Gesetzestext

 

1Kann eine Masseverbindlichkeit, die durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden ist, aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden, so ist der Verwalter dem Massegläubiger zum Schadensersatz verpflichtet. 2Dies gilt nicht, wenn der Verwalter bei der Begründung der Verbindlichkeit nicht erkennen konnte, daß die Masse voraussichtlich zur Erfüllung nicht ausreichen würde.

Bisherige gesetzliche Regelungen: Keine.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Bestimmung regelt für das nunmehr geltende Insolvenzrecht ausdrücklich die bisher lediglich aus § 82 KO bzw. entsprechenden insolvenzrechtlichen Bestimmungen abgeleitete persönliche Verantwortlichkeit des Verwalters für den Fall, dass von ihm begründete Verbindlichkeiten im Insolvenzverfahren mangels ausreichender Masse nicht mehr vollständig erfüllt werden können.[1] Systematisch ergänzt die Vorschrift die Haftungsnorm des § 60 und erweitert die insolvenzspezifische Verantwortlichkeit des Insolvenzverwalters über den eigentlichen Beteiligtenbegriff hinaus auch auf Neumassegläubiger, welche, ohne formal am Insolvenzverfahren beteiligt zu sein, gerade auch Vertragspartner des Verwalters sein können. Die Haftung des Verwalters gegenüber diesem Personenkreis fiel bisher unter die sog. nicht insolvenzspezifische Haftung[2] und wurde durch die Neuregelung des § 61 in den insolvenzspezifischen Pflichtenkreis des Verwalters aufgenommen. Daneben ist ein systematischer Zusammenhang naturgemäß mit § 55, aber auch eine Wechselwirkung mit den Vorschriften der §§ 208 ff. für den Fall der eintretenden Masseunzulänglichkeit zu erkennen. § 61 gilt wegen der Verweisung in § 21 Abs. 2 Nr. 1 auch für den vorläufigen Insolvenzverwalter. Obwohl die Verweisungsregelung nicht danach differenziert, dürfte die Anwendung der vorliegenden Vorschrift voraussetzen, dass auf den vorläufigen Verwalter auch die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gemäß § 22 Abs. 1 übergegangen ist, da der vorläufige Insolvenzverwalter nur mit dieser Rechtsstellung in der Lage ist, in einem später eröffneten Insolvenzverfahren Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 2 zu begründen. Soweit die Eröffnung des Verfahrens unterbleibt, hat der vorläufige Verwalter mit dieser Rechtsstellung gemäß § 25 Abs. 2 die von ihm begründeten Verbindlichkeiten zu erfüllen. Kann in diesem Fall mangels ausreichender Masse nicht vollständig erfüllt werden, kommt § 61 ebenfalls über die zitierte Verweisung zur Anwendung.

Gibt dagegen der so genannte schwache vorläufige Insolvenzverwalter die Erklärung ab, dass er für die Bezahlung der während des Eröffnungsverfahrens bestellten Ware garantiere oder die Zahlung über das Insolvenzanderkonto sichergestellt sei, so kann er dadurch seine persönliche Haftung für die Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen nach allgemeinen Vorschriften aus einem Garantievertrag bzw. gem. § 311 Abs. 1 BGB begründet haben.[3]

[1] Vgl. zu der bisher streitigen Frage z.B. im Bereich des § 82 KO Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 61 Rn. 1; Kilger/K. Schmidt, KO § 82 Anm. 3b, jeweils m.w.N.
[2] Vgl. Kuhn/Uhlenbruck, § 82 Rn. 2a.

2. Voraussetzungen

2.1 Masseverbindlichkeit

 

Rn 2

Erste Voraussetzung für die Haftungsnorm des § 61 ist, dass es sich bei der nicht vollständig erfüllten Zahlungsverpflichtung um eine Masseverbindlichkeit handelt. Diese ist in § 55 definiert. Die Verantwortlichkeit des Verwalters besteht jedoch nicht für sämtliche in § 55 aufgeführten Masseverbindlichkeiten, sondern nur für solche, die durch eine von ihm vorgenommene Rechtshandlung begründet worden sind. Damit entfällt in jedem Fall die Anwendung der Vorschrift auf eine Masseverbindlichkeit aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3. Der Begründung einer neuen Verbindlichkeit durch eine Rechtshandlung des Verwalters steht es gleich, wenn er Erfüllung eines gegenseitigen Vertrags wählt (vgl. § 103; in diesem Fall liegt ohnehin bereits eine Rechtshandlung des Verwalters vor) oder er von der möglichen Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses gemäß den §§ 108 ff. absieht. Insofern fallen teilweise auch die in § 55 Abs. 1 Nr. 2 geregelten Masseverbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen teilweise in den Anwendungsbereich des § 61. Insbesondere bei dem Absehen von einer möglichen Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses kommt also die Verantwortlichkeit des Verwalters für die daraus entstandenen Masseverbindlichkeiten aus dem Zeitraum in Betracht, der nach dem ersten Termin liegt, zu dem der Verwalter nach Erkennbarkeit der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte (Arg. § 209 Abs. 2 Nr. 2 und 3)[4].

Eine Rechtshandlung mit der Folge der Begründung einer Massenverbindlichkeit kann auch in der Erklärung des Verwalters liegen, er komme persönlich für die Bezahlung erbrachter Leistungen auf.[5] Allerdings setzt eine solche persönliche Haftungsübernahme voraus, dass der Insolvenzverwal...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge