Rz. 1

Die Rechte des Erwerbers nach erklärter Auflassung bis zur Grundbucheintragung als Eigentümer sind gesetzlich nicht geregelt. Sie sind durch Rechtsprechung und Literatur mit den Begriffen "Anwartschaft" und "Anwartschaftsrecht" in dinglicher Hinsicht ausgestaltet worden.[1]

Die rechtsgeschäftliche Eigentumsübertragung gem. §§ 873, 925 BGB kann nicht von einer Bedingung (z.B. Kaufpreiszahlung) oder Zeitbestimmung abhängig gemacht werden. Deshalb gibt es (anders als beim Kauf beweglicher Sachen; § 449 BGB) keinen Eigentumsvorbehalt (§ 925 Abs. 2 BGB). Eine Zug-um-Zug-Leistung von Kaufpreiszahlung und Erklärung der Auflassung bietet dem Käufer keine Sicherheit dafür, dass er eingetragen wird (siehe Rdn 31, 32). Eine Zug-um-Zug-Leistung von Kaufpreiszahlung und Grundbucheintragung ist durch § 16 Abs. 1 GBO ausgeschlossen. Die Vorleistung einer Vertragsseite ist daher unvermeidlich. Um deren Risiken möglichst klein zu halten, sind Maßnahmen notwendig, von denen die meisten ohne Vormerkung und ohne Einschaltung eines Notars nicht denkbar wären (vgl. Rdn 25 ff., 31 ff.).[2] Bei der Vertragsgestaltung ist Folgendes zu berücksichtigten:

Der Anwartschaftsschutz des Auflassungsempfängers ist in keiner Stufe absolut (siehe Rdn 26). Er bedarf der Ergänzung durch zusätzliche Maßnahmen (siehe Rdn 27 ff., 32).
Die Eintragung einer Vormerkung gewährt noch keinen wirksamen Schutz (siehe Rdn 27). Der Berechtigte benötigt dazu einen durchsetzbaren Anspruch (siehe Rdn 25).
Durch Betreuungstätigkeiten eines Notars (§§ 14 Abs. 4, 23, 24 BNotO) können die mit der Vorleistung des Veräußerers oder des Erwerbers verbundenen Risiken nur verringert, nicht ausgeschlossen werden (dazu siehe Rdn 5).[3]
[1] An grundlegender Rechtsprechung sind zu erwähnen: BGHZ 45, 186 = JZ 1966, 796 m. Anm. Kuchinke, (Anwartschaft als sonstiges Recht i.S.d. § 823 BGB); BGHZ 49, 197 = DNotZ 1968, 483 = NJW 1968, 1087 m. Anm. Rose, dazu Mattern, LM § 857 ZPO Nr. 9/10 (Pfändung des Anwartschaftsrechts); BGH DNotZ 1976, 96 = Rpfleger 1975, 432, dazu Münzberg, in: FS Schiedermair (1976), S. 439 (Erlöschen des Anwartschaftsrechts mit Antragszurückweisung); BGHZ 83, 395 = DNotZ 1982, 619 m. Anm. Ludwig (Aufhebung Grundstückskaufvertrag); BGHZ 89, 41 = DNotZ 1984, 319, dazu Hagen, DNotZ 1984, 267 (Abtretung Auflassungsanspruch); BGHZ 106, 108 = DNotZ 1990, 289 = Rpfleger 1989, 192, dazu Hintzen, Rpfleger 1989, 439; Medicus, DNotZ 1990, 275; Ertl, MittBayNot 1989, 53 (Voraussetzungen des Anwartschaftsrechts); BGHZ 114, 161 (deliktsrechtl. Schutz des anwartschaftsberechtigten Grundstückskäufers); BGHZ 128, 184 (Anfechtung Grundstücksübereignung durch Gläubiger; Anwartschaftsrecht als Rechtsposition); BGHZ 149, 1 = DNotZ 2002, 275 = NJW 2002, 213 = NZI 2002, 30 (Schutz der Vormerkung in der Insolvenz). Umfassende Erläuterungen bietet folgende Literatur: Staudinger/Pfeifer/Diehn, BGB, § 925 Rn 120 ff.; MüKo-BGB/Lettmaier, § 873 Rn 92; MüKo-BGB/Ruhwinkel, § 925 Rn 35 ff.; Erman/Lorenz, BGB, § 925 Rn 51 ff.; Grüneberg/Herrler, BGB, § 925 Rn 23 ff.; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn 1555 ff., 1589 ff., 1595 ff., 3106, 3318; Westermann/Eickmann, Sachenrecht, § 75 I. 6.; Baur/Stürner, Sachenrecht, Rn 19.15; Wolff/Raiser, Sachenrecht, § 38 III. 1.; MüKo-ZPO/Smid, § 848 Rn 9; Zöller/Herget, ZPO, § 848 Rn 13; Schuschke/Walker/Schuschke, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, § 848 Rn 5 ff.; Stöber/Rellermeyer, Forderungspfändung, Rn G.26 ff., G.64 ff.
[2] Siehe auch Staudinger/Pfeifer/Diehn, BGB, § 925 Rn 143 ff.; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn 852, 1477.
[3] Bundesnotarkammer DNotZ 1987, 1, Brambring, DNotZ 1990, 615, 616, 628; Ertl, DNotZ 1969, 650, 660.

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