Entscheidungsstichwort (Thema)

Klage. Antrag. Rechtsschutzbedürfnis. Zulässigkeit. Anspruch. Abschluss. Kaufvertrag. Annahme. Abgabe. Angebot. Ankaufsanspruch. Ankaufsrecht. Vermittlungsverfahren. Vermittlungsvorschlag. Abschlussprotokoll. Klageverfahren. Bereinigungslage. Bereinigung. Bereinigungsbedarf. Nutzung. Grundstück. Absicherung. Verwaltungspraxis. Kaufgegenstand. Erdoberfläche. Zuschnitt. Restfläche

 

Leitsatz (amtlich)

a) Ein Anspruch auf Abschluss eines Kaufvertrages kann nicht mit dem Antrag auf Verurteilung zum Abschluss eines Kaufvertrags, sondern nur in der Weise durchgesetzt werden, dass der Gläubiger den Schuldner auf Annahme eines vom ihm selbst zuvor formgerecht erklärten Angebots oder auf Abgabe eines solchen, von dem Gläubiger später anzunehmenden, Angebots in Anspruch nimmt.

b) Eine Klage auf Abgabe oder Annahme eines Angebots ist zur Verfolgung von Ankaufsansprüchen nach § 61 SachenRBerG nicht zulässig; hierfür stehen nur die Klage nach § 108 SachenRBerG einerseits und nach §§ 104 bis 107 SachenRBerG andererseits zur Verfügung.

c) In dem Verfahren nach § 108 SachenRBerG kann weder über die anzukaufende Fläche noch über den anzusetzenden Kaufpreis oder die Verpflichtung des Nutzers, dem Eigentümer ein Wege- oder Leitungsrecht einzuräumen, entschieden werden. Der Notar hat nach entsprechender Aufklärung in den notariellen Vermittlungsvorschlag auch einen Regelungsvorschlag zu der anzukaufenden Fläche, zu dem Preis und eine Verpflichtung zu der Bestellung eines Wege- oder Leitungsrechts aufzunehmen (Fortführung von BGH, Urt. v. 6.4.2001 - V ZR 438/99, VIZ 2001, 503 [505]; Urt. v. 18.5.2001 - V ZR 239/00, MDR 2001, 1046 = BGHReport 2001, 675 = NJW 2001, 3053 [3054]).

d) Eine Bereinigungslage kann nicht bei jeder baulichen Nutzung angenommen werden, bei der die nach dem Recht der DDR mögliche dingliche oder vergleichbare Absicherung versäumt wurde, sondern nur, wenn die faktische Nutzung des fremden Grundstücks nach der Verwaltungspraxis der DDR oder nach den DDR-typischen Gegebenheiten als rechtmäßig angesehen wurde.

e) Die erforderliche Billigung staatlicher Stellen der DDR muss nicht vor oder im Zusammenhang mit der Vornahme der Errichtung des Gebäudes oder Bauwerks, sondern kann auch nachträglich erfolgt sein.

f) Kaufgegenstand i.S.v. § 65 SachenRBerG ist der im Grundbuch als einzelnes Grundstück eingetragene Teil der Erdoberfläche. Maßgeblich ist nicht der Zuschnitt bei In-Kraft-Treten des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes am 1.10.1994, sondern der Zuschnitt bei In-Kraft-Treten des Art. 233 § 2a EGBGB am 22.7.1992.

g) Eine Restfläche ist i.S.v. § 27 Abs. 1 SachenRBerG nur dann nicht wirtschaftlich nutzbar, wenn sie auch unter Berücksichtigung von § 27 Abs. 3 SachenRBerG keinen Zuweg hat.

 

Normenkette

SachenRBerG §§ 10, 27, 68, 104, 108; ZPO § 894

 

Verfahrensgang

LG Meiningen (Urteil vom 27.05.2004; Aktenzeichen 4 S 115/02)

AG Ilmenau

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Meiningen v. 27.5.2004 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz verpflichtet ist, die ihr gehörenden Flurstücke 21/2 und 21/3 der Flur 2 in der Gemarkung A. zu verkaufen. Diese Flurstücke sind aus den ursprünglichen schmalen langgezogenen Flurstücken 20 und 21 hervorgegangen, die nebeneinander an der G. Straße lagen. Zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt nach dem Jahre 1980 wurden aus ihnen das 865 m2 große an der G. Straße liegende Flurstück 21/2 und das 1.656 m2 große dahinter liegende Flurstück 21/3 gebildet.

Am 7.2.1975 erlaubte die Beklagte den Klägern mit Rücksicht auf einen beabsichtigten Verkauf, auf den Flurstücken ein Eigenheim zu errichten, was im Jahre 1975 auch geschah. Am 28.5.1979 schlossen die Parteien vor dem Staatlichen Notariat in I. einen notariellen Kaufvertrag, in dem der Kaufpreis für die Grundstücke mit 214 Mark/DDR angegeben wurde. Nach Abschluss des Vertrages zahlten die Kläger an die Beklagte einen inoffiziellen Kaufpreis von 4.000 Mark/DDR. Die gegen die Versagung der erforderlichen Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsverordnung gerichteten Beschwerden der Parteien wies der Rat des Bezirks S. am 29.5.1980 zurück, weil es sich um der LPG zur Nutzung zugewiesenes Land handele und dieses Nutzungsrecht nicht beeinträchtigt werden dürfe. Außerdem werde ein Teil des Geländes als Schulgarten genutzt. Am 16.3.1980 wurde nachträglich ein Prüfbescheid der Staatlichen Bauaufsicht und am 8.8.1980 auch die Bauzustimmung durch den Rat der Gemeinde A. erteilt. Genehmigt wurde am 11.4.1983 auch ein Anbau.

Im Verlaufe des Jahres 1995 machten die Kläger einen Anspruch auf Ankauf der Grundstücke nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz ggü. der Beklagten geltend. Ein später eingeleitetes notarielles Vermittlungsverfahren scheiterte an deren Weigerung und wurde am 20.9.2000 ohne Formulierung eines notariellen Vermittlungsvorschlags eingestellt.

Mit der Klage verlangen die Kläger die Verpflichtung der Beklagten zum Abschluss eines im einzelnen beschriebenen Kaufvertrages. Die Beklagte lehnt den Verkauf insgesamt, jedenfalls aber den Verkauf des Flurstücks 21/3 ab und verlangt hilfsweise die Einräumung eines Zuwegs auf dem Grundstück 21/2 zu dem Grundstück 21/3.

Das AG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das LG die Beklagte zum Abschluss eines im Tenor des Urteils näher bestimmten Kaufvertrags verurteilt. Dagegen richtet sich die von dem LG zugelassene Revision der Beklagten.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hält die Klage für zulässig. Der Einstellungsbeschluss enthalte zwar keinen notariellen Vermittlungsvorschlag. Darauf komme es aber nicht an, weil sich die Parteien uneins seien und das Bestehen auf einem notariellen Vermittlungsvorschlag als bloße Förmelei erscheine. Den Klägern stehe der geltend gemachte Anspruch auch zu. Sie hätten das Grundstück 21/2 der Beklagten mit einem Eigenheim bebaut. Diese Bebauung sei auch mit Billigung staatlicher Stellen erfolgt. Zwar sei die Genehmigung für den Grundstückskaufvertrag verweigert worden. Die Errichtung des Gebäudes selbst sei aber von den staatlichen Stellen gebilligt worden. Die Kläger könnten auch beide Flurstücke der Beklagten ankaufen. Hierfür sei auf den Flurstücksbestand bei Errichtung des Eigenheims im Jahre 1975 abzustellen. Aus diesem Blickwinkel betrachtet sei nicht nur der 500 m2 übersteigende Teil des Flurstücks 21/2, sondern auch das an Flurstück 21/2 angrenzende Flurstück 21/3 eine Restfläche, die von dem Ankaufsrecht mit erfasst werde. Den Klägern stehe auch der Preisnachlass nach § 68 Abs. 2 S. 1 SachenRBerG zu, da sie ihr Kaufgesuch an die Beklagte bereits im Jahre 1995 gerichtet hätten. Auf den Kaufpreis seien die im Jahre 1979 gezahlten 4.000 Mark/DDR anzurechnen.

Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

II.

Die Klage ist nur eingeschränkt, nämlich als Feststellungsklage nach § 108 SachenRBerG, zulässig.

1. Als Klage auf Abschluss eines Kaufvertrags oder als Klage auf Abgabe eines Kaufvertragsangebots oder auf Annahme eines solchen Angebots ist die Klage nicht zulässig.

a) Ihr fehlt schon deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil ein Anspruch auf Abschluss eines Kaufvertrages nicht mit dem Antrag auf Verurteilung zum Abschluss eines Kaufvertrags durchgesetzt werden kann, der Gläubiger den Schuldner vielmehr nur auf Annahme eines vom ihm selbst zuvor formgerecht erklärten Angebots oder auf Abgabe eines solchen, von dem Gläubiger später anzunehmenden, Angebots in Anspruch nehmen kann (BGH v. 7.2.1986 - V ZR 176/84, BGHZ 97, 147 [150] = MDR 1986, 742; Urt. v. 18.4.1986 - V ZR 32/85, MDR 1987, 41 = WM 1986, 1155; Urt. v. 7.10.1983 - V ZR 261/81, MDR 1984, 215 = NJW 1984, 479 [480]). Daran fehlt es hier.

b) Auch als eine Klage auf Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung wäre sie zur Verfolgung von Ankaufsansprüchen nach § 61 SachenRBerG nicht zulässig.

aa) Eine solche Klage wird durch die § 103 bis 107 SachenRBerG zwar nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Eine Klage auf Abgabe einer Willenserklärung würde auch nicht daran scheitern, dass der in § 61 SachenRBerG bestimmte Anspruch auf Abschluss eines Kaufvertrags nicht hinreichend bestimmt wäre (Cremer in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 104 SachenRBerG Rz. 1). Ein Ermessen des Gerichts, aus dem sich diese Unbestimmtheit ergeben soll, sieht das Sachenrechtsbereinigungsgesetz nicht vor. Das Gericht kann zwar nach § 106 Abs. 1 S. 1 SachenRBerG Rechte und Pflichten feststellen, die vom Antrag abweichen. Damit wird ihm indes nicht zugleich auch das Recht eingeräumt, von den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen des Ankaufsanspruchs des Nutzers abzuweichen oder seinem Anspruch einen anderen als den gesetzlich bestimmten Inhalt zu geben. Auch der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass eine solche Klage technisch möglich wäre (BT-Drucks. 12/5992, 173; vgl. auch Vossius, Sachenrechtsbereinigungsgesetz, 2. Aufl., § 104 Rz. 14).

bb) Der Zulässigkeit einer Klage auf Abgabe einer Willenserklärung stehen aber Sinn und Zweck des notariellen Vermittlungsverfahrens nach §§ 87 bis 102 SachenRBerG einerseits und des darauf aufbauenden Klageverfahrens nach §§ 104 bis 107 SachenRBerG andererseits entgegen (Tropf in Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, SachenRBerG, § 104 Rz. 8; im Ergebnis auch Vossius, Sachenrechtsbereinigungsgesetz, 2. Aufl., § 104 Rz. 20).

Der Anspruch auf Ankauf nach § 61 SachenRBerG hängt von der Klärung von Umständen ab, die Nutzer und Grundstückseigentümer in vielen Fällen nicht selbst in einer Weise aufbereiten können, die eine gerichtliche Klärung erlaubt (BT-Drucks. 12/5992, 174). Hierfür hält die Zivilprozessordnung kein geeignetes Instrumentarium bereit. Die rechtsgestaltende Vorklärung ist nur mit den Mitteln der freiwilligen Gerichtsbarkeit zweckmäßig zu bewältigen. Deshalb hat sich der Gesetzgeber dazu entschlossen, dem gerichtlichen Verfahren ein neuartiges Aufklärungsverfahren vorzuschalten, das er den Notaren übertragen hat. Im notariellen Vermittlungsverfahren sollen die streitigen und die unstreitigen Punkte geklärt und ein professionell gestalteter Vertragsentwurf entwickelt werden. Auf dieser Grundlage soll das Gericht über die streitigen Punkte entscheiden und feststellen, welche Rechte und Pflichten beider Parteien in dem Vertrag insoweit vorzusehen sind. Diese Entscheidung des Gesetzgebers würde unterlaufen, wenn die Klage auf Abgabe einer Willenserklärung neben der Klage nach §§ 104 bis 107 SachenRBerG möglich wäre.

2. Die Klage ist auch nicht als Klage über den Inhalt eines Ankaufsrechts nach § 61 SachenRBerG gemäß den §§ 104 bis 107 SachenRBerG zulässig.

a) Eine solche Klage entspräche zwar dem von den Klägern sachlich Gewollten. Sie ist nach § 104 S. 1 SachenRBerG aber nur zulässig, wenn nicht nur das Abschlussprotokoll eines Notars, sondern auch sein Vermittlungsvorschlag vorgelegt wird (Tropf in Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, SachenRBerG, § 104 Rz. 17; Cremer in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 104 SachenRBerG Rz. 5; Eickmann/Eickmann, Sachenrechtsbereinigungsgesetz, § 104 Rz. 2, 5; Erman/Ganten, BGB, 10. Aufl., § 104 SachenRBerG Rz. 1; Vossius, Sachenrechtsbereinigungsgesetz, 2. Aufl., § 104 Rz. 5). Ein solcher ist hier nicht nur nicht vorgelegt, sondern von der mit dem Fall befassten Notarin überhaupt nicht erarbeitet worden. Den Klägern konnte deshalb auch nicht nach § 104 S. 2 SachenRBerG eine Frist zur Vorlage des Vorschlags gesetzt werden.

bb) Auf das Erfordernis der Vorlage eines notariellen Vermittlungsvorschlags kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht verzichtet werden. Es trifft zwar zu, dass das notarielle Vermittlungsverfahren seine Bedeutung vor allem dann hat, wenn die Rechtsverhältnisse der Parteien schwierig, insb. Grundstücksteilungen und -vereinigungen vorzunehmen oder dingliche Rechte zu bestellen oder aufzuheben sind. Das bedeutet aber nicht, dass die Vorlage eines notariellen Vermittlungsvorschlages in einfach gelagerten Fällen unnötig wäre. Auch ein Kaufvertrag, dessen Inhalt keine, zumindest keine sachenrechtsbereinigungsrechtlichen Schwierigkeiten bereitet, muss alle Klauseln enthalten, die für seinen reibungslosen und gesetzmäßigen Vollzug erforderlich sind. Von der Prüfung, welche Klauseln dies im einzelnen sind, sollen die Gerichte entlastet werden. Das ist die angestammte Aufgabe der Notare, deren Erfahrung auch für einfach gelagerte Fälle mit dem notariellen Vermittlungsverfahren und dem Zwang zur Vorlage eines Vermittlungsvorschlages genutzt werden soll.

cc) Nichts anderes ergibt die Überlegung des Berufungsgerichts, dass es angesichts der Weigerung der Beklagten hier nicht zu einer Einigung gekommen ist. In einem solchen Fall soll der Notar nach § 94 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SachenRBerG das notarielle Vermittlungsverfahren zunächst aussetzen und die Beteiligten nach § 94 Abs. 2 S. 2 SachenRBerG auf den Klageweg, also darauf verweisen, die (gegebene oder fehlende) Anspruchsberechtigung in einem Feststellungsklageverfahren nach § 108 SachenRBerG gerichtlich klären zu lassen. Wird die Anspruchsberechtigung des Nutzers in diesem Verfahren gerichtlich festgestellt, ist anschließend das notarielle Vermittlungsverfahren fortzusetzen, um zu einem Vertragsschluss zu gelangen. Sollten dabei noch Fragen offen bleiben, stünde zu deren Klärung das Verfahren nach §§ 104 bis 107 SachenRBerG zur Verfügung.

3. Die Sache ist aber nicht im Sinne einer Klageabweisung entscheidungsreif. Da das Berufungsgericht die entscheidenden rechtlichen Gesichtspunkte nicht geprüft hat, ist den Parteien vielmehr durch eine Zurückverweisung Gelegenheit zu geben, sich hierauf einzustellen und die Klage gegebenenfalls auf eine Feststellungsklage nach § 108 SachenRBerG umzustellen. Denn eine solche Feststellung setzt einen Vermittlungsvorschlag nicht voraus. Die Änderung der Klage ist im Berufungsverfahren auch noch zulässig (BGH, Urt. v. 19.3.2004 - V ZR 104/03, BGHReport 2004, 1110 = MDR 2004, 1077 = NJW 2004, 2152 [2154 f.]).

III.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Die Kläger sind nach § 61 SachenRBerG berechtigt, das mit ihrem Eigenheim bebaute Grundstück zu den weiteren Bedingungen des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes anzukaufen.

a) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Sachenrechtsbereinigungsgesetz auf das Verhältnis der Parteien anwendbar ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten gilt dieses Gesetz nicht nur für die Bereinigung der Rechtsverhältnisse an ehemals volkseigenen Grundstücken. Es gilt nach seinem § 1 auch für private Grundstücke, bei denen eine Bereinigungslage gegeben ist. Eine Bereinigungslage kann nicht bei jeder baulichen Nutzung angenommen werden, die nicht sachgerecht dinglich abgesichert ist (BVerfG VIZ 1999, 333). Entscheidend ist vielmehr, dass eine dingliche oder vergleichbare Absicherung nach dem Recht der DDR möglich gewesen wäre (BGH v. 8.11.1996 - V ZR 7/96, BGHZ 134, 50 [54] = MDR 1997, 233; Urt. v. 14.11.2004 - V ZR 72/03, VIZ 2004, 193 [194] zu § 116 SachenRBerG) und die faktische Nutzung des fremden Grundstücks nach der Verwaltungspraxis der DDR oder nach den DDR-typischen Gegebenheiten als rechtmäßig angesehen wurde (BGH v. 9.5.2003 - V ZR 388/02, MDR 2003, 981 = BGHReport 2003, 850 = VIZ 2003, 385 [386] für § 116 SachenRBerG) und rechtsbeständig war (BVerfG NJ 2003, 533; für § 116 SachenRBerG BGH v. 14.11.2003 - V ZR 28/03, BGHReport 2004, 284 = VIZ 2004, 195; Urt. v. 22.10.2004 - V ZR 70/04, MDR 2005, 204 = BGHReport 2005, 220.). So liegt es hier. Die rechtliche Absicherung des Eigenheims der Kläger durch Erwerb des Grundstücks ist zwar nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zunächst daran gescheitert, dass die Kläger mit der Beklagten eine Schwarzgeldabrede getroffen haben. Das stellt aber die Anwendung des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes nicht von vorneherein in Frage. Hier ist nämlich die rechtlich mögliche und von den Parteien auch beabsichtigte Absicherung des Eigenheims der Kläger letztlich nicht an der Schwarzgeldabrede, sondern daran gescheitert, dass die zuständigen Stellen den Kaufvertrag nicht nach § 2 der Grundstücksverkehrsverordnung v. 15.12.1977 (GBl. 1978 I, 73 - GVVO) genehmigen wollten, obwohl gegen die Errichtung des Eigenheims keine durchgreifenden Einwände bestanden und den in der Ablehnung angeführten öffentlichen Interessen durch entsprechende Auflagen nach § 3 Abs. 3 S. 1 GVVO ohne weiteres hätte Rechnung getragen werden können. Sie haben das Eigenheim auch ungeachtet der Versagung der Genehmigung des Kaufvertrags tatsächlich als rechtmäßig behandelt. Das begründet eine Bereinigungslage und führt zu einem Anspruch nach Maßgabe des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes.

b) Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht auch in seiner Annahme, dass die Kläger das Eigenheim auf dem Grundstück der Beklagten mit der nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SachenRBerG erforderlichen Billigung staatlicher Stellen errichtet haben. Die Kläger haben es zwar ohne Baugenehmigung errichtet. Die erforderliche Billigung staatlicher Stellen muss aber nicht vor oder im Zusammenhang mit der Vornahme der Errichtung des Gebäudes oder Bauwerks, sondern kann auch nachträglich erfolgt sein. Auf diesem gedanklichen Ausgangspunkt beruht jedenfalls § 10 Abs. 2 S. 2 SachenRBerG, wonach eine Billigung staatlicher Stellen vermutet wird, wenn innerhalb von fünf Jahren nach Errichtung des Gebäudes eine Abrissverfügung nicht ergangen ist. Eine solche nachträgliche Billigung staatlicher Stellen liegt hier vor. Die Errichtung des Eigenheims erfolgte mit Zustimmung der Beklagten als betroffener Eigentümerin. Die Behörden sind gegen die Errichtung des Eigenheims nicht eingeschritten und haben später auch seinen Abriss nicht verlangt. Sie haben vielmehr am 16.3.1980 den erforderlichen Bauprüfbescheid und am 8.8.1980 die Bauzustimmung erteilt. Auch ein Anbau ist 1983 genehmigt worden. Die hieraus auch unter Berücksichtigung von § 10 Abs. 2 S. 1 SachenRBerG folgende Billigung staatlicher Stellen wird weder durch die Versagung der für den Verkauf des Grundstücks an die Kläger erforderlichen Grundstücksverkehrsgenehmigung durch den Rat des Kreises am 8.1.1980 noch durch deren Bestätigung durch den Rat des Bezirks in Frage gestellt. Das Eigenheim ist nämlich nicht im zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrages, sondern bereits vier Jahre vorher errichtet worden. Die Verweigerung der Grundstücksverkehrsgenehmigung beruhte auch nicht darauf, dass die staatlichen Stellen mit der Errichtung des Eigenheims nicht einverstanden waren oder gar dessen Abbruch erreichen wollten. Vielmehr sollten damit ausschließlich ein Bodennutzungsrecht der LPGen und die Nutzung eines Grundstücksteils durch die örtliche Schule gesichert werden. Dem stand aber die Errichtung des Eigenheims nicht entgegen. Deshalb haben die Behörden nach Verweigerung der Grundstücksverkehrsgenehmigung auch weder den Abriss des Eigenheims verfügt noch sonst Anstoß an seiner Errichtung genommen, es vielmehr nachträglich noch förmlich genehmigt.

2. Den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich aber nicht entnehmen, welches Grundstück die Kläger mit ihrem Eigenheim bebaut haben.

a) Nach dem Wortlaut des § 65 Abs. 1 SachenRBerG ist Kaufgegenstand "das bebaute Grundstück" oder eine hiervon abzuschreibende Teilfläche. Unter einem Grundstück ist dabei wie auch sonst (RGZ 84, 265 [270]; AnwaltKomm-BGB/Krause, § 890 Rz. 4; Bamberger/Roth/Kössinger, BGB, § 873 Rz. 1; Erman/Lorenz, BGB, 11. Aufl., vor § 873 Rz. 1, 2) ein vermessener im Liegenschaftskataster bezeichneter Teil der Erdoberfläche anzusehen, der im Grundbuch als ein Grundstück eingetragen ist. Mangels anderweitiger Bestimmungen ist dabei nach dem Wortlaut der Vorschrift der Grundbuchstand bei In-Kraft-Treten des Gesetzes am 1.10.1994 maßgeblich. Sinn und Zweck des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes gebieten allerdings eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung. Das Gesetz legt zwar mit Wirkung v. 1.10.1994 Gegenstand und Bedingungen der Sachenrechtsbereinigung fest. Die zur Bereinigung bestimmten Fälle hat der Gesetzgeber aber schon mit dem Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz v. 14.7.1992 (BGBl. I, 1257) durch das Moratorium des Art. 233 § 2a EGBGB rechtlich abgesichert. Dieses Moratorium sollte verhindern, dass die Bereinigung der Nutzungsverhältnisse an Grund und Boden nach dem geplanten Sachenrechtsbereinigungsgesetz durch vorherige Verfügung des Eigentümers unterlaufen würden (BT-Drucks. 12/2480, 77). Diesem Zweck dient das Gesetz noch heute, da das Besitzrecht erst mit dem Abschluss der konkreten Bereinigung im Einzelfall erlischt, Art. 233 § 2a Abs. 1 S. 3 EGBGB. Das Recht wird durch eine Verfügung über das Eigentum nicht berührt, Art. 233 § 2a Abs. 2 S. 1 EGBGB. Es entspricht deshalb der Zielsetzung des Gesetzes, nicht auf den Grundstücksbestand bei In-Kraft-Treten des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes, sondern auf den Grundstücksbestand bei In-Kraft-Treten des Moratoriums am 22.7.1992 (Art. 15 des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes) abzustellen.

b) Vor diesem Zeitpunkt liegende Veränderungen des Grundstücksbestands außer Betracht zu lassen, gebietet der Zweck des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes dagegen nicht. Die Nichtberücksichtigung von Grundstücksveränderungen in dem Zeitraum v. 3.10.1990 bis zum 21.7.1992 liegt ihm zwar nicht zuwider. Sie widerspräche aber der fehlenden Rückwirkung des Moratoriums. Die Nichtberücksichtigung von Grundstücksveränderungen in dem Zeitraum vor dem 3.10.1990 entspräche demgegenüber nicht dem Zweck des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes. Das Gesetz strebt, wie sich aus dessen § 3 Abs. 2 S. 2 ergibt, die Bereinigung von Rechtsverhältnissen an Grund und Boden an, denen bauliche Nutzungen zugrunde liegen und deren nach dem Recht der DDR mögliche dingliche oder vergleichbare Absicherung unterblieben ist. Ein Bereinigungsbedarf in diesem Sinne besteht aber nach § 8 SachenRBerG nur, soweit bis zum Ablauf des 2.10.1990 keine Maßnahmen zur Bereinigung vorgenommen worden sind. Zu den möglichen Maßnahmen einer Bereinigung gehört auch die Teilung des zunächst bebauten Grundstücks in ein bebautes und ein unbebautes Grundstück. Die Einbeziehung unbebauter Grundstücke stünde deshalb mit dem Ziel des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes nicht in Einklang. Sie würde zudem dazu zwingen, unter Umständen aufwendige Ermittlungen dazu anzustellen, aus welchen Grundstücken sich das heute bebaute Grundstück seit der Errichtung des Bauwerks entwickelt hat. Dazu besteht kein Anlass.

c) Deshalb bestehen im vorliegenden Fall Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz für das Flurstück 21/3 nur, wenn es bei Ablauf des 21.7.1992 kein rechtlich selbständiges Grundstück, sondern Teil eines einheitlichen bebauten Grundstücks war, das neben dem Flurstück 21/2 auch das Flurstück 21/3 mit umfasste. Wann der Flurstückszuschnitt verändert worden ist, ist zwischen den Parteien streitig. Da das Berufungsgericht dieser Frage nicht nachgegangen ist, ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, dass das Flurstück 21/3 vor dem 3.10.1990 ein rechtlich selbständiges Grundstück wurde und es bis heute blieb. Dann wäre das Flurstück 21/3 nicht das bebaute Grundstück oder ein Teil hiervon. Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz schieden insoweit aus. Das wird aufzuklären sein.

3. Auf welche Fläche des bebauten Grundstücks sich das Ankaufsrecht bezieht, kann im Rahmen von § 108 SachenRBerG nicht festgestellt werden (BGH v. 6.4.2001 - V ZR 438/99, BGHReport 2001, 540 = VIZ 2001, 503 [505]; Urt. v. 18.5.2001 - V ZR 239/00, MDR 2001, 1046 = BGHReport 2001, 675 = NJW 2001, 3053 [3054]). Die Frage muss vielmehr nach erfolgter Feststellung nach § 108 SachenRBerG zunächst im notariellen Vermittlungsverfahren aufgeklärt werden. Nach dem Ergebnis dieser Aufklärung ist in dem Vermittlungsvorschlag die anzukaufende Fläche zu bestimmen. Einer Partei, die dem Vorschlag in diesem Punkt nicht zustimmen kann, steht das Klageverfahren nach §§ 104 bis 107 SachenRBerG offen. Im vorliegenden Fall einer Bebauung ohne Flächenzuweisung nach § 25 SachenRBerG ist bei dieser Ermittlung zu berücksichtigen, dass ein über die Regelgröße von 500 m2 hinausgehendes Ankaufsrecht nur angenommen werden kann, wenn die Kläger eine wirtschaftliche Nutzbarkeit dieser Fläche ausschließen können. Dazu genügt es nicht, wenn ein Anspruch der Beklagten auf Verschaffung eines Zuwegs auf der den Klägern zu veräußernden Fläche zu verneinen sein sollte. Vielmehr müssen die Kläger auch darlegen und beweisen, dass sich die Beklagte den erforderlichen Zuweg auf einem anderen Grundstück nach Maßgabe von § 27 Abs. 3 SachenRBerG nicht verschaffen kann. Sollte das Flurstück 21/3 nicht Gegenstand von Ansprüchen sein, kommt auch eine Nutzung der Restfläche des Flurstücks 21/2 von diesem Flurstück aus in Betracht.

4. Über die Höhe des Ankaufspreises und die Möglichkeit einer Aufrechnung mit früher gezahlten Beträgen kann ebenfalls nicht im Verfahren nach § 108 SachenRBerG entschieden werden. Solche Fragen sind nach erfolgter Feststellung der Anspruchsberechtigung im notariellen Vermittlungsverfahren aufzuklären. An dem Ergebnis dieser Aufklärung ist die Preisregelung in dem notariellen Vermittlungsvorschlag auszurichten, der erforderlichenfalls auch insoweit mit einer Klage nach §§ 104 bis 107 SachenRBerG angegriffen werden kann. Dabei ist hier folgendes zu berücksichtigen:

a) Ein Preisabschlag nach § 68 Abs. 2 S. 1 SachenRBerG wird vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen der Parteien nur unter den in der Vorschrift bestimmten Bedingungen für die Vertragsgestaltung und auch dann nur vorgesehen werden können, wenn der erste Kaufantrag vor dem 1.10.1995 an die Beklagte gerichtet wurde.

b) Eine Berücksichtigung der auf den nicht wirksam gewordenen Kaufvertrag gezahlten 4.000 Mark/DDR ist vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen der Parteien nur im Wege einer Aufrechnung möglich. Diese ist hier aber nach § 390 S. 2 BGB a.F. (entspricht § 215 BGB n.F.) ausgeschlossen, da der Anspruch der Kläger auf Rückzahlung eines gezahlten Kaufpreises aus §§ 69 Abs. 1, 356 ZGB nach § 474 Abs. 1 Nr. 3, § 475 Nr. 2 ZGB spätestens mit dem Ablauf des 28.5.1989 verjährt war. Eine entsprechende Anwendung von § 74 Abs. 3 SachenRBerG scheidet aus, weil die Anrechnung des ausgekehrten Kaufpreises bei Überlassungsverträgen im wesentlichen darauf beruht, dass der Kaufpreis vorher nach dem Inhalt des Überlassungsvertrags nicht herausverlangt werden konnte. Das war hier anders. Der Kaufpreis konnte zurückgefordert werden. Wenn er dabei nach § 69 Abs. 2 ZGB eingezogen worden wäre, wäre der Beklagten kein anrechenbarer Vorteil verblieben.

5. Im Verfahren nach § 108 SachenRBerG kann schließlich nicht darüber entschieden werden, ob dem verkaufspflichtigen Eigentümer ein Anspruch auf Verschaffung eines Wege- oder Leitungsrechts nach § 27 Abs. 2 SachenRBerG gegen den Nutzer zusteht. Auch diese Frage ist in dem an die Feststellung der Anspruchsberechtigung anschließenden notariellen Vermittlungsverfahren zu klären. Darin ist, je nach dem Ergebnis der Sachaufklärung, ein entsprechender Anspruch vorzusehen. Im vorliegenden Fall ist dabei zu berücksichtigen, dass ein Anspruch nach § 27 Abs. 2 SachenRBerG, wie sich aus Abs. 3 der Vorschrift ergibt, nur besteht, wenn die Schaffung eines Zuwegs auf der dem Ankaufsrecht angesichts der vorhandenen baulichen Nutzung unterliegenden Flächen möglich ist. Einen Anspruch auf Änderung der vorhandenen Bebauung begründet die Vorschrift dagegen nicht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1325006

BGHR 2005, 669

NJW-RR 2005, 666

ZfIR 2005, 298

DNotZ 2005, 670

NJ 2005, 267

ProzRB 2005, 282

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