Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Ladung des Angeklagten richtet sich nach den §§ 216, 217.
2. Nach § 216 Abs. 1 S. 1 wird der auf freiem Fuß befindliche Angeklagte unter der Warnung geladen, dass im Fall seines unentschuldigten Ausbleibens seine Verhaftung oder Vorführung erfolgen werde. In der Rspr. ist umstritten, ob die "Haft-Warnung" auch zulässig ist, wenn die Ladung des Angeklagten im Ausland bewirkt werden muss.
3. Die Ladungsfrist muss auf jeden Fall bei der Ladung zum ersten HV-Termin gewahrt werden, ob auch zu einem späteren Termin in derselben Instanz ist umstritten.
4. Die Ladungsfrist wird durch die erforderliche Zustellung der Ladung in Lauf gesetzt.
 

Rdn 2186

 

Literaturhinweis:

Rieß, Die Stellung des Verteidigers beim Verzicht auf die Verwendung präsenter Beweismittel, NJW 1977, 881.

 

Rdn 2187

1.a) Die Ladung des Angeklagten richtet sich nach den. Sie wird gem. § 214 Abs. 1 S. 1 vom Vorsitzenden angeordnet. Ein sehbehinderter Angeklagter hat gem. § 191a Abs. 1 GVG einen Anspruch darauf, dass ihm die Ladung in einer geeigneten, für ihn wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht wird; auf diesen Anspruch ist die berechtigte Person hinzuweisen (§ 4 Abs. 2 S. 2 ZMV) (OLG Oldenburg, Beschl. v. 22.1.2018 – 1 Ws 434/18, Nds.Rpfl. 2019, 92 m. Anm. Burhoff StRR 7/2019, 16).

 

Rdn 2188

Die Ladungsfrist beträgt gem. § 217 Abs. 1 mindestens eine Woche. Diese Mindestfrist soll dem Angeklagten genügend Zeit für die Vorbereitung seiner Verteidigung gewähren (BGHSt 24, 143). Da es sich somit um eine den Schutz des Angeklagten bezweckende Vorschrift handelt, kann der Angeklagte – auch gegen den Widerstand seines Verteidigers – auf die Einhaltung der Ladungsfrist verzichten (KK-Gmel, § 217 Rn 8; a.A. Rieß NJW 1977, 883). Der Verzicht des Angeklagten auf die Einhaltung der Ladungsfrist beinhaltet aber nicht vorab schon den Verzicht auf die Rüge, dass im Fall der notwendigen Verteidigung die HV ohne Pflichtverteidiger stattgefunden hat (§ 338 Nr. 5; OLG Hamm StraFo 1998, 164, 269).

 

Rdn 2189

b) Aus dem Wortlaut des § 217 Abs. 1 – "zwischen" – ist abzuleiten, dass bei der Fristberechnung der Tag der Zustellung (vgl. Teil L Rdn 2194) und der Tag, an dem die HV stattfinden soll, nicht mitgerechnet werden. § 43 Abs. 2 gilt nicht (Meyer-Goßner/Schmitt, § 217 Rn 2). Fallen in die Wochenfrist aber mehrere Feiertage, kann darin eine Behinderung der Verteidigung liegen (KK-Gmel, § 217 Rn 5 m.w.N.).

 

Rdn 2190

2.a) Nach § 216 Abs. 1 S. 1 wird der auf freiem Fuß befindliche Angeklagte unter der Warnung geladen, dass im Fall seines unentschuldigten Ausbleibens seine Verhaftung oder Vorführung erfolgen werde. Die Warnung ist auch in eine wiederholte Ladung aufzunehmen, der bloße Hinweis auf eine frühere Ladung genügt insoweit nicht (OLG Hamm NStZ-RR 2009, 89). Einem der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtigen Angeklagten ist die Warnung zudem in eine ihm verständliche Sprache zu übersetzen (KG, Beschl. v. 9.10.2020 – 4 Ws 80/20; OLG Dresden StV 2009, 348; dazu in Zusammenhang mit der öffentlichen Zustellung OLG Nürnberg, Beschl. v. 10.8.2021 – Ws 684/21). Befindet sich der Angeklagte zum Zeitpunkt der Ladung in Haft, muss die ggf. unterbliebene Belehrung nach der Entlassung nachgeholt werden (OLG Köln StV 2014, 205), anderenfalls ist er nicht ordnungsgemäß geladen.

 

☆ Ladungen eines ausländischen Angeklagten, denen eine Übersetzung nicht beigefügt ist, sind unwirksam (KG, a.a.O.; OLG Bremen NStZ 2005, 527; OLG Dresden, a.a.O.; OLG Köln, Beschl. v. 14.11.2019 – 2 Ws 581/19, StV 2021, 183 [Ls.]; LG Bremen StraFo 2005, 29; a.A. OLG Hamm JMBl. NJW 1984, 78; Beschl. v. 25.10.2016 – 3 RVs 72/16; OLG Köln NStZ-RR 2015, 317; Meyer-Goßner/Schmitt , § 184 GVG Rn 3), mit der Folge, dass z.B. ein HB nach § 230 nicht erlassen werden kann (KG, a.a.O.; OLG Köln, a.a.O.; LG Bremen, a.a.O.; →  Zwangsmittel bei Ausbleiben des Angeklagten , Teil Z Rdn  4336 ). Die Nr. 181 Abs. 2 RiStBV ist allerdings nur eine Empfehlung (BVerfG NJW 1983, 2762). I.d.R. wird dem Beschuldigten aber, wenn er nicht erscheint, ggf. zumindest →  Wiedereinsetzung in den vorigen Stand , Teil W Rdn  4038 , zu gewähren sein (BayObLG NJW 1996, 1836; OLG Köln, a.a.O.). eines ausländischen Angeklagten, denen eine Übersetzung nicht beigefügt ist, sind "unwirksam" (KG, a.a.O.; OLG Bremen NStZ 2005, 527; OLG Dresden, a.a.O.; OLG Köln, Beschl. v. 14.11.2019 – 2 Ws 581/19, StV 2021, 183 [Ls.]; LG Bremen StraFo 2005, 29; a.A. OLG Hamm JMBl. NJW 1984, 78; Beschl. v. 25.10.2016 – 3 RVs 72/16; OLG Köln NStZ-RR 2015, 317; Meyer-Goßner/Schmitt, § 184 GVG Rn 3), mit der Folge, dass z.B. ein HB nach § 230 nicht erlassen werden kann (KG, a.a.O.; OLG Köln, a.a.O.; LG Bremen, a.a.O.; → Zwangsmittel bei Ausbleiben des Angeklagten, Teil Z Rdn 4336). Die Nr. 181 Abs. 2 RiStBV ist allerdings nur eine Empfehlung (BVerfG NJW 1983, 2762). I.d.R. wird dem Beschuldigten aber, wenn er nicht erscheint, ggf. zumindest → Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Teil W Rdn 4038, zu gewähren sein (BayObLG NJW 1996, ...

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