraum ist den Wohnungseigentümern bezüglich der Frage des „Ob“ der privilegierten baulichen Veränderungen nicht eingeräumt. Allerdings obliegt die Entscheidungsbefugnis über die Frage des „Wie“ dem Ermessen der Wohnungseigentümer. Sie können also nicht nur Vorgaben bezüglich der konkreten Ausführung der Maßnahme machen, sondern auch entscheiden, ob die Maßnahme durch den jeweiligen Wohnungseigentümer ausgeführt wird oder durch die Gemeinschaft auf Kosten des bauwilligen Wohnungseigentümers. In diesem Fall sollte die Maßnahme erst durchgeführt werden, wenn der bauwillige Wohnungseigentümer einen entsprechenden Kostenvorschuss geleistet hat.

Nachzügler-Beteiligung

Wohnungseigentümern ist die Nutzung baulicher Veränderungen gegen eine angemessene Ausgleichszahlung zu gestatten. Wurde also einem Wohnungseigentümer der Einbau eines Treppenlifts im gemeinschaftlichen Treppenhaus auf seine Kosten gestattet, ist einem weiteren Wohnungseigentümer, der zwischenzeitlich ebenfalls auf die Nutzung des Treppenlifts angewiesen ist, diese zu gestatten, wenn er anteilig die Kosten der Errichtung erstattet und künftig anteilige Betriebs- und Erhaltungskosten trägt.

Auch über diese Gestattung beschließen die Wohnungseigentümer; dies machen nicht etwa die betreffenden Wohnungseigentümer unter sich aus. Entsprechende Grundsätze gelten, wenn etwa auf Initiative eines oder mehrerer Wohnungseigentümer die erforderliche Infrastruktur zum Laden von E-Mobilen geschaffen wurde und Nachzügler-Wohnungseigentümer etwa unter Erweiterung dieser Infrastruktur an den bereits vorhandenen Einrichtungen teilhaben wollen.

Dokumentation des Abstimmungsverhaltens

Der Verwalter wird bei sämtlichen Maßnahmen der baulichen Veränderung, die nicht zu einer Kostenverteilung unter sämtlichen Wohnungseigentümern führen, das Abstimmungsverhalten namentlich dokumentieren müssen, sodass zum einen die Nachzügler-Problematik zu bewältigen ist und überhaupt eine zutreffende Kostenverteilung vorgenommen werden kann.

Grenzen baulicher Veränderungen

Nach § 20 Abs. 4 WEG dürfen bauliche Veränderungen nicht beschlossen und können nicht verlangt werden, wenn sie zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage führen oder einzelne Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig benachteiligen. Mit Blick auf das Kriterium einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage wird die Rechtsprechung künftig die entsprechenden Voraussetzungen ausarbeiten müssen. Was eine unbillige Benachteiligung einzelner Wohnungseigentümer gegenüber anderen betrifft, dürfte wohl die bislang zu den Maßnahmen der Modernisierung des § 22 Abs. 2 WEG a.F. ergangene Rechtsprechung weiter maßgeblich bleiben.

Bei den nicht privilegierten Gestattungsmaßnahmen auf Grundlage von § 20 Abs. 3 WEG dürfte allerdings eine Beschlussverkündung ohne Einverständnis der nachteilig betroffenen Wohnungseigentümer auch denn nicht möglich sein, wenn die Maßnahme unterhalb der Schwelle einer grundlegenden Umgestaltung bzw. unbilligen Benachteiligung liegt.

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