Kündigt der Vermieter den Mietvertrag wegen Eigenbedarfs, bestreitet sodann der Mieter den behaupteten Kündigungsgrund und schließen die Parteien schließlich unter Aufrechterhaltung ihrer wechselseitigen Standpunkte einen außergerichtlichen oder gerichtlichen Vergleich, in dem sich der Mieter zur vorzeitigen Räumung verpflichtet, kommt es für die Frage, ob der Mieter auch in diesem Fall Schadensersatzansprüche geltend machen kann, wenn sich später herausstellt, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war, auf den Inhalt des Vergleichs an. Insofern ist im Wege der Auslegung des Vergleichs und unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen,

  • ob die Parteien mit dem Vergleich auch den Streit darüber beilegen wollten,
  • ob die Eigenbedarfslage des Vermieters bestand
  • oder nur vorgetäuscht war.

Nur dann, wenn mit dem Vergleich auch der Streit darüber beigelegt worden ist, ob der behauptete Eigenbedarf des Vermieters bestand oder nur vorgetäuscht war und etwaige Ansprüche des Mieters wegen des vorgetäuschten Eigenbedarfs abgegolten werden sollten, kann in dem Abschluss des Vergleichs ein Verzicht des Mieters auf Schadensersatzansprüche gesehen werden.

 
Wichtig

Kein Verzicht auf Schadensersatz, wenn

durch den Vergleich nur der Streit hinsichtlich der Schlüssigkeit und Beweisbarkeit des Eigenbedarfstatbestands beigelegt werden sollte. Dann sind Schadensersatzansprüche des Mieters nicht ausgeschlossen.[1]

An das Vorliegen eines Willens des Mieters, auf etwaige Ansprüche gegen den Vermieter wegen eines nur vorgetäuschten Eigenbedarfs zu verzichten, sind strenge Anforderungen zu stellen; der Verzichtswille muss – auch unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitumstände – unmissverständlich sein. Für einen stillschweigenden Verzicht des Mieters auf Schadensersatzansprüche bedarf es regelmäßig bedeutsamer Umstände, die auf einen solchen Verzichtswillen schließen lassen. Derartige Umstände können bei einem Räumungsvergleich etwa darin liegen, dass sich der Vermieter zu einer substanziellen Gegenleistung, wie z. B. einer namhaften Abstandszahlung oder einem Verzicht auf Schönheitsreparaturen bereit erklärt. Allein die Gewährung einer längeren (hier: 6-monatigen) Räumungsfrist stellt dagegen i. d. R. keine ausreichende Gegenleistung des Vermieters dar.[2]

 
Praxis-Beispiel

Beispiele für oder gegen ein Verzicht

Verzicht liegt vor:

Einen Verzicht des Mieters auf Schadensersatzansprüche wird man jedenfalls dann annehmen können, wenn die Frage, ob der Eigenbedarf gegeben oder nur vorgetäuscht war, zwischen den Parteien streitig gewesen ist, sie aber trotzdem den Räumungsvergleich abgeschlossen haben.[3]

Verzichtet der Mieter jedoch in einem Vergleich, der eine Abfindung beinhaltet, ohne Differenzierung auf "seine Rechte aus dem Mietverhältnis", ist auch ein Schadensersatzanspruch wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs ausgeschlossen.[4]

Gleiches gilt, wenn vor Auszug des Mieters eine Abfindung und Generalquittung vereinbart werden.[5]

Kein Verzicht:

Wurde dagegen die Frage, ob der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war, nicht erörtert und schließen die Parteien einen Vergleich, wonach "sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem Mietverhältnis erledigt seien", bezieht sich diese Klausel nur auf die beim Vergleichsabschluss bestehenden Ansprüche. Schadensersatzansprüche des Mieters wegen Nichtmitteilung des späteren Wegfalls des Eigenbedarfs vor dem Auszug sind hiervon nicht erfasst.[6]

Der Vermieter kann einen Räumungsvergleich nicht mit der Begründung anfechten, er sei arglistig getäuscht worden, weil der Mieter nicht offenbart habe, dass er eine Ersatzwohnung in Aussicht oder bereits zum Bezug angemietet hat.[7]

Zur Frage, ob der Anspruch des Mieters auf Zahlung des im Vergleich vereinbarten Abstandsbetrags bei nicht rechtzeitiger Räumung entfällt, vgl. LG Nürnberg-Fürth, Urteil v. 30.10.1992.[8]

[5] LG Hamburg, Urteil v. 31.8.2001, 313 S 85/01, ZMR 2001 S. 978.

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