Rn 4

In § 23 Abs. 1 wird in Abweichung von der konkursrechtlichen Regelung, nach der eine öffentliche Bekanntmachung nicht zwingend vorgeschrieben war,[9] das Insolvenzgericht verpflichtet, bestimmte für den Rechtsverkehr besonders bedeutsame Sicherungsmaßnahmen in jedem Fall öffentlich bekannt zu machen und dem betroffenen Personenkreis besonders zuzustellen.

 

Rn 5

Mit der Bekanntmachung bzw. Zustellung sind die Drittschuldner (also die Schuldner des Schuldners) zugleich aufzufordern, nur noch unter Beachtung des ihnen zur Kenntnis gebrachten Beschlusses zu leisten (§ 23 Abs. 1 Satz 3). Die Aufforderung entspricht inhaltlich derjenigen des § 28 Abs. 3 für den Fall der Eröffnung.[10] Wegen der in § 9 Abs. 3 geregelten Zustellungsfiktion durch öffentliche Bekanntmachung (vgl. die Kommentierung bei § 9 Rn. 7) empfiehlt es sich für das Insolvenzgericht, die Aufforderung an die Drittschuldner auch zusammen mit dem Beschluss über die Sicherungsmaßnahmen öffentlich bekannt zu machen.

 

Rn 6

Zustellung und Veröffentlichung haben lediglich deklaratorische Bedeutung. Die Wirksamkeit der angeordneten Sicherungsmaßnahmen tritt mit Erlass (oder Verkündung) des entsprechenden gerichtlichen Beschlusses ein, auf eine vorherige Veröffentlichung kommt es nicht an (vgl. die Kommentierung bei § 21 Rn. 106).[11]

[9] Kuhn/Uhlenbruck, § 106 Rn. 3 a. E.
[10] FK-Schmerbach, § 23 Rn. 12.
[11] BGH ZIP 1996, 1909; NZI 2001, 203.

2.1 Verfügungsbeschränkungen mit vorläufiger Insolvenzverwaltung

 

Rn 7

Nach dem klaren Wortlaut des § 23 Abs. 1 beschränkt sich sein Anwendungsbereich zunächst auf die Verfügungsbeschränkungen des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, mithin das allgemeine Verfügungsverbot und den allgemeinen Zustimmungsvorbehalt. Ob (und ggf. unter welchen Voraussetzungen) darüber hinaus eine Anwendbarkeit auf weitere vorläufige Maßnahmen des § 21 in Betracht kommt, ist streitig (s. u. Rn. 16).

2.1.1 Öffentliche Bekanntmachung

 

Rn 8

§ 23 Abs. 1 begründet eine Pflicht des Insolvenzgerichts zur öffentlichen Bekanntmachung bei Anordnung einer Verfügungsbeschränkung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, wenn ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird. Umfasst sind sowohl die Auferlegung eines allgemeinen Verfügungsverbots, als auch die Anordnung eines allgemeinen Zustimmungsvorbehalts.[12] Dies ist in der Sache richtig, weil auch der allgemeine Zustimmungsvorbehalt eine für den Geschäftsverkehr wichtige Verfügungsbeschränkung darstellt. Darüber hinaus müssen Abberufung und Neubestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters veröffentlicht werden.[13]

 

Rn 9

Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach § 9 Abs. 1 durch Veröffentlichung im Internet (www.Insolvenzbekanntmachungen.de). Dabei kann der Beschluss auch auszugsweise, d. h. beschränkt auf die Verfügungsbeschränkungen und die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung, veröffentlicht werden. Entsprechend dem Gebot der Verhältnismäßigkeit wird das Gericht im Einzelnen abwägen müssen, für welche Daten eine Veröffentlichung geboten ist. Jedenfalls ist die Praxis problematisch, unbesehen den ganzen Beschluss zu veröffentlichen, wenn dieser neben den Verfügungsbeschränkungen weitere Anordnungen (bspw. eine Postsperre) enthält.[14] Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 ist der Schuldner bei der Bekanntmachung mit Anschrift und Firma bzw. Branchenzugehörigkeit anzugeben.

 

Rn 10

Über § 9 Abs. 1 Satz 3 gilt die Bekanntmachung als bewirkt, sobald nach dem Tag der Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind.[15] Die Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts ist für die Veröffentlichung funktionell zuständig, auch wenn eine Sicherungsmaßnahme von der Beschwerdekammer angeordnet wird.[16]

[12] AG Düsseldorf ZInsO 2011, 438 (439); Uhlenbruck-Vallender, § 23 Rn. 1. Siehe auch BegrRegE, BT-Drs. 12/2443, S. 117 (Zu § 27).
[13] LG Gera ZIP 2002, 1735 (1737).
[14] Vgl. FK-Schmerbach, § 23 Rn. 24.
[15] Zu verfassungsrechtlichen Aspekten: LG Duisburg NZI 2005, 43 (44).
[16] Uhlenbruck-Vallender, § 23 Rn. 2; FK-Schmerbach, § 23 Rn. 22.

2.1.2 Zustellung

 

Rn 11

Der Beschluss über die Anordnung der Verfügungsbeschränkungen ist des Weiteren dem Schuldner, den Personen, die Verpflichtungen gegenüber dem Schuldner haben, und dem vorläufigen Insolvenzverwalter besonders zuzustellen. Diese Zustellungen können nach § 8 auch durch Aufgabe zur Post erfolgen. Räumt man dem faktischen Geschäftsführer ein Beschwerderecht für den Schuldner ein,[17] sollte eine Zustellung auch an ihn erfolgen.[18]

 

Rn 12

§ 8 Abs. 2 Satz 1 erklärt die Zustellung an Personen unbekannten Aufenthalts für entbehrlich. Lediglich bei Vorhandensein eines Zustellungsbevollmächtigten ist die Zustellung an diesen vorzunehmen. § 27 RegE bestimmte im Gegensatz zum jetzigen § 23 noch, dass der Beschluss nur Personen zugestellt werden muss, die Verpflichtungen gegenüber dem Schuldner haben und deren Anschrift dem Gericht bekannt ist. Der zuletzt genannte Zusatz wurde im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens auf Veranlassung des Rechtsausschusses mit der Begründung gestrichen, dass bereits nach § 8 Abs. 2 Satz 1 eine Zustellung an Personen mit unbekanntem Aufenthalt entfalle.[19] Hierbei wurde offensichtlich...

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