Gesetzestext

 

(1) 1Ist im Insolvenzplan nichts anderes bestimmt, so wird das Recht der absonderungsberechtigten Gläubiger zur Befriedigung aus den Gegenständen, an denen Absonderungsrechte bestehen, vom Plan nicht berührt. 2Eine abweichende Bestimmung ist hinsichtlich der Finanzsicherheiten im Sinne von § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes sowie der Sicherheiten ausgeschlossen, die

1. dem Betreiber oder dem Teilnehmer eines Systems nach § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem System oder
2. der Zentralbank eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder der Europäischen Zentralbank

gestellt wurden.

(2) Soweit im Plan eine abweichende Regelung getroffen wird, ist im gestaltenden Teil für die absonderungsberechtigten Gläubiger anzugeben, um welchen Bruchteil die Rechte gekürzt, für welchen Zeitraum sie gestundet oder welchen sonstigen Regelungen sie unterworfen werden sollen.

 
Hinweis

Frühere gesetzliche Regelungen:

§ 173 KO, § 16 Abs. 2 GesO, § 27 VerglO

1. Zweck der Vorschrift und bisherige Änderungen

 

Rn 1

Im Unterschied zu den früheren Vorschriften (§ 173 KO, § 16 Abs. 2 GesO und § 27 VerglO) gewährt § 222 Abs. 1 Nr. 1 die Möglichkeit, auch die nach §§ 49, 50, 51 oder anderen gesetzlichen Vorschriften (wie z.B. § 110 VVG) absonderungsberechtigten Gläubiger in einen Insolvenzplan mit einzubeziehen und damit deren Rechte abweichend von den sonstigen gesetzlichen Vorschriften zu regeln. § 223 präzisiert die Regelung des § 222 und hat damit weitestgehend klarstellende Funktion.[1] Daneben erleichtert die Vorschrift Verhandlungen des Verwalters mit Absonderungsberechtigten, weil sie die Möglichkeit eines Eingriffs in gesicherte Rechtspositionen eröffnet und dadurch Spielraum für Kompromisse schafft.[2]

 

Rn 2

Auch wegen seines neuartigen Inhalts war die Vorschrift Gegenstand von zwischenzeitlich drei – europarechtlich bedingten – Änderungen im Bereich des Kreditwesens. Zunächst[3] hat der nationale Gesetzgeber[4] mit Wirkung zum 11.12.1999[5] § 223 Abs. 1 Satz 2 neu eingefügt (dazu Rn. 10). Hierdurch wurden bestimmte Teilnehmer des Kapitalmarktes von Einwirkungen durch Insolvenzpläne ausgenommen. Die hiernach relevanten Systeme werden der Europäischen Kommission gemäß § 24b Abs. 1 KWG von der Deutsche Bundesbank mitgeteilt.[6] Die Änderung geht auf die Sorge der Kommission zurück, die Insolvenz eines Kreditinstitutes könne ungewollte Kettenreaktionen auslösen.[7] Vor dem Hintergrund der letzten Bankenkrise ist jedoch fraglich, ob solche Kettenreaktionen in Anbetracht der globalen Vernetzung der Kreditinstitute mit der vorliegenden Regelung in maßgeblicher Weise verhindert werden können.

 

Rn 3

Die Finanzsicherheitenrichtlinie[8] führte mit Wirkung zum 09.04.2004 zu weiteren Änderungen des § 223.[9] In Abs. 1 Satz 2 wurde hinter dem Wort "hinsichtlich" der Zusatz "der Finanzsicherheiten im Sinne von § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes sowie" eingefügt (dazu Rn. 10). Außerdem enthielt die Nr. 1 früher einen Verweis auf "§ 96 Abs. 2 Satz 2 oder 3", dessen Inhalt nunmehr in § 1 Abs. 16 KWG wieder zu finden ist (dazu Rn. 8), ohne dass damit eine Änderung der Rechtslage verbunden wäre.

 

Rn 4

In Umsetzung von Art. 1 Nr. 10 der Richtlinie 2009/44/EG wurde die Vorschrift des § 223 erneut durch das Gesetz zur Umsetzung der geänderten Bankenrichtlinie und der geänderten Kapitaladäquanzrichtlinie (BKRUG) geändert. Die Änderung ist mit Wirkung zum 30. Juni 2011 in Kraft getreten und betrifft § 223 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1. Mit der Aufnahme der Betreiber in Nr. 1 neben den Teilnehmern soll auch der Schutz der den Systembetreibern geleisteten Sicherheiten im Rahmen des Planverfahrens gewährleistet werden.

[1] So die h.M.: Kübler/Prütting/Bork-Spahlinger, § 223 Rn. 10 m.w.N.; a.A.: Schmidt/Spliedt, § 223 Rn. 2.
[2] Braun-Braun, § 223 Rn. 12; Schiessler, S. 79.
[3] Zur Erfüllung der Vorgaben der Richtlinie 98/26/EG über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen vom 19.05.1998 (ABl. EG Nr. L 166, S. 45). Zu Inhalt und Umsetzung siehe Keller, WM 2000, 1269 ff.
[4] Durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung insolvenzrechtlicher und kreditwesenrechtlicher Vorschriften vom 08.12.1999 (BGBl. I S. 2384). Materialien: BT-Drs. 14/1539 (RegE), 14/1931 (StellgBR) und 14/1987 (RechtsA).
[5] Nach Art. 13 tritt das Gesetz am Tag nach der Verkündung in Kraft. Als Tag der Verkündung ist das in der Kopfleiste des Bundesgesetzblatts vermerkte Datum anzusehen, weil dieses dem Einlieferungstag bei der Post nachfolgt (Sachs-Lücke, GG, Art. 82 Rn. 8 in dessen Fn. 8). Dort ist der 10.12.1999 genannt, womit das Gesetz am 11.12.1999 in Kraft getreten ist.
[6] FK-Jaffé, § 223 Rn. 7.
[7] FK-Jaffé, § 223 Rn. 7.
[8] Richtlinie 2002/47/EG über Finanzsicherheiten vom 6. Juni 2002 (ABl. EG Nr. L 168, S. 43). Zu Inhalt und Umsetzung siehe Kieper, ZInsO 2003, 1109 ff. und Flöther/Bräuer, DZWIR 2004, 89 ff.; zur Frage der Verletzung des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung vgl. Meyer/Rein, NZI 2004, 367 ff.
[9] BT-Drs. 12/2443, S. 200.

2. Anwendbarkeit der Vorschrift

2.1 Einbeziehung der Absonderungsberechtigten in den Insolvenzplan

 

Rn 5

In die Rechte de...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge