Gesetzestext

 

(1) 1Der Insolvenzverwalter ist allen Beteiligten zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. 2Er hat für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen.

(2) Soweit er zur Erfüllung der ihm als Verwalter obliegenden Pflichten Angestellte des Schuldners im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit einsetzen muss und diese Angestellten nicht offensichtlich ungeeignet sind, hat der Verwalter ein Verschulden dieser Personen nicht gemäß § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu vertreten, sondern ist nur für deren Überwachung und für Entscheidungen von besonderer Bedeutung verantwortlich.

Bisherige gesetzliche Regelungen: § 82 KO, § 42 VerglO, § 8 Abs. 1 GesO

1. Allgemeines

 

Rn 1

Nach den Motiven des Gesetzgebers zu § 60 soll es im Grundsatz dabei bleiben, dass der Insolvenzverwalter allen am Verfahren Beteiligten für die Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten entsprechend den zitierten bisherigen gesetzlichen Regelungen persönlich verantwortlich ist.[1] Gegenüber den bisherigen Regelungen enthält die neue Vorschrift jedoch einige Klarstellungen und Einschränkungen. So wird die insolvenzrechtliche Schadensersatzpflicht des Insolvenzverwalters beschränkt auf eine Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten nach der InsO. Obwohl dies bereits nach der bisherigen gesetzlichen Regelung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal galt, stellt die InsO nunmehr ausdrücklich klar, dass eine schuldhafte Pflichtverletzung Voraussetzung für die Schadensersatzpflicht ist. Außerdem wird der auf den Insolvenzverwalter anzuwendende Sorgfaltsmaßstab ausdrücklich gesetzlich geregelt. Schließlich enthält die Vorschrift in Abs. 2 eine einschränkende Regelung zur Haftung des Verwalters für die von ihm eingesetzten Angestellten des Schuldners sowie gleichzeitig als Umkehrschluss aus dieser Einschränkung die Klarstellung der Haftung für die von ihm eingesetzten eigenen Gehilfen.

Die Vorschrift steht im Regelungsverbund der §§ 60 bis 62, welche die im neuen Insolvenzrecht geltenden Haftungsgrundsätze ausführlicher als bisher klarstellend umreißen. Gleichzeitig stellt dieser Regelungsverbund ein Korrelat zur Aufsichtspflicht des Insolvenzgerichts dar, welche ergänzend in § 58 geregelt ist.

Wegen der Verweisung in § 21 Abs. 2 Nr. 1 gilt die Vorschrift auch für einen vom Gericht während des Eröffnungsverfahrens bestellten vorläufigen Insolvenzverwalter. Insofern deckt sich zunächst dessen Haftung mit derjenigen des mit Eröffnung bestellten Insolvenzverwalters. Jedoch hängt der für den vorläufigen Verwalter anwendbare Haftungsmaßstab nach dem eindeutigen Wortlaut des § 60 ganz entscheidend von seiner unterschiedlichen Rechtsstellung gemäß § 22 und den daraus resultierenden jeweiligen Pflichtenkreisen ab.

[1] BegrRegE, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S. 233.

2. Haftungstatbestand nach Abs. 1

2.1 Rechtsnatur

 

Rn 2

Dogmatisch wurde bisher von der h.M. das Haftungsverhältnis zwischen Verwalter und Beteiligten als gesetzliches Schuldverhältnis angesehen.[2] Im Hinblick auf die durch die frühere höchstrichterliche Rechtsprechung entstandene Ausuferung der Verwalterhaftung hat sich in der Literatur unter Führung von Karsten Schmidt[3] eine im Vordringen befindliche Meinung entwickelt, wonach zwischen einer internen Haftung des Verwalters gegenüber der von ihm verwalteten Insolvenzmasse und einer externen Verantwortlichkeit gegenüber den Beteiligten differenziert wird[4]. Zur Begründung wurde angeführt, dass die oben zitierten Generalklauseln weder den Umfang der dem Konkursverwalter obliegenden Pflichten beschreiben noch die Beteiligten benennen, denen beispielsweise der frühere Konkursverwalter verantwortlich sei. In Anlehnung daran hat auch die jüngere höchstrichterliche Rechtsprechung die externe Haftung des Verwalters hinsichtlich ihrer Begründung auf die Verletzung konkursspezifischer Pflichten beschränkt.[5] Nach der im Zuge der Insolvenzrechtsreform unter Berücksichtigung dieser berechtigten Einwände überarbeiteten Vorschrift ist diese Trennung der Verantwortungsbereiche jedoch obsolet geworden.[6] Danach kann also ohne Einschränkung die Haftungsbeziehung des Verwalters unter dem Geltungsbereich der InsO als gesetzliches Schuldverhältnis[7] mit deliktischem Einschlag[8] eingeordnet werden. Einer Sonderrechtsbeziehung im Innenverhältnis gegenüber dem Vermögensträger neben einer externen Haftung gegenüber den sonstigen Verfahrensbeteiligten bedarf es auch deshalb nicht, weil die Haftung insgesamt an insolvenzspezifische Pflichten anknüpft, welche dem Verwalter gesetzlich gerade auch gegenüber der Insolvenzmasse obliegen.

[2] Kuhn/Uhlenbruck, § 82 Rn. 1 m.w.N.
[3] KTS 1976, 191 ff.
[4] Kuhn/Uhlenbruck, § 82 Rn. 1 m.w.N.; Kilger/K. Schmidt, KO § 82 Anm. 1a und b.
[5] BGHZ 85, 75; 99, 151, 154; 100, 346, 350; 103, 310, 314; 106, 134, 136.
[6] Dies verkennen Hess/Obermüller, Verfahrensbeteiligte, Rn. 807 ff., welche die bisherigen insolvenzrechtlichen Haftungsgrundsätze ungeprüft und ohne Berücksichtigung des geänderten Wortlauts auf die I...

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