Gesetzestext

 

(1) 1Stellt sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens heraus, daß die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken, so stellt das Insolvenzgericht das Verfahren ein. 2Die Einstellung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a gestundet werden; § 26 Abs. 3 gilt entsprechend.[1]

(2) Vor der Einstellung sind die Gläubigerversammlung, der Insolvenzverwalter und die Massegläubiger zu hören.

(3) 1Soweit Barmittel in der Masse vorhanden sind, hat der Verwalter vor der Einstellung die Kosten des Verfahrens, von diesen zuerst die Auslagen, nach dem Verhältnis ihrer Beträge zu berichtigen. 2Zur Verwertung von Massegegenständen ist er nicht mehr verpflichtet.

Bisherige gesetzliche Regelungen: § 204 KO, § 19 Abs. 1 Nr. 3 GesO

[1] In Abs. 1 Satz 2 wurde "oder die Kosten nach § 4a gestundet werden" eingefügt durch Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze, vom 26.10.2001 (BGBl. I, S. 2710) mit Wirkung zum 1.12.2001.

1. Voraussetzungen

1.1 Massearmut und Masseunzulänglichkeit

 

Rn 1

Ein Insolvenzverfahren muss eingestellt werden, wenn die vorhandene Insolvenzmasse nicht zur Deckung der Verfahrenskosten ausreicht, sog. Massearmut (im engeren Sinne[2]). Können dagegen die Verfahrenskosten aus der Masse beglichen werden und fallen lediglich die sonstigen Masseverbindlichkeiten aus, so liegt Masseunzulänglichkeit vor, und es finden die §§ 208 bis 211 Anwendung.[3] Die Massearmut kann sich natürlich auch erst nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach § 208 herausstellen. In diesem Fall schließen sich die Masseunzulänglichkeit nach § 208 und die Massearmut nach § 207 nicht gegenseitig aus, sondern kommen nacheinander zur Anwendung.[4]

[2] Terminologie nach Kübler, in: Kölner Schrift, S. 967 (971), Rn. 13. Verbreitet ist auch der Begriff der sog. Masselosigkeit oder Massekostenarmut (HambKomm-Weitzmann, § 207 Rn 3). Soweit hier der Begriff der Massearmut verwendet wird, wird dieser im engeren Sinne gebraucht.
[3] Bisweilen wird hier auch von Massearmut im weiteren Sinne gesprochen, Kübler, in: Kölner Schrift, S. 967 (971), Rn. 13.
[4] Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 207 Rn. 4; MünchKomm-Hefermehl, § 207 Rn. 13; HambKomm-Weitzmann, § 207 Rn 3.

1.2 Kosten des Verfahrens, unausweichliche Verfahrenskosten

1.2.1 Bestimmung der Verfahrenskosten

 

Rn 2

Das positive Tatbestandsmerkmal der Kosten des Verfahrens ist in § 54 definiert. Danach sind für die Einstellung mangels Masse lediglich die Gerichtskosten (Kostenverzeichnis, Teil 4; vgl. dazu § 54 Rn. 22 ff.) sowie die Vergütung und Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 63 Satz 1), des Insolvenzverwalters (§ 63 Satz 1) und der Mitglieder des Gläubigerausschusses (§ 73 Abs. 1 Satz 1) zu berücksichtigen. Durch diese restriktive Kostenbetrachtung wird die Einstellung eines einmal eröffneten Verfahrens erschwert.[5] Damit folgt das Gesetz dem rechtspolitischen Reformansatz (vgl. § 1), wonach möglichst viele Verfahren durchgeführt werden sollen.[6]

 

Rn 3

Bei § 207 Abs. 1 Satz 1 handelt es sich um eine Parallelvorschrift zu § 26, der auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Insolvenzantrag abstellt. Das Verfahren darf damit nach § 207 Abs. 1 Satz 1 eingestellt werden, wenn sich die im Rahmen des § 26 bei Verfahrenseröffnung getroffene Prognose als unrichtig herausgestellt hat. Denkbar ist etwa, dass ein als erfolgreich eingestufter Prozess wider Erwarten verloren wurde oder sich Forderungen als uneinbringlich erweisen. Letzteres kann auch darauf zurückzuführen sein, dass der Insolvenzverwalter einen Prozess nicht führen kann, da ihm Prozesskostenhilfe nicht gewährt wurde.[7] Auch bei § 207 verbleibt im Übrigen ein gewisses Prognoseelement, selbst wenn dies – im Gegensatz zu § 26 und § 208 – im Gesetzeswortlaut nicht ausdrücklich erwähnt wird.[8]

 

Rn 4

Nach verbreiteter, aber sehr umstrittener Auffassung sind – über den Wortlaut des § 207 hinaus – auch die sog. "unausweichlichen Verfahrenskosten" den Kosten des Verfahrens i.S.d. § 54 gleichzustellen.[9] Hierbei handelt es sich um die Kosten, die dem unmittelbaren Schutz und der Sicherung der Masse dienen (wie z.B. Strom, Wasser, Gas, Versicherungen) oder dem Verwalter infolge der Erfüllung öffentlich-rechtlich auferlegter Pflichten entstehen. Im Vordergrund stehen hier die steuerlichen Pflichten des Schuldners.[10]

 

Rn 5

Für die Berücksichtigung der unausweichlichen Verfahrenskosten spricht, dass das Verfahren ohne einen minimalen finanziellen Handlungsspielraum des Verwalters seinen Zweck nicht erfüllen kann.[11] Im Hinblick auf die §§ 60, 61 besteht für den Verwalter ferner ein erhebliches Haftungsrisiko. Kann er die bei der Abwicklung notwendiger Weise entstehenden Masseverbindlichkeiten nicht erfüllen, kommt eine Haftung gegenüber den Massegläubigern nach § 61 in Betracht, unterlässt er notwendige Erhaltungsmaßnahmen in Bezug auf die Masse, kann er sich nach § 60 gegenüber den Insolvenzgläubigern ersatzpflichtig machen.[12] Es entstünde damit, bliebe man bei der Auslegung nur am Wortlaut des § 207 haften, eine Pflichtenkollision des Insolvenzverwalters. Bei einer teleologischen Betr...

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