Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung für Betriebsrenten bei Firmenübertragung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Erwerber eines Betriebes wird nicht nach § 613a BGB Schuldner von Versorgungsverpflichtungen des Betriebsveräußerers gegenüber bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmern (ständige Rechtsprechung).

2. Übernimmt er jedoch die Firma des Betriebsveräußerers, so haftet er neben diesem nach § 25 HGB.

3. Die abgekürzte Verjährungsfrist des § 26 HGB zugunsten des früheren Firmeninhabers läßt sich nicht im Sinne einer allgemeinen Haftungsbeschränkung verstehen. Die entsprechende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 159 HGB für die Nachhaftung ausscheidender Gesellschafter (BGH Urteil vom 19.5.1983, II ZR 50/82 = BGHZ 87, 286 = AP Nr 5 zu § 128 HGB) ist auf Fälle der Firmenfortführung nicht übertragbar.

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 08.02.1985; Aktenzeichen 14 Sa 96/84)

ArbG Reutlingen (Entscheidung vom 16.07.1984; Aktenzeichen 4 Ca 277/84)

 

Tatbestand

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der beklagten Kommanditgesellschaft in Liquidation die Zahlung einer Betriebsrente.

Der Kläger trat im Jahre 1955 als gewerblicher Arbeitnehmer in die Maschinenfabrik K H ein. Das Unternehmen wurde seit Januar 1961 von der Beklagten fortgeführt. Diese verpachtete durch Vertrag vom 30. Dezember 1977 das Handelsgeschäft an die neugegründete Maschinenfabrik H GmbH, die das Recht der Firmenfortführung erhielt und einen Teil der Betriebsmittel käuflich erwarb. Die H GmbH trat in die bestehenden Arbeitsverträge ein. Weiter heißt es in dem Pachtvertrag:

"§ 9

Personal

----------

...

3. Die bestehenden Zusagen für Betriebsrenten

(Altersversorgung, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung)

für die übernommenen Arbeitnehmer

werden von der Pächterin übernommen. Der

Kapitalwert dieser Zusagen wird zum 31.12.1977

durch versicherungsmathematisches Gutachten festgestellt.

Die Pächterin übernimmt ebenfalls die

bestehende Rückdeckungsversicherung für diese

Zusage mit dem Rückkaufswert zum 31.12.1977.

§ 10

Forderungen, Verbindlichkeiten

--------------------------------

1. Die Pächterin übernimmt weder Forderungen noch

Verbindlichkeiten des gepachteten Unternehmens,

soweit sie vor der Übernahme entstanden oder begründet

sind. Sie verpflichtet sich jedoch, für

die Verpächterin die Abwicklung der zum 31.12.1977

bestehenden Forderungen und Verbindlichkeiten vorzunehmen.

..."

Gleichzeitig mit der Verpachtung übernahm Frau M He , eine Tochter von K H , die Stellung der persönlich haftenden Gesellschafterin der beklagten Kommanditgesellschaft.

Die Beklagte und deren Rechtsvorgänger gewährten ihren Arbeitnehmern Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Der Kläger ist im August 1971 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Er erhielt von der Beklagten eine Betriebsrente in Höhe von zuletzt 140,-- DM. Am 3. Januar 1978 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Rente werde ab 1. Januar 1978 auf 160,-- DM angehoben. Diesen Betrag zahlte ab Januar 1978 die H GmbH. Sie erhöhte ihrerseits die Rente ab Januar 1981 auf 175,-- DM monatlich.

Die H GmbH geriet Anfang des Jahres 1983 in Vermögensverfall. Seit April 1983 zahlte sie keine Betriebsrenten mehr aus. Über ihr Vermögen wurde am 19. Mai 1983 das Konkursverfahren eröffnet. Der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) lehnte es mit Schreiben vom 11. Dezember 1983 ab, die Versorgungsverbindlichkeiten zu übernehmen; er vertrat die Auffassung, der Kläger müsse sich an die Beklagte als seine frühere Arbeitgeberin halten.

Mit seiner zu Protokoll des Arbeitsgerichts erklärten Klage hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung der Betriebsrente in Höhe von monatlich 175,-- DM in Anspruch genommen. Schuldnerin der Betriebsrente sei die Beklagte; diese sei weder aufgrund der Betriebsübertragung noch aufgrund einer befreienden Schuldübernahme von ihrer Zahlungspflicht freigeworden. Es treffe nicht zu, daß er der Übernahme der Versorgungsverpflichtungen durch die H GmbH unter gleichzeitiger Entlassung der Beklagten aus der Haftung zugestimmt habe. Unerheblich sei, daß die H GmbH die betriebliche Altersversorgung in einer Betriebsvereinbarung geregelt habe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn

1. 2.625,-- DM brutto zuzüglich 4 % Zinsen

hieraus seit dem 7. April 1984,

2. ab Juli 1984 eine monatliche Betriebsrente

von 175,-- DM

zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die Verbindlichkeiten aus ihren Versorgungszusagen seien mit befreiender Wirkung auf die H GmbH übergegangen. Das gelte nicht nur für die bestehenden Arbeitsverhältnisse, sondern auch für die zur Zeit des Betriebsübergangs bereits ausgeschiedenen Mitarbeiter. Der Kläger habe die Übernahme ausdrücklich gebilligt. Er habe die H GmbH als alleinige Versorgungsschuldnerin angesehen. Das ergebe sich aus der unbeanstandeten Entgegennahme der Zahlungen der H GmbH sowie aus der zu Protokoll des Arbeitsgerichts erklärten ersten Klagebegründung, wonach die Beklagte nur wegen der Zahlungsverweigerung des PSV in Anspruch genommen wurde. Schließlich habe die H GmbH die Betriebsrente im Januar 1978 im eigenen Namen nach § 16 BetrAVG angepaßt. Die schuldbefreiende Übernahme sei wirksam, da der PSV ihr in seiner geschäftsplanmäßigen Erklärung vom 12. November 1981 zugestimmt habe.

Die Beklagte hat weiter einen Vordruck vorgelegt, den sie in den Unterlagen der H GmbH aufgefunden habe und der anscheinend den Mitarbeitern ausgehändigt worden sei. Darin heißt es:

"Alle gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus

dieser Versorgungszusage begründen für das Unternehmen

reine Firmenverbindlichkeiten. Von einem

Wechsel der Inhaberschaft oder der Rechtsform des

Unternehmens ab richten sich die Ansprüche ausschließlich

gegen die neuen Inhaber des Unternehmens

nach Maßgabe der für diese bestehenden Schuldenhaftung."

Ferner hat die Beklagte vorgetragen, die Versorgungsansprüche des Klägers seien verfallen; es gelte der Manteltarifvertrag für die Metallindustrie Südwürttemberg-Hohenzollern, der in § 22 für Rentenansprüche eine Ausschlußfrist von drei Monaten vorsehe. Jedenfalls seien die Ansprüche nach § 26 Abs. 1 HGB verjährt. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Beschränkung der Nachhaftung ausgeschiedener Gesellschafter entsprechend § 159 Abs. 3 HGB sei auch im Fall der Firmenfortführung anzuwenden. Die persönlich haftende Gesellschafterin sei zwar nicht ausgeschieden, sie habe jedoch keinen Einfluß auf die Geschäftsführung der H GmbH gehabt. Sie habe wegen der schwierigen finanziellen Lage der H GmbH erhebliche Vermögenswerte abschreiben müssen, sei jetzt selbst praktisch vermögenslos und habe einen eigenen Konkursantrag nur deshalb nicht gestellt, weil die Masse die Kosten eines Konkursverfahrens offensichtlich nicht decke. Unter Darlegung ihrer Vermögenslage hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 26. April 1984 ihre Versorgungszusage wegen wirtschaftlicher Notlage widerrufen. Im übrigen hat sie geltend gemacht, der Anspruch des Klägers sei verwirkt, sie habe sich darauf verlassen dürfen, vom Kläger nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.

Der PSV, der dem Rechtsstreit auf der Seite des Klägers beigetreten ist, hat bestritten, daß die H GmbH die laufenden Renten schuldbefreiend übernommen und der Kläger der Entlassung der Beklagten aus der Haftung zugestimmt habe. Die geschäftsplanmäßige Erklärung vom 12. November 1981 betreffe nur Übertragungen laufender betrieblicher Versorgungsleistungen aus der Zeit vor dem 1. Januar 1981, sie greife deshalb hier nicht ein.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen, soweit das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von mehr als 160,-- DM monatlich verurteilt hat. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage in vollem Umfang.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung einer monatlichen Betriebsrente von 160,-- DM verurteilt. Ob der Kläger von der Beklagten auch den Betrag der letzten Anpassung verlangen kann, hat der Senat nicht zu beurteilen. Insoweit ist das Urteil des Berufungsgerichts rechtskräftig.

I. Der Rentenanspruch selbst ist in Höhe von 160,-- DM nicht im Streit. Es ist unstreitig, daß der Kläger eine entsprechende Versorgungszusage hat und der Versorgungsfall eingetreten ist. Zu klären ist allein die Frage, ob die beklagte Kommanditgesellschaft in Liquidation oder die H GmbH - und an deren Stelle der Streithelfer - die Rente schuldet. Diese Frage haben die Vorinstanzen zutreffend beantwortet. Schuldner der Versorgungsverbindlichkeit ist die Beklagte.

1. Das Berufungsgericht hat nicht geprüft, ob es sich bei der Beklagten noch um dieselbe Gesellschaft handelt, die dem Kläger die Versorgungszusage erteilt hat. Im Ergebnis bestehen insoweit jedoch keine durchgreifenden Bedenken.

Aufgrund der Aufspaltung des Unternehmens in eine Betriebs- und Besitzgesellschaft könnte aus der Personenhandelsgesellschaft eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts geworden sein, also eine Gesamtheit von Personen in lediglich gesamthänderischer Verbindung, die nicht für die Ruhegeldverbindlichkeiten einer früheren Kommanditgesellschaft einzustehen hätten (BGHZ 32, 307, 312; BGH BB 1962, 349; BGH NJW 1967, 821, 822; BGH NJW 1971, 1698; BGH NJW 1982, 45; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht 1986, S. 960 f.; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 27. Aufl. 1987, § 2 Anm. 1 B, § 105 Anm. 3 B). Die Handelsgesellschaft bleibt nur bestehen, wenn sie auch als Besitzgesellschaft einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb benötigt; nur dann haften auch neu eintretende Gesellschafter gem. § 130 HGB für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (BGHZ 32, 307, 313; BGH NJW 1982, 45; Staub/Brüggemann, HGB, Stand 1. April 1982, § 5 Rz 21).

Der festgestellte Sachverhalt reicht jedoch für eine solche Annahme nicht aus: Wegen der fortbestehenden Verbindung mit dem verpachteten Handelsgeschäft kann nicht angenommen werden, daß die beklagte Besitzgesellschaft keines in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetriebs bedurfte. Nach ihrem eigenen Vorbringen erstellte die Beklagte Bilanzen und beschränkte sich in ihrer Tätigkeit nicht auf die bloße Vermögensverwaltung; sie wurde vielmehr in erheblichem Umfang für die Betriebs-GmbH tätig, insbesondere im Bereich der Finanzierung, und unterhielt damit einen Gewerbebetrieb. Die Beklagte ist somit weiterhin als Kommanditgesellschaft zu behandeln, ihre Passivlegitimation als Gesellschaft ist zu bejahen.

2. Die Beklagte ist durch die Verpachtung des Betriebs und die Veräußerung eines Teils der Betriebsmittel nicht von ihrer Leistungspflicht freigeworden.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, gemäß § 613 a BGB trete der Betriebserwerber nur in die zur Zeit des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse ein, nicht auch in die Ruhestandsverhältnisse. Die Haftungsbeschränkung des Betriebsveräußerers nach § 613 a Abs. 2 BGB gelte nur, soweit der Betriebserwerber in die Haftung eintrete. Das ist richtig.

Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und der herrschenden Meinung im Schrifttum (BAGE 29, 94, 98 = AP Nr. 6 zu § 613 a BGB, zu 1 der Gründe mit zust. Anmerkung von Blomeyer = SAE 1978, 57 f. mit kritischer Anmerkung von Schwerdtner, der aber nicht zu einer Enthaftung des Betriebsveräußerers kommt; BAG Urteil vom 14. Juli 1981 - 3 AZR 517/80 - AP Nr. 27 zu § 613 a BGB, zu I der Gründe; BAG DB 1984, 137, jeweils mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen; Höhne in Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Rau/Weinert, BetrAVG, 2. Aufl. 1982, § 1 Rz 218; Höfer/Abt, BetrAVG, Bd. I, 2. Aufl. 1982, ArbGr Rz 241; Blomeyer/Otto, BetrAVG, 1984, Einl. Rz 295; jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen; Schaub in MünchKomm. zum BGB, 1980, § 613 a Rz 6; Soergel/Kraft, BGB, 11. Aufl. 1980, § 613 a Rz 21; Jauernig/Schlechtriem, BGB, 3. Aufl. 1984, § 613 a Anm. 2 a; Däubler, Das Arbeitsrecht 2, 4. Aufl 1986, S. 583; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, 1980, S. 60; Ulmer, BB 1983, 1865, 1869; Lieb, ZGR 1985, 124 ff., 136). An dieser Auffassung hat der Senat trotz der Kritik von Säcker und Joost (DB 1978, 1030 und DB 1978, 1078) sowie von Reuter (Anm. zu AP Nr. 7 zu § 128 HGB) festgehalten (Urteil vom 11. November 1986 - 3 AZR 194/85 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Neue Gesichtspunkte, die zu einer Abkehr von dieser Rechtsprechung führen könnten, hat die Revision nicht aufgezeigt: Der Wortlaut des § 613 a Abs. 1 BGB ist eindeutig; die Vorschrift bezeichnet nur die bestehenden Arbeitsverhältnisse als vom Betriebsübergang erfaßt. Der Hinweis der Revision, Ruhegeld sei - auch - aufgespartes Arbeitsentgelt, berührt nicht die Tatsache, daß das Ruhestandsverhältnis kein "bestehendes Arbeitsverhältnis" ist. Die im Gesetz verwendeten Rechtsbegriffe sind eindeutig.

Auch eine entsprechende Anwendung des § 613 a BGB auf Ruhestandsverhältnisse scheidet aus; eine Analogie würde der Vorschrift einen Schutzzweck unterlegen, den sie nicht verfolgt. § 613 a BGB zielt auf den Arbeitsplatzschutz der bestehenden Arbeitsverhältnisse ab. Nur für seinen Anwendungsbereich enthält das Gesetz eine Abgrenzung der Haftung von Betriebsveräußerer und Betriebserwerber. Ein eigenständiger, analogiefähiger Zweck ist der Haftungsregelung nicht zu entnehmen. Zudem ist angesichts des gesetzlichen Insolvenzschutzes der betrieblichen Altersversorgung ein Regelungsbedarf, der die Frage nach einer Regelungslücke nahelegen könnte, nicht zu erkennen.

b) Das Berufungsgericht ist auch ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, daß die Beklagte nicht im Wege einer befreienden Schuldübernahme durch die H GmbH von ihren Verbindlichkeiten freigeworden ist. Auf die geschäftsplanmäßige Erklärung des PSV kommt es nicht an.

Ein Schuldübernahmevertrag zwischen dem Kläger und der H GmbH (§ 414 BGB) ist nach dem Vortrag beider Parteien nicht abgeschlossen worden. Aber auch eine Schuldübernahme durch Vertrag zwischen der Beklagten und der H GmbH mit Genehmigung des Klägers ist nicht zustande gekommen (§ 415 BGB).

Das Berufungsgericht ist nicht näher darauf eingegangen, ob die Beklagte und die H GmbH überhaupt eine schuldbefreiende Übernahme der laufenden Rentenverbindlichkeiten vereinbart haben. Der schriftliche Vertrag enthält eine Übernahmevereinbarung dieses Inhalts nur für die bestehenden Arbeitsverhältnisse (§ 9 Nr. 3) und im übrigen lediglich die Zusage, die bei Betriebsübergang bestehenden Verbindlichkeiten abzuwickeln (§ 10). Daß neben dem schriftlichen Vertrag mündlich eine Übernahme der laufenden Rentenverbindlichkeiten unter Entlassung der Beklagten aus der Haftung vereinbart worden sein sollte, erscheint höchst fraglich. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe hierzu nicht ausreichend vorgetragen, ist daher nicht zu beanstanden. Die Beklagte kann im Grunde nur darauf hinweisen, daß die H GmbH tatsächlich bis zu ihrer Insolvenz die fälligen laufenden Leistungen erbracht hat und daß sie die Renten zum 1. Januar 1981 nach § 16 BetrAVG an die gestiegenen Lebenshaltungskosten angepaßt hat. Das läßt sich aber auch mit einer Erfüllungsübernahme oder einem Schuldbeitritt zwanglos erklären.

Im übrigen würde die schuldbefreiende Wirkung der Vereinbarung einer privativen Schuldübernahme daran scheitern, daß sie dem Kläger nicht mitgeteilt worden ist, so daß dieser gar nicht in der Lage war, die Beklagte durch eine rechtsgeschäftliche Erklärung aus ihrer Verbindlichkeit zu entlassen. Dies hat das Berufungsgericht unangegriffen und damit für den Senat bindend festgestellt (§ 561 ZPO). Auch eine eventuell von dritter Seite erlangte Kenntnis des Klägers, die ihn zu einer Genehmigungserklärung hätte veranlassen können, ist nicht ersichtlich. Dazu hat die Beklagte nichts vorgetragen und das Berufungsgericht keine Feststellung getroffen.

Damit erweist sich zugleich die Verfahrensrüge der Revision, das Berufungsgericht habe den Kläger antragsgemäß als Partei über die Zustimmung vernehmen müssen, als unbegründet. Die Beklagte hat nicht behauptet, der Kläger habe Kenntnis von der erstrebten Schuldbefreiung gehabt. Ein Schuldbeitritt, der allenfalls vom Kläger genehmigt sein könnte, hätte nicht zur Enthaftung der Beklagten geführt.

c) Auch aus der erstmals in der Revisionsinstanz vollständig vorgelegten Betriebsvereinbarung der H GmbH vom 22. Januar 1978 kann die Beklagte nichts zu ihren Gunsten herleiten. Diese Betriebsvereinbarung befaßt sich nicht mit den Rechtsverhältnissen der schon vor dem Betriebsübergang ausgeschiedenen früheren Arbeitnehmer der Beklagten. Eine Schuldbefreiung der Beklagten ist nicht vorgesehen.

d) Mit der sog. "Firmenklausel" in dem von der Beklagten in den Unterlagen der H GmbH aufgefundenen Vordruck könnte möglicherweise eine Einigung zur Schuldbefreiung oder sogar eine auflösende Bedingung der Versorgungszusage angestrebt worden sein. Ob eine solche pauschale Zustimmung zu künftigen Schuldnerwechseln rechtlich zulässig wäre, kann dahinstehen; es ist nicht festgestellt, daß dem Kläger das vorgelegte Formular jemals zugegangen und von ihm als Vertragsangebot angenommen worden ist.

II. Die Beklagte kann eine Haftungsfreistellung nicht aus § 26 Abs. 1 HGB herleiten.

1. Nach dieser Vorschrift verjähren die Ansprüche gegen den früheren Inhaber eines Handelsgeschäfts im Falle der Fortführung der Firma durch den Erwerber nach fünf Jahren. Die Beklagte beruft sich hierzu auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der entschieden hat, daß in entsprechender Anwendung des § 159 Abs. 3 HGB ein ausgeschiedener persönlich haftender Gesellschafter nur für solche Ruhegeldansprüche haftet, die binnen fünf Jahren nach seinem Ausscheiden fällig werden (BGHZ 87, 286 = AP Nr. 5 zu § 128 HGB; Urteile vom 19. Mai 1983 - II ZR 49/82 - AP Nr. 6 zu § 128 HGB; - II ZR 207/81 - AP Nr. 7 zu § 128 HGB mit gemeinsamer Anmerkung von Reuter; grundsätzlich zustimmend: Blomeyer/Otto, aa0, Einl. Rz 273 f., 277; Ulmer, BB 1983, 1865 ff.; Höfer/Küpper, DB 1983, 2085; Wiesner, ZIP 1983, 1032 f.; kritisch Honsell/Harrer, ZIP 1986, 341 ff.). Das Berufungsgericht hat den Standpunkt vertreten, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 159 Abs. 3 HGB sei auf den Fall der Firmenübernahme und die Verjährungsregelung in § 26 Abs. 2 HGB nicht zu übertragen. Dem schließt sich der Senat an.

Der Bundesgerichtshof hat die rechtsfortbildende Anwendung des § 159 HGB zum Schutze des ausgeschiedenen Gesellschafters damit begründet, daß dieser nach dem Ausscheiden keinen Einfluß auf die Gesellschaft mehr ausüben könne. Dem habe der Gesetzgeber mit der Verjährungsregelung in § 159 HGB Rechnung tragen wollen, dabei aber die Problematik bei Dauerschuldverhältnissen nicht gesehen. Nach § 159 Abs. 3 HGB könne es zu einer vom Gesetz nicht gewollten Endloshaftung kommen. Die Interessen der Gläubiger seien demgegenüber weniger gewichtig. Diejenigen Arbeitnehmer, die beim Ausscheiden des Gesellschafters bereits Betriebsrentner gewesen seien, hätten zwar ihre Gegenleistung für die Betriebsrente schon voll erbracht; die Haftungsbefreiung des Gesellschafters könne aber hingenommen werden, weil die Rentner durch den gesetzlichen Insolvenzschutz hinreichend gesichert seien.

2. Dem Bundesgerichtshof ist beizutreten, soweit es sich um fortbestehende Arbeitsverhältnisse handelt. Ob das auch für solche Arbeitnehmer gilt, die schon vor dem Gesellschafterwechsel ausgeschieden waren oder binnen fünf Jahren nach diesem ausscheiden, kann fraglich sein, hier aber offenbleiben. Die Erwägungen des Bundesgerichtshofs lassen sich jedenfalls auf den Fall des teilweisen Betriebsübergangs mit Firmenfortführung nicht übertragen. In der Regelung des § 26 HGB läßt sich anders als im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters keine Lücke im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erkennen. Grund für die Haftung des Firmenerwerbers ist der Gedanke der Rechtsscheinshaftung für schon vorher begründete Ansprüche (BGHZ 18, 248, 250; 22, 234, 239; 29, 1, 3; 32, 60, 62). Darauf bezieht sich die Verjährungsvorschrift des § 26 HGB zugunsten des ursprünglichen Firmeninhabers und Schuldners. Das Gesetz sanktioniert das Untätigbleiben eines Gläubigers, der es fünf Jahre lang unterläßt, seine fälligen Ansprüche gegen den Firmenveräußerer geltend zu machen. Bei laufenden Betriebsrenten kann davon vor Fälligkeit der einzelnen Raten keine Rede sein. Wollte man auch hier einen Haftungsausschluß bei Dauerschuldverhältnissen ohne Rücksicht auf die Fälligkeit der laufenden Ansprüche annehmen, so würde der Firmenveräußerer nach fünf Jahren von einer auf Dauer eingegangenen Verpflichtung frei, ohne daß dafür ein sachlicher Grund bestünde.

Die gegenteilige Auffassung von Hüffer (Staub, HGB, 4. Aufl., § 26 Rz 12 f.) ist nicht überzeugend. Hüffer meint, auch § 26 HGB wolle eine Enthaftung des Firmenübergebers, habe aber sein Ziel für Dauerschuldverhältnisse hier ebenso verfehlt wie in § 159 HGB. Diese Begründung reicht jedoch nicht aus, auch im Falle der Betriebsübertragung mit Firmenfortführung die vom Bundesgerichtshof für den Fall des Ausscheidens von Gesellschaftern entwickelten Grundsätze anzuwenden. Wie bereits erwähnt, hebt der Bundesgerichtshof hervor, daß dem Enthaftungsinteresse des ausgeschiedenen Gesellschafters das ebenfalls schützenswerte Interesse der Betriebsrentner als Gläubiger gegenüberstehe, den Gesellschafter als haftende Person zu behalten. Die Enthaftung des Gesellschafters könne aber dennoch hingenommen werden, weil die Betriebsrentner durch den gesetzlichen Insolvenzschutz hinreichend gesichert seien. Diese Interessenabwägung wird von Hüffer nicht beachtet. Angesichts der vom Gesetzgeber in § 613 a BGB getroffenen Grundentscheidung, die bestehenden Arbeitsverhältnisse, aber nicht die Ruhestandsverhältnisse auf den Betriebserwerber übergehen zu lassen, kann die bloße Firmenfortführung nicht dazu führen, die Ruhestandsverhältnisse dennoch nach Ablauf von fünf Jahren als übergegangen anzusehen. Die Folge wäre, daß Betriebserwerber entweder als Arbeitgeber im Sinne des Insolvenzschutzes nach dem Betriebsrentengesetz zu behandeln wären, oder die Betriebsrentner beim Firmenübernehmer nicht mehr nach §§ 7 ff. BetrAVG gegen Insolvenz geschützt würden. Keine der beiden Rechtsfolgen ist dem begrenzten Regelungsziel des § 26 HGB zu entnehmen.

III. Der Haftung der Beklagten stehen auch keine Einwendungen aus dem Leistungsverhältnis selbst entgegen.

1. Der Verwirkungseinwand der Beklagten ist unbegründet. Der Kläger hat zwar die Beklagte seit 1978 nicht mehr in Anspruch genommen. Dafür hatte er jedoch weder einen Anlaß noch wäre ein solches Verlangen gerechtfertigt gewesen. Der Kläger hat seit dem 1. Januar 1978 seine Betriebsrente von der H GmbH erhalten, so daß die Beklagte insoweit von ihrer Zahlungspflicht freigeworden ist (§ 25 HGB, § 422 BGB). Unter diesen Umständen konnte die Beklagte nicht annehmen, sie werde im Falle einer Insolvenz der H GmbH nicht mehr selbst in Anspruch genommen.

2. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, daß die Ruhegeldansprüche des Klägers nicht verfallen sind. Von den Ausschlußklauseln in § 22 des Manteltarifvertrags für die Metallindustrie Südwürttemberg-Hohenzollern werden die Ansprüche des Klägers nicht erfaßt. Die Vorschrift lautet:

"Ansprüche der Arbeiter aus dem Arbeitsverhältnis

sind dem Arbeitgeber gegenüber folgendermaßen

geltend zu machen:

a) Ansprüche auf Zuschläge aller Art innerhalb

von 2 Monaten nach Fälligkeit;

b) alle übrigen Ansprüche innerhalb von 6 Monaten

nach Fälligkeit, spätestens jedoch innerhalb

von 3 Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Ansprüche die nicht innerhalb dieser

Fristen geltend gemacht werden, sind verwirkt,

es sei denn, daß der Arbeiter durch unverschuldete

Umstände nicht in der Lage war,

diese Fristen einzuhalten."

Diese Tarifnorm ist nicht so weit gefaßt, daß sie sich auch auf Ansprüche beziehen könnte, die von vornherein nur für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses begründet werden, und bei denen ein Regelungsanlaß für Verfallfristen typischerweise fehlt. Daß von der Verfallklausel des § 22 MTV nur solche Ansprüche betroffen sein sollen, die während des Arbeitsverhältnisses fällig werden, folgt daraus, daß die Geltendmachung spätestens innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen muß. Diese Bestimmung läßt sich auf Betriebsrentenansprüche nicht anwenden (vgl. auch die Urteile des Senats vom 13. Juli 1978 - 3 AZR 278/77 - AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG Wartezeit; vom 29. November 1979 - 3 AZR 289/78 - AP Nr. 3 zu § 242 BGB Ruhegehalt Zusatzversorgung).

3. Die streitbefangenen Betriebsrentenansprüche sind weder ganz noch teilweise verjährt.

a) Das Rentenstammrecht, also die Rechtsstellung aufgrund einer Versorgungszusage, verjährt gemäß § 195 BGB nach 30 Jahren, da eine Rentenzusage nicht zu den Geschäften des täglichen Lebens gehört. Rentenzahlungen des Arbeitgebers unterbrechen den Fristablauf gemäß § 208 BGB (Blomeyer/Otto, BetrAVG, 1984, Einl. Rz 407; Höfer/Abt, BetrAVG, Bd. I, 2. Aufl., ArbGr Rz 338; Dieterich/Rühle, Das Arbeitsrecht der betrieblichen Direktzusagen, Handbuch der betrieblichen Altersversorgung, 6. Aufl., S. 84). Eine Verjährung des Rentenstammrechts des Klägers kommt damit nicht in Betracht.

b) Die einzelnen Rentenraten für die Zeit ab April 1983 sind ebenfalls nicht verjährt. Für sie gilt gemäß § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB eine Verjährungsfrist von zwei Jahren (BAGE 2, 23 = AP Nr. 2 zu § 242 BGB Ruhegehalt; 14, 294, 303 = AP Nr. 2 zu § 626 BGB Kündigungserschwerung; Urteil vom 29. Juli 1966 - 3 AZR 20/66 - AP Nr. 115 zu § 242 BGB Ruhegehalt, zu 6 a der Gründe; Blomeyer/Otto, aa0, Einl. Rz 406). Die Klage ist vorliegend im April 1984 erhoben und zugestellt worden, hat also die Verjährungsfrist unterbrochen.

IV. Die Beklagte hat die Versorgungszusage mit Schriftsatz vom 26. April 1984 wegen Vermögenslosigkeit widerrufen. Zutreffend hat das Berufungsgericht hierzu entschieden, daß die Beklagte nicht von ihrer Versorgungsverbindlichkeit freigeworden ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats setzt der hier allein in Betracht kommende Widerruf wegen wirtschaftlicher Notlage voraus, daß die angestrebte Entlastung dazu bestimmt und geeignet ist, die Sanierung des Unternehmens herbeizuführen (zuletzt Urteil vom 26. November 1985 - 3 AZR 105/84 - zur Veröffentlichung vorgesehen, zu II 1 der Gründe). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Die Beklagte beruft sich darauf, sie und ihre Komplementärin seien vermögenslos. Sie hat ihr Handelsgeschäft eingestellt und befindet sich in Liquidation. Mithin geht es der Beklagten bei dem Widerruf nicht um die Sanierung ihres Unternehmens, sondern allein um eine Minderung der Schuldenlast zugunsten ihrer Gesellschafter oder Gläubiger. Damit läßt sich jedoch ein Widerruf wegen wirtschaftlicher Notlage nicht begründen.

V. Eine Enthaftung der Beklagten ergibt sich schließlich nicht daraus, daß sie nach ihrem Vortrag nicht einmal über ausreichende Mittel verfügt, um einen aussichtsreichen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens stellen zu können. Auch insoweit ist dem Berufungsgericht zu folgen.

Ein Schuldner wird von seinen Verpflichtungen nicht allein deshalb frei, weil er zu deren Erfüllung außerstande ist (§ 279 BGB). Es kann deshalb nur darum gehen, ob der Kläger noch aktiv legitimiert ist oder ob sein insolvenzgesicherter Versorgungsanspruch (§§ 26, 30 BetrAVG) gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG auf den PSV übergegangen ist. Jedoch ist Voraussetzung eines Übergangs der Betriebsrentenansprüche im Insolvenzfall des § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 BetrAVG, daß der PSV dem Rentner den ihm zustehenden Anspruch mitteilt (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG). Dies ist hier nicht geschehen. Der PSV hat im Gegenteil seine Einstandspflicht bestritten. Ob der PSV hätte einstehen müssen, ist eine Frage, die nicht in dem vorliegenden Rechtsstreit, sondern grundsätzlich zwischen dem Kläger und dem PSV geklärt werden muß. Im Verhältnis zur Beklagten ist der Kläger aktiv legitimiert geblieben (vgl. aber auch BAGE 47, 229 = AP Nr. 22 zu § 7 BetrAVG).

VI. In der Entscheidung über die dem Kläger zustehenden Zinsen ist dem Berufungsgericht ein offensichtlicher Rechenfehler unterlaufen. Das Landesarbeitsgericht wollte ersichtlich für die bis zur Klageerhebung fällig gewordenen Rentenraten den Beginn des Anfallens von Verzugszinsen auf den 7. April 1984 (Zustellung der Klage) festlegen. Dies ergibt jedoch für die bis dahin rückständigen Zahlungen lediglich einen Betrag von 1.920,-- DM. Der Senat hat das Urteil insoweit gemäß § 319 Abs. 1 ZPO von Amts wegen berichtigt.

Dr. Dieterich Griebeling

zugleich für den durch Urlaub verhinderten

Richter am BAG Schaub

Dr. Hoppe Zilius

 

Fundstellen

Haufe-Index 519029

BB 1987, 2235

BB 1987, 2235-2236 (T)

DB 1988, 123-125 (LT1-3)

BetrAV 1987, 260-262 (LT1-3)

NZA 1988, 246-248 (LT1-3)

RdA 1988, 56

ZIP 1987, 1474

ZIP 1987, 1474-1478 (LT1-3)

AP § 26 HGB (LT1-3), Nr 1

AR-Blattei, Betriebliche Altersversorgung Entsch 195 (LT1-3)

AR-Blattei, ES 460 Nr 195 (LT1-3)

EzA § 25 HGB, Nr 1 (LT1-3)

VersR 1988, 170-172 (LT1-2)

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge