Rz. 18

Meinung des BGH: Das Recht des Auflassungsempfänger, für den eine Vormerkung eingetragen ist, wurde vom BGH mit der Begründung als selbstständig verkehrsfähiges Anwartschaftsrecht anerkannt, dass in diesem Fall auch ohne eigenen Antrag des Auflassungsempfängers sein Recht wegen des durch §§ 883 Abs. 2, 888 BGB gewährten Schutzes vom Veräußerer nicht mehr einseitig zerstört werden kann.[44] Nach OLG Düsseldorf[45] ist die Verkehrsfähigkeit bereits bei Auflassung und Antrag des Auflassungsempfängers auf Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu bejahen, also zu dem auch für die Gutgläubigkeit des Auflassungsempfängers nach § 892 Abs. 2 BGB oder dem nach § 878 BGB maßgebenden Zeitpunkt (siehe Rdn 28).

 

Rz. 19

Die Gegenmeinung lehnt ein durch Vormerkung gesichertes Anwartschaftsrecht ab.[46] Ein vom Anspruch auf Eigentumsverschaffung abhängiges Anwartschaftsrecht ist kein mit dem abstrakten Volleigentum vergleichbares Recht. Einer Anwartschaft ohne Antrag des Auflassungsempfängers fehlt der Schutz der § 878 BGB, §§ 13, 17 GBO. Wird die Auflassung trotz Vormerkung unwirksam, (z.B. durch Insolvenz des Veräußerers oder weil das Grundbuchamt einen anderen als Eigentümer eintragen muss), dann wird der Auflassungsempfänger nur geschützt, wenn ihm die Vormerkung zusteht und der vorgemerkte Anspruch wirksam ist (§§ 883 Abs. 2, 888 Abs. 1 BGB). Versagt der Vormerkungsschutz, hilft auch das von Auflassung und Vormerkung abhängige Anwartschaftsrecht nicht weiter.

 

Rz. 20

Die Verkehrsfähigkeit ist zu bejahen (Stufe 6 siehe Rdn 3), wenn Auflassung und Bewilligung der Eigentumsumschreibung vorliegen, eine Vormerkung für den Auflassungsempfänger zur Sicherung seines (wirksamen, verkehrsfähigen) Anspruchs auf Verschaffung des Eigentums am aufgelassenen Grundstück eingetragen ist (§§ 883, 885 BGB) und Auflassung und Vormerkung (auf die sich die Verkehrsfähigkeit der Rechtsstellung stützt) sich beide in einer Hand befinden. Nicht das Recht des Auflassungsempfängers ist vom vorgemerkten Anspruch abhängig, sondern lediglich seine Verkehrsfähigkeit (siehe Rdn 3). Die Verkehrsfähigkeit eines Rechts setzt nicht voraus, dass es gegen jede Art der Zerstörung gesichert ist (siehe Rdn 26).[47] Das gesicherte Anwartschaftsrecht kann erlöschen (siehe Rdn 8) und wird trotzdem nahezu unbestritten für verkehrsfähig gehalten.

 

Rz. 21

Die Verkehrsfähigkeit besteht nicht, wenn die Voraussetzungen dafür noch nicht vorliegen oder weggefallen sind (zur Begründung vgl. Rdn 7 ff.).

Einzelfälle:

Auflassung ohne Bewilligung (§ 19 GBO; Stufe 5 siehe § 19 GBO Rdn 3): Der Veräußerer hat in dieser Stufe noch nicht alles verfahrensrechtlich zur Eigentumsumschreibung Erforderliche getan.[48] Einem Antrag des Auflassungsempfängers steht noch ein Eintragungshindernis (§ 18 GBO) entgegen, das zur Zurückweisung seines Antrags führt (siehe Rdn 5). Dagegen kann in der Stufe 6 (Auflassung und Bewilligung) der Auflassungsempfänger seine Eintragung als Eigentümer durch einen Antrag selbst herbeiführen. Auf eine Mitwirkung des Veräußerers ist er nicht mehr angewiesen.

Unwirksamkeit des vorgemerkten Anspruchs:

In diesem Fall ist auch die Vormerkung unwirksam (siehe § 6 Einl. Rdn 12). Es fehlt eine der Voraussetzungen der Verkehrsfähigkeit, wenn sich das Anwartschaftsrecht nicht auf Auflassung, Eintragungsbewilligung und Antragstellung stützen kann.

Ausschluss der Abtretung/Verpfändung (§§ 399, 1274 BGB): Da dem Anspruch die erforderliche Verkehrsfähigkeit fehlt,[49] kann der Auflassungsempfänger seine Rechtsstellung aus Auflassung und Vormerkung nicht oder jedenfalls nicht ohne Zustimmung des Grundstückseigentümers übertragen oder verpfänden.

Bei der Pfändung ist zu unterscheiden:

Ist die Abtretung des Anspruchs durch Vereinbarung ausgeschlossen (§ 399 BGB Fall 2), so ist er trotzdem pfändbar (§ 851 Abs. 2 ZPO).
Ist sie wegen Veränderung des Leistungsinhalts ausgeschlossen (§ 399 BGB Fall 1), so ist er nicht pfändbar.[50]
Anwartschaftsrecht und Vormerkung nicht in einer Hand: Wenn sich das Anwartschaftsrecht auf Auflassung und Antragstellung stützt (wie in den Fällen siehe Rdn 6, 24), ist es unabhängig vom vorgemerkten Anspruch verkehrsfähig. Ist es von Auflassung und Vormerkung abhängig, muss es sich in der Hand des Vormerkungsberechtigten befinden (siehe dazu Rdn 18, 20, 22).
 

Rz. 22

Abtretung des Anwartschaftsrechts und des Anspruchs:

Die Abtretung des Anwartschaftsrechts ist von der Einhaltung der Auflassungsform abhängig (§ 925 Abs. 1 BGB), sie ist bedingungsfeindlich (§ 925 Abs. 2 BGB), bedarf keiner Zustimmung des Grundstückseigentümers, keiner Anzeige an ihn und keiner Eintragung (dazu vgl. § 20 Rdn 109 ff.).[51]
Die Abtretung des Anspruchs auf Eigentumsverschaffung ist formlos wirksam, kann von Bedingungen und Zeitbestimmungen abhängig gemacht werden, bedarf keiner Zustimmung des Veräußerers, keiner Anzeige an ihn und keiner Eintragung bei der Vormerkung, die mit dem Anspruch übergeht (siehe § 6 Einl. Rdn 12). Sie kann aber bei der Vormerkung verme...

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