Rn 8

Eine Besonderheit besteht – infolge der europarechtlich bedingten Einführung (Rn. 3) von § 223 Abs. 1 Satz 2 – wiederum für bestimmte Gläubiger der Kreditwirtschaft. Deren Absonderungsrechte sind innerhalb der Abrechnungssysteme gegen Änderungen geschützt und damit insolvenzplanfest (§ 223 Abs. 1 Satz 2 Fall 2). Dabei geht es um einen besonderen[16] Schutz für Gläubigerbanken in Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Kreditinstituts. Während die Kriterien vorübergehend in § 96 Abs. 2 Satz 2 und 3 festgeschrieben waren, haben diese nunmehr in § 1 Abs. 16 KWG eine neue (sachgerechtere) Verortung gefunden (siehe hierzu § 166 Rn. 42 ff.).

 

Rn 9

Der persönliche Anwendungsbereich ist gegenüber der Regelung in § 166 Abs. 2 (dort Rn. 43) insofern verengt worden, als bei § 223 die Zentralbanken der Vertragsstaaten des europäischen Wirtschaftsraums, die nicht Mitglied der EU sind,[17] nicht berücksichtigt werden. In sachlicher Hinsicht gelten dieselben Erwägungen wie bei 166 Rn. 44.

 

Rn 10

Ausgenommen sind nach § 223 Abs. 1 Satz 2 1. Var. auch die sog. Finanzsicherheiten[18] i.S.d. § 1 Abs. 17 KWG. Hierunter versteht man "Barsicherheiten oder Finanzierungsinstrumente nach Art. 1 Abs. 4 lit. a der Richtlinie[19] über Finanzsicherheiten, die als Sicherheit in Form eines beschränkten dinglichen Sicherungsrechts oder im Wege der Vollrechtsübertragung auf Grund einer Vereinbarung zwischen einem Sicherungsnehmer und einem Sicherungsgeber, die einer der in Art. 1 Abs. 2 lit. a bis e der Richtlinie aufgeführten Kategorien angehören, bereitgestellt werden". Hierzu gehören nach lit. e nunmehr auch alle Sicherheiten von anderen als natürlichen Personen sowie Einzelkaufleuten und Personengesellschaften, die zugunsten eines Kreditinstituts bestellt werden.[20]

 

Rn 11

Auch wenn die Auswirkungen dieser Sonderstellung der Kreditinstitute im Ergebnis weitgehend lediglich begrenzt sein dürften,[21] entbehrt sie für Sicherheiten im Verhältnis zu einem Partner außerhalb des Systems eines sachlichen Grundes. Insbesondere vermag auch die (möglicherweise anerkennenswerte) Schutzbedürftigkeit des Abrechnungssystems eine Sonderbehandlung nicht zu rechtfertigen, weil es insoweit um eine "vorgelagerte" Rechtsbeziehung ohne jeden Bezug zum System geht.[22] Im Ergebnis handelt es sich um eine ungerechtfertigte Begünstigung der Kreditinstitute.[23] Diese erhalten besonderen Schutz in Insolvenzverfahren, der anderen Gläubigern versagt bleibt. Von der Vorschrift nicht erfasst werden Globalzessionen und Rückzahlungsansprüche aus Gelddarlehen nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB.[24]

 

Rn 12

Obgleich als Rechtsfolge der Vorschrift des § 223 Abs. 1 Satz 2 eine Einbeziehung der entsprechend gesicherten Forderung in einen Insolvenzplan ausgeschlossen sein soll, ist entgegen des Wortlautes eine ausdrückliche und freiwillige Beteiligung dieser privilegierten Gläubiger an einem Insolvenzplan gleichwohl wirksam.[25] Es sind keine Gründe ersichtlich, warum sich die Kreditinstitute nicht auch an der Sanierung sollen beteiligen können.

[16] Vgl. auch Kübler/Prütting/Bork-Flöther, § 166 Rn. 29.
[17] Das sind Island, Liechtenstein und Norwegen.
[18] Ein Überblick über die künftig geschützten Sicherheiten findet sich bei Kieper, ZInsO 2003, 1109 (1111).
[19] Vgl. Fn. 5.
[20] Vgl. Fn. 5.
[21] Art. 1 Abs. 3 Finanzsicherheiten-Richtlinie befreit die Mitgliedsstaaten zwar von einer Pflicht zur Umsetzung (sog. Opt-out-Klausel, Kieper, ZInsO 2003, 1109 [1111]), aber die Bundesregierung hat hiervon keinen Gebrauch gemacht (vgl. dazu Flöther/Bräuer, DZWIR 2004, 89 ff.).
[22] Dazu Obermüller, ZIP 2003, 2336 (2337 ff.), und Flöther/Bräuer, DZWIR 2004, 89 (92 f.), allerdings ohne Bezug zu § 223.
[23] Geschützt wird also nicht die Funktionsfähigkeit des Abrechnungssystems, sondern bereits die Funktionsfähigkeit des ersten Kreditinstituts des Systems, das mit einem Insolvenzfall konfrontiert wird. De lege ferenda für eine Beschränkung in diese Richtung auch Kieper, ZInsO 2003, 1109 (1119 a.E.).
[24] Der Grund für diese Begünstigung des Kreditsektors ist wahrscheinlich darin zu sehen, dass die anderen Mitgliedstaaten überwiegend von der Opt-out-Klausel keinen Gebrauch gemacht haben und die Bundesregierung Wettbewerbsnachteile auf europäischer Ebene vermeiden wollte, Kieper, ZInsO 2003, 1109 (1115 f.).
[25] Flöther/Bräuer, DZWIR 2004, 89 (91 f.).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge