Rn 9

Der Begriff der Gesamtrechtsnachfolge ist weit zu verstehen. Es genügt, dass ein anderer Rechtsträger auf gesetzlich geregelter Grundlage in alle Verbindlichkeiten des Vorgängers eintritt.[21] Gesamtrechtsnachfolger i.S. des § 145 Abs. 1 ist auch der Erbschaftskäufer (§ 2382 BGB).[22] Der Verkäufer haftet allerdings ebenfalls weiterhin (§ 2382 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Erwerber eines Miterbenanteils haftet wie ein Miterbe.[23] Kein Fall der Gesamtrechtsnachfolge ist eine vertragliche "vorweggenommene Erbfolge"[24] oder ein Vermächtnis.[25].In beiden Fällen kann aber eine Einzelrechtsnachfolge nach § 145 Abs. 2 vorliegen. Eine Gesamtrechtsnachfolge stellt auch die Einbringung in das Gesamtgut einer – auch fortgesetzten – Gütergemeinschaft dar (§§ 1415 ff., 1483 ff. BGB).[26] Die Firmenfortführung i.S. von § 25 HGB[27] ist ebenfalls eine Gesamtrechtsnachfolge nach § 145 Abs. 1.[28] Ein der Gesamtrechtsnachfolge vergleichbarer Fall liegt auch dann vor, wenn über das Vermögen des Anfechtungsgegners das Insolvenzverfahren eröffnet wird.[29]

 

Rn 10

Weitere Fälle der Gesamtrechtsnachfolge finden sich insbesondere im Gesellschaftsrecht. Zu nennen sind u.a. die Verschmelzung, Spaltung und Vermögensübertragung nach §§ 1, 2, 20, 36, 123, 131, 174 UmwG[30] oder der Anfall des Vereinsvermögens an den Fiskus nach §§ 45, 46 BGB.[31] Gesamtrechtsnachfolge liegt auch vor, wenn bei Personengesellschaft alle Anteile in einer Hand zusammenfallen oder nach Ausscheiden aller Mitgesellschafter nur ein Gesellschafter übrig bleibt. In diesen Fall erlischt die Gesellschaft; das Vermögen fällt dem verbleibenden Gesellschafter zu.[32] Nicht anwendbar ist § 145 Abs. 1 auf die formwechselnde Umwandlung nach §§ 190 ff., 202 UmwG und die "Umwandlung" von einer Vor-GmbH (oder Vor-AG) in eine rechtsfähige Gesellschaft (GmbH, AG), da die Gesellschaft in diesen Fällen (identitätswahrend) fortbesteht.[33]

[21] BGH ZInsO 2003, 762 (763); MünchKomm-Kirchhof, § 145 Rn. 7.
[22] Kübler/Prütting-Paulus, § 145 Rn. 4; Uhlenbruck-Hirte, § 145 Rn. 8; HK-Kreft, § 145 Rn. 2; siehe auch RGZ 60, 126 (132).
[23] RGZ 60, 126 (131); Uhlenbruck-Hirte, § 145 Rn. 4; HK-Kreft, § 145 Rn. 2.
[24] MünchKomm-Kirchhof, § 145 Rn. 11.
[25] MünchKomm-Kirchhof, § 145 Rn. 8.
[26] Kübler/Prütting-Paulus, § 145 Rn. 4; Uhlenbruck-Hirte, § 145 Rn. 8; HK-Kreft, § 145 Rn. 4; MünchKomm-Kirchhof, § 145 Rn. 12.
[27] Siehe zu den Voraussetzungen BGH ZInsO 2006, 268 ff.
[28] Uhlenbruck-Hirte, § 145 Rn. 8; MünchKomm-Kirchhof, § 145 Rn. 13.
[29] Kreft ZInsO 1999, 370 (372); HK-Kreft, § 145 Rn. 4; MünchKomm-Kirchhof, § 145 Rn. 15; Haas/Müller, ZIP 2003, 49 (56); Uhlenbruck-Hirte, § 145 Rn. 10; kritisch Häsemeyer, LMK 2003, 214 (215).
[30] MünchKomm-Kirchhof, § 145 Rn. 14; HK-Kreft, § 145 Rn. 4; Uhlenbruck-Hirte, § 145 Rn. 7 (dort auch mit Hinweis auf die alte Rechtslage).
[31] FK-Dauernheim, § 145 Rn. 4 f.; Kübler/Prütting-Paulus, § 145 Rn. 4; Uhlenbruck-Hirte, § 145 Rn. 8.
[32] Kübler/Prütting-Paulus, § 145 Rn. 4; MünchKomm-Kirchhof, § 145 Rn. 14; Uhlenbruck-Hirte, § 145 Rn. 8; Kilger/K.Schmidt, KO § 40 Anm. 2.
[33] Uhlenbruch-Hirte, § 145 Rn. 11.

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