Gesetzestext

 

Für die nicht nachrangigen Gläubiger ist im gestaltenden Teil des Insolvenzplans anzugeben, um welchen Bruchteil die Forderungen gekürzt, für welchen Zeitraum sie gestundet, wie sie gesichert oder welchen sonstigen Regelungen sie unterworfen werden sollen.

1. Allgemeines, insbesondere Normzweck

 

Rn 1

Die in der vor dem Inkrafttreten der InsO geltenden Rechtslage keine entsprechende gesetzliche Regelung kennende Vorschrift des § 224 geht zurück auf § 267 RegE. Sie befasst sich mit der Gestaltung der Rechte der nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger und beinhaltet damit regelmäßig den Hauptgegenstand eines jeden Insolvenzplans.[1]

 

Rn 2

Die Norm bezweckt einerseits, die Gläubiger i. S. v. § 38 darüber zu informieren, wie in ihre Forderungen eingegriffen werden soll. Sie verfolgt damit durch die zu erteilenden Informationen den Schutz der Insolvenzgläubiger. Andererseits dient die Vorschrift aber auch der Rechtsklarheit. Indem im Einzelnen konkret im gestaltenden Teil des Plans angegeben werden muss, wie in die Gläubigerrechte eingegriffen werden soll, wird gleichzeitig die Grundlage für eine gegebenenfalls später notwendig werdende Zwangsvollstreckung der Insolvenzgläubiger aus dem Plan i. V. m. dem Tabellenauszug geschaffen (§ 257). Die auf der Basis von § 224 geschaffenen Regelungen im Plan müssen also einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben. Ist das nicht der Fall, wird der Insolvenzplan der Zurückweisung nach §§ 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 250 Nr. 1 unterliegen.

[1] BT-Drs. 12/2443, S. 201.

2. Anwendungsbereich

 

Rn 3

Die Vorschrift macht lediglich Vorgaben für die Regelungen hinsichtlich der Eingriffe in die Rechte der nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger. Den Gläubigern i. S. v. § 38 gleichgestellt sind z. B. die Forderungen der Gläubiger, deren Ansprüche erst durch eine Insolvenzanfechtung und anschließende Rückgewähr des angefochtenen Betrages gem. § 144 Abs. 1 wieder aufleben.

 

Rn 4

Die Norm gilt nicht für den Inhaber eines dinglichen Anspruchs (Aussonderungsgläubiger i. S. d. § 47). Auf den Absonderungsgläubiger (§§ 49 ff.) findet sie bezüglich der gesicherten Forderung Anwendung, soweit der Gläubiger auf seine abgesonderte Befriedigung verzichtet oder bei ihr ausfällt (§ 52). Massegläubiger unterfallen § 224 grundsätzlich nicht. Etwas anderes gilt ausnahmsweise bei Masseunzulänglichkeit (§ 210 a Nr. 1). Für nachrangige Gläubiger i. S. v. § 39 ist § 225 zu beachten (Grundsatz des Erlasses).

3. Eingriffsarten

 

Rn 5

§ 224 benennt beispielhaft die wichtigsten Anwendungsfälle dafür, welchen Regelungen die Forderungen der nicht nachrangigen Gläubiger unterworfen werden können:

  • Die "Kürzung" kann in einem teilweisen Erlass der Forderung bestehen. Auch ein vollständiger Forderungserlass ist möglich. Kommt es zu Letzterem, gilt es etwaige Sicherungsrechte im Blick zu haben. Sie werden ohne anderweitige Planregelung entweder bereits kraft Gesetzes aufgrund ihrer Akzessorietät frei oder sind vom Gläubiger durch entsprechende Erklärung freizugeben.
  • Die "Stundung" ist eine für die Gläubiger sehr milde und daher einer hohen Akzeptanz unterliegende Eingriffsform, da nur die Fälligkeit des Anspruchs verschoben wird. Klarstellend empfiehlt sich die Aufnahme einer Regelung, dass Zinsen bis zur "neuen" Fälligkeit der Forderung nicht geschuldet werden.
  • Die Gewährung einer "Sicherung" bedeutet die Einräumung zusätzlicher Rechte zu Gunsten der Insolvenzgläubiger. Sie hat sich, wenn sie nicht allen Gläubigern gewährt wird, an § 226 messen zu lassen.
 

Rn 6

Neben den explizit in § 224 aufgeführten Eingriffen in die Forderungen sind z.B. weitere Formen (auch kombiniert) vorstellbar:

  • Rangrücktritt
  • Forderungsverzicht mit Besserungsschein
  • Debt-Equity-Swap (Umwandlung von Forderungen in Eigenkapital, § 225 a Abs. 2), wobei die Zustimmungserklärung des jeweiligen Gläubigers dem Plan beizufügen ist (§ 230 Abs. 2)
  • (Teil-)Verzicht auf Aufrechnungsrecht
  • Umtausch der Forderung in eine andere Ersatzleistung
  • Vereinbarung flexibler (z.B. von der zukünftigen Geschäftsentwicklung abhängiger) Quoten
  • Vereinbarung von Gesamtabgeltungsklauseln, bei denen ein fester Gesamtbetrag auf die festgestellten Forderungen quotal verteilt wird
  • Vereinbarungen über die Behandlung eines etwaig entstehenden Sanierungsgewinns.

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