Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnraummiete: Mietpreisüberhöhung bei Ausnutzung eines geringen Wohnungsangebots auf einem "Sondermarkt"

 

Orientierungssatz

1. Das geringe Angebot iSv WiStrG § 5 Abs 2 wird bereits dann ausgenutzt, wenn feststeht, daß der überhöhte Mietzins nicht erzielt worden wäre, wenn ein ausreichendes Angebot an Wohnraum vorhanden gewesen wäre. Das Merkmal des Ausnutzens bezieht sich nicht auf die individuelle Situation des Mieters, sondern auf die allgemeine Knappheitssituation am Wohnungsmarkt.

2. Es ist verfehlt anzunehmen, es liege keine Ausnutzung eines geringen Angebots vor, wenn der Mieter auf einem "Sondermarkt" nachgefragt habe (hier: Musikerwohnung). Für die Ausnutzung des geringen Angebots ist es vielmehr bedeutungslos, ob der Mieter spezielle Anforderungen an das anzumietende Objekt gestellt hat, oder ob er auf unterschiedlichen Teilmärkten nachgefragt hat, weil es ihm etwa auf die Lage oder Beschaffenheit nicht entscheidend ankam (entgegen LG Frankfurt, 1997-12-09, 2/11 S 146/97, NZM 1999, 1000).

 

Gründe

(Aus Wohnungswirtschaft und Mietrecht WuM)

Mit dem Amtsgericht (Hamburg) ist die Kammer auch der Überzeugung, dass der Beklagte den von ihm vereinnahmten Mietzins nur erzielen konnte, weil er objektiv ein geringes Angebot an vergleichbarem Wohnraum ausgenutzt hat. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer ist für den Zeitraum bis einschließlich 1994 ein geringes Angebot anWohnungen durchschnittlicher Lage und Ausstattung offenkundig (vgl. LG Hamburg, Urt. v. 31. 8. 1999 - 316 S 87/99;vgl. auch LG Hamburg HGrE 1999, 157 sowie das von Beklagtenseite angeführte Urteil des LG Hamburg vom 25. 3. 1999 - 307 S 94/98 -, wonach die Wohnungsmarktsituation in Hamburg in den Jahren vor 1995 offenkundig angespannt gewesen sei). Diese Feststellung wird durch den Inhalt des vom Amtsgericht eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Dr. L. vom 9. Juli 1998 bestätigt.Die Einwendungen des Beklagten gegen die in diesem Gutachten enthaltenen Aussagen greifen nicht durch.

Zu Recht hat der Sachverständige seinen Untersuchungen den Markt für ca. 70 m2 große Wohnungen zugrunde gelegt. Denn der Mietvertrag bezog sich - wie oben aufgeführt - auf eine Wohnung in dieser Größenordnung.

Soweit der Beklagte darauf abstellt, dass der Sachverständige nicht die spezielle Wohnungsmarktlage im Stadtteil Eimsbüttel habe würdigen dürfen, kommt es hierauf im Ergebnis nicht an. Denn schon die Feststellungen zur allgemeinen Wohnungsmarktlage in Hamburg (4.5 des Gutachtens) rechtfertigen die Aussage, dass unabhängig von der speziellen Lage der Wohnung im Stadtteil ein die Wohnungsnachfrage unterschreitendes Wohnungsangebot vorlag. Dagegen hat der Beklagte nichts Erhebliches vorgebracht.

Dem Beklagten ist auch nicht darin zu folgen, dass Feststellungen über ein geringes Angebot die von den Klägern angemietete Wohnung deshalb nicht beträfen, weil deren Situation so speziell sei, dass sie sich in keinen Teilmarkt einordnen lasse. Es liegt in der Natur der Sache, dass jede einzelne Wohnung sich von allen anderen Wohnungen unterscheidet - und sei es auch nur im Hinblick auf die Lage im Haus. Entscheidend ist allein, ob die Wohnung nach den gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 WiStG entscheidenden Wohnwertmerkmalen erfasst werden kann. Das aber ist auch unter Berücksichtigung dessen der Fall, dass ein Teil des Mietobjekts zum Zeitpunkt der Anmietung noch nicht fertiggestellt war und sich die Wohnung über zwei Etagen erstreckt.Andere objektive Besonderheiten, die außerhalb der bestimmenden Wohnwertmerkmale liegen, weist das Mietobjekt nicht auf.

Es ist in diesem Zusammenhang auch nicht entscheidend, ob es sich bei der Wohnung um eine Musiker-Atelierwohnung handelt. Wie der Sachverständige zutreffend ausgeführt hat, sind Räume, in denen weitgehend ungestört Musik gemacht werden kann, sehr begehrt. Die Nachfrage nach geeigneten Proberäumen übersteige seit Jahren anhaltend das Angebot. Nach dem Rechtsentscheid des OLG Hamm vom 13. 3. 1986 (WM 1986, 206 (207)) besteht aber ein geringes Angebot i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 2 WiStG schon dann, wenn die Mangelsituation nur für bestimmte Personengruppen besteht. Demgemäß würde eine Spezialität des Mietverhältnisses, die darin bestünde, dass überwiegend an Musiker vermietet wird, die Feststellung des geringen Angebots eher untermauern.

Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Kläger gerade in einer Wohnung mit entsprechender Ausstattung und Lage hätten wohnen wollen und dass sie die Motivation gehabt hätten, gerade diese Wohnung zu mieten, weil es ihnen erlaubt worden sei, ihrer Musikausübung nachzugehen. Mit dieser Argumentation verfolgt er offenbar den Gedanken, dass er das geringe Angebot an vergleichbaren Räumen nicht ausgenutzt habe, weil die Kläger auf einem "Sondermarkt" nachgefragt hätten.Dem vermag sich die Kammer aus Rechtsgründen nicht anzuschließen (so schon LG Hamburg, Urt. v. 31. 8. 1999 - 316 S 87/99; Urt. v. 14. 12. 1999 - 316 S 159/99). Das geringe Angebot wird bereits dan...

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