Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Antragstellung erfordert rasches Handeln, der Verteidiger muss "unverzüglich" reagieren, nachdem dem Angeklagten der Ablehnungsgrund bekannt geworden ist.
2. Nach § 26 Abs. 1 ist das Ablehnungsgesuch bei dem Gericht anzubringen, dem der abzulehnende Richter angehört.
3. Für das Ablehnungsgesuch ist eine bestimmte Form grds. nicht vorgeschrieben.
4. Dem Antragssteller kann nach § 26 Abs. 1 S. 2 aufgegeben werden, das Ablehnungsgesuch schriftlich zu begründen.
5. Im Antrag müssen inhaltlich alle Gründe angeführt werden.
6. Die Ablehnung eines Kollegialgerichts als Ganzes ist i.d.R. unzulässig.
7. Der Verteidiger muss den Antrag maßvoll, sachlich und ohne persönliche Angriffe gegen den abgelehnten Richter formulieren.
 

Rdn 53

 

Literaturhinweise:

Beukelmann, Die geplante StPO-Reform, NJW-Spezial, 2017, 56

Burhoff, Änderungen im Ablehnungsverfahren (§§ 26, 26a, 29 StPO), StRR 12/2017, 4

ders., Neues im Ablehnungsverfahren (§§ 26, 26a, 29 StPO)

VA 2018, 35

s.a. die Hinweise bei → Ablehnung eines Richters, Allgemeines, Teil A Rdn 8.

 

Rdn 54

 

1. Hinweis für den Verteidiger

Die Antragstellung erfordert rasches Handeln, der Verteidiger muss "unverzüglich" reagieren, nachdem dem Angeklagten der Ablehnungsgrund bekannt geworden ist (→ Ablehnungszeitpunkt, Teil A Rdn 169). Deshalb muss der Verteidiger sofort nach einem Verhalten des Richters in der HV, das nach seiner Meinung einen berechtigten Ablehnungsgrund darstellt, einen Unterbrechungsantrag mit der Begründung stellen, dass er mit seinem Mandanten einen unverzüglich zu stellenden Antrag beraten müsse. Unterbricht der Vorsitzende die HV nicht, muss der Verteidiger, um die Zulässigkeit des späteren Befangenheitsantrags sicherzustellen, die Protokollierung seines Unterbrechungsantrags herbeiführen (dazu → Protokoll der Hauptverhandlung/Allgemeines, Teil P Rdn 2522, und → Unterbrechung der Hauptverhandlung, Teil U Rdn 3131, mit Muster eines Unterbrechungsantrags, Teil U Rdn 3161).

 

☆ Ist die HV ausgesetzt worden, muss der Verteidiger einen in der ausgesetzten HV gestellten, dort nicht erfolgreichen Befangenheitsantrag in der neuen HV wiederholen , wenn er später auf die weitere Mitwirkung des abgelehnten Richters die Rüge der Verletzung des § 338 Nr. 3 stützen will (so BGH NJW 2006, 854 in einem obiter dictum ; a.A. BGHSt 31, 15). Das Recht auf Stellung des Ablehnungsantrags kann verwirkt sein, wenn es sich um einen rechtmissbräuchlichen Antrag handelt (BGH NJW 2006, 708).ausgesetzt worden, muss der Verteidiger einen in der ausgesetzten HV gestellten, dort nicht erfolgreichen Befangenheitsantrag in der neuen HV wiederholen, wenn er später auf die weitere Mitwirkung des abgelehnten Richters die Rüge der Verletzung des § 338 Nr. 3 stützen will (so BGH NJW 2006, 854 in einem "obiter dictum"; a.A. BGHSt 31, 15). Das Recht auf Stellung des Ablehnungsantrags kann verwirkt sein, wenn es sich um einen rechtmissbräuchlichen Antrag handelt (BGH NJW 2006, 708).

Der BGH geht i.Ü. (offenbar) davon aus, dass die Möglichkeit, in der HV einen Ablehnungsantrag zu stellen, die spätere Rüge der Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens ausschließt (NStZ 2009, 168).

 

Rdn 55

2.a) Nach § 26 Abs. 1 ist das Ablehnungsgesuch (dazu Münchhalffen StraFo 2007, 91, 93) bei dem ­Gericht anzubringen, dem der abzulehnende Richter angehört. Die Ablehnung eines ersuchten Richters ist bei diesem selbst zu beantragen, der Richter einer auswärtigen Strafkammer (§ 78 GVG) muss bei dieser abgelehnt werden.

 

Rdn 56

b) Eine Wiederholung des auf denselben Ablehnungsgrund gestützten Ablehnungsgesuchs ist unzulässig, es sei denn, es werden – innerhalb der Fristen des § 25 – neue Tatsachen geltend gemacht (s.a. Teil A Rdn 64). Auch können, wenn ein erstes Ablehnungsgesuch wegen ungenügender Glaubhaftmachung als unzulässig verworfen worden ist, mit einem neuen Gesuch neue zusätzliche Mittel der Glaubhaftmachung beigebracht werden (BGHSt 21, 85). Ein nach § 25 präkludierter Ablehnungsgrund kann auch zur Stützung eines neuen Ablehnungsgrundes erneut mit vorgetragen werden und diesem ggf. erhöhtes Gewicht verleihen (BGH StV 2004, 356).

 

Rdn 57

3.a) Für das Ablehnungsgesuch ist eine bestimmte Form grds. nicht vorgeschrieben. Es sind jedoch gem. § 26 Abs. 2 S. 1 der Ablehnungsgrund und in den Fällen des § 25 Abs. 2 die Voraussetzungen des rechtzeitigen Vorbringens glaubhaft zu machen (→ Ablehnungsverfahren, Teil A Rdn 126 ff.; → Ablehnungszeit­punkt, Teil A Rdn 169 ff.).

 

Rdn 58

Das Ablehnungsgesuch kann außerhalb der HV schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle, in der HV schriftlich oder mündlich gestellt werden; das unterliegt der freien Entscheidung des Angeklagten (BGH StV 2005, 531). Es gilt dann § 273 Abs. 1 (→ Protokoll der Hauptverhandlung, Allgemeines, Teil P Rdn 2522). Daran hat sich durch das "Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens" v. 17.8.2017 nichts geändert (vgl. BT-Drucks. 18/11277, S. 19). Dem Antragsteller kann aber aufgegeben ...

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