Gesetzestext

 

(1) Die Forderungen nachrangiger Insolvenzgläubiger gelten, wenn im Insolvenzplan nichts anderes bestimmt ist, als erlassen.

(2) Soweit im Plan eine abweichende Regelung getroffen wird, sind im gestaltenden Teil für jede Gruppe der nachrangigen Gläubiger die in § 224 vorgeschriebenen Angaben zu machen.

(3) Die Haftung des Schuldners nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens für Geldstrafen und die diesen in § 39 Abs. 1 Nr. 3 gleichgestellten Verbindlichkeiten kann durch einen Plan weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden.

1. Allgemeines, insbesondere Normzweck

 

Rn 1

Im Anschluss an § 223, der die Rechte der absonderungsberechtigten Gläubiger regelt, und § 224, der sich auf die "normalen" Insolvenzgläubiger bezieht, befasst sich § 225 mit den nachrangigen Insolvenzgläubigern i. S. d. § 39. Die Vorschrift regelt deren Rechtsstellung im Planverfahren dahingehend, dass diese Forderungen grundsätzlich als erlassen gelten, es sei denn, im Insolvenzplan wird etwas anderes vereinbart. Die Norm dient damit der erleichterten Planerstellung, indem die Nachranggläubiger von der Planteilhabe grds. ausgeschlossen werden.

 

Rn 2

Mit dem Grundsatz des Erlasses im Planverfahren (Abs. 1) berücksichtigt der Gesetzgeber, dass die nachrangigen Gläubiger auch sonst im Regelinsolvenzverfahren nur im Ausnahmefall eine (Teil-)Befriedigung ihrer Forderungen erhalten. Abs. 2 regelt mit der Möglichkeit zur abweichenden Vereinbarung im Insolvenzplan eine Ausnahme vom Grundsatz des Erlasses. Bei Abs. 3 handelt es sich um eine Spezialregelung zu Abs. 1, die dessen Anwendungsbereich einschränkt.

2. Nachrangige Forderungen

 

Rn 3

Erfasst sind die ab Insolvenzeröffnung aufgelaufenen Zinsen, die Kosten des Insolvenzverfahrens, Geldstrafen und vergleichbare Geldleistungen, unentgeltliche Leistungen, Gesellschafterdarlehen und vereinbarte Nachrangforderungen (z. B. aus Rangrücktritt). Wegen der Einzelheiten wird auf die Kommentierung zu § 39 verwiesen.

 

Rn 4

Entsprechend anwendbar sein soll § 225 nach Ansicht des BGH im Insolvenzverfahren einer AG auch auf die unselbstständigen Ansprüche von Vorzugsaktionären auf Nachzahlungen nicht geleisteter Vorzugsdividenden. Sie sollen wie Forderungen letztrangiger Insolvenzgläubiger zu behandeln sein.[1]

[1] BGHZ 185, 206 = ZInsO 2010, 1059. Auch wenn die vom BGH schon vor Fassung eines Gewinnverwendungsbeschlusses bejahte Gleichstellung des aus der Mitgliedschaft resultierenden Nachzahlungsanspruchs mit dem Anspruch der "Insolvenzgläubiger" Zweifeln begegnet, dürfte dieser Judikatur angesichts der durch das ESUG bedingten Gesetzesänderungen (insbesondere in Form von § 225 a) kaum noch Bedeutung zukommen.

3. Grundsatz des Erlasses (§ 225 Abs. 1)

 

Rn 5

§ 225 Abs. 1 bestimmt, dass nachrangige Forderungen – mit Ausnahme von Geldstrafen und diesen in § 39 Abs. 1 Nr. 3 gleichgestellten Verbindlichkeiten (Abs. 3) – als erlassen gelten, mithin erlöschen, wenn im Insolvenzplan nichts anderes vereinbart ist. Damit trägt der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass üblicherweise bereits die nicht nachrangigen Gläubiger nicht die volle Befriedigung erhalten, so dass keine Veranlassung besteht, deren (ohnehin geringe) Quoten durch die Einbeziehung nachrangiger Gläubiger noch weiter zu verringern. Sofern ausnahmsweise ohne Insolvenzplan auf die nachrangigen Gläubiger eine Quote entfallen sollte, ist es zwingend notwendig eine anderslautende Vereinbarung i. S. v. Abs. 2 zu treffen, da ohne sie Abs. 1 zur Anwendung kommt. Durch den dann fingierten Erlass würden die nachrangigen Gläubiger im Planverfahren schlechter als im Regelverfahren stehen, so dass sie einen Minderheitenschutzantrag (§ 251) stellen können.[2]

 

Rn 6

Für die Nachranggläubiger ist im Anwendungsbereich von Abs. 1 keine eigene Gruppe zu bilden. Sie sind also an der Abstimmung über den Plan nicht zu beteiligen.[3] Der Erlass der Forderungen der Nachranggläubiger führt zum Erlöschen der Ansprüche i. S. v. § 397 Abs. 1 BGB. Sie bleiben folglich nicht – wie z. B. die Forderungen der Gläubiger i. S. v. § 38 – als unvollkommene Verbindlichkeiten bestehen. Für Absonderungsgläubiger mit nachrangigen Forderungen bedeutet dies, dass eine Planregelung nach Abs. 2 in den meisten Fällen zwingend erforderlich ist. Andernfalls kann nach dem (Teil-)Erlass der gesicherten Forderung nicht mehr in voller Höhe, d. h. in Höhe der ursprünglichen schuldrechtlichen Forderung auf das Sicherungsrecht zugriffen werden.[4] Wird gleichwohl auf eine solche Forderung geleistet, kann der Rückforderung die Vorschrift des § 814 BGB entgegenstehen.

 

Rn 7

Ist ein Rangrücktritt (§ 39 Abs. 2) vereinbart, nimmt diese Forderung – wie auch jeder nach § 39 Abs. 1 nachrangige Anspruch – grundsätzlich ohne gesonderte Regelung am Planverfahren nicht mehr teil.

 

Rn 8

Auch Forderungen aus Schenkungsversprechen und Gesellschafterdarlehen werden nur dann (quotal) befriedigt, wenn dies im Plan ausdrücklich vorgesehen ist.

[2] BGHZ 185, 206 = ZInsO 2010, 1059.
[3] BGHZ 185, 206 = ZInsO 2010, 1059.
[4] BeckOK-Geiwitz/v. Danckelmann, § 225 Rn. 3; a. A.: Schmidt/Spliedt, § 225 Rn. 1.

4. Möglichkeit anderslautender Vereinbarungen im Insolvenzplan (§ 225 Abs. 2)

 

Rn 9

Nur in Ausnahmefällen erscheint es sinnvo...

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