Rz. 305

Vorsatz bedeutet das Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolges.[355] Da der Versicherer grundsätzlich die Anspruchsvoraussetzungen für Verwirkungsgründe beweisen muss, trägt er auch die Beweislast für den Vorsatz des Versicherungsnehmers.

Im Bereich der Feuerversicherung kann der Versicherer zwar zum Nachweis der vorsätzlichen Herbeiführung der Brandursache auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises zurückgreifen.[356] Diese Beweiserleichterung kommt dem Versicherer zum Nachweis des Vorsatzes bzw. der groben Fahrlässigkeit jedoch nicht zugute.[357] Ebenso wenig gibt es einen Anscheinsbeweis für Arglist.[358] In Frage kommt allenfalls der Indizienbeweis, der aber gerade im Bereich des Nachweises der Eigenbrandstiftung bzw. der Duldung einer Fremdbrandstiftung durch den Versicherungsnehmer in der Praxis eine große praktische Bedeutung besitzt.[359] Die Annahme einer vorsätzlichen Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer wird dabei insbesondere aus der angespannten wirtschaftlichen Lage des Versicherungsnehmers, der Vortäuschung eines Einbruchdiebstahls durch den Versicherungsnehmer, den Umständen der Tatbegehung (z.B. der Einsatz von Brandbeschleunigern), einem kurzen zeitlichen Abstand zwischen Bränden im versicherten Gebäude, einer "Ansage" kurz vor dem Brand, der geringen Wahrscheinlichkeit für eine Fremdbrandstiftung und fehlender Wahrheitsliebe (insbesondere auch vor Gericht) hergeleitet. Allein der Verdacht einer Eigenbrandstiftung reicht für die Leistungsfreiheit des Versicherers nicht aus.[360] Auch wird ein einziges Indiz nicht genügen. Die Indizien müssen in ihrer Gesamtschau dem Gericht ein solches faktisches Maß an Überzeugung vermitteln, das letzten Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen.[361]

 

Rz. 306

Eine wesentliche Beweiserleichterung enthält jedoch § 14 Nr. 1 Abs. 2 AFB 87/B § 16 Nr. 1 a AFB 2010. Danach gelten die Voraussetzungen für die Leistungsfreiheit des Versicherers wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalles als erwiesen, wenn der Versicherungsnehmer oder der Versicherte durch ein rechtskräftiges Strafurteil wegen vorsätzlicher Brandstiftung verurteilt wurde. Die Vorschrift verstößt nicht gegen die für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Grundsätze der §§ 305 ff BGB. Sie verschiebt nicht lediglich die Beweislast zugunsten des Versicherers, sondern schließt insgesamt den Gegenbeweis des Versicherungsnehmers aus. Folglich begründet § 14 Nr. 1 Abs. 2 AFB 87/B § 16 Nr. 1 a AFB 2010 nicht lediglich eine Abänderung der Beweislast, sondern einen Ausschlussgrund.[362]

 

Rz. 307

Die Beweisvermutung greift nicht ein, wenn der Angeklagte im Strafprozess wegen feststehender Unzurechnungsfähigkeit gem. § 20 StGB oder wegen fehlenden groben Verschuldens im Rauschzustand (§ 827 BGB letzter Satz) freigesprochen worden ist.[363]

 

Rz. 308

Steht fest, dass der Versicherungsnehmer den Schadenfall durch vorsätzliche Brandstiftung verursacht hat, ist er dazu verpflichtet, die dem Versicherer entstandenen Regulierungskosten zu erstatten, wenn er den Versicherer durch die Schadenmeldung ohne Hinweis auf die Brandstiftung zur Regulierungstätigkeit veranlasst hat.[364]

[355] Palandt/Grüneberg, § 276 BGB Rn 10.
[356] BGH VersR 1993, 1351; BGH VersR 1991, 460; OLG Stuttgart VersR 1997, 824.
[357] BGH VersR 2005, 1387; OLG Bremen VersR 2000, 759; Prölss/Martin/Armbrüster, 27. Aufl., § 16 AFB 30 Rn 18.
[358] BGH VersR 1990, 894.
[359] BGH VersR 1994, 1054; BGH r+s 1996, 146; OLG Köln v. 28.8.2012 – 9 U 88/11, r+s 2013, 289; OLG Koblenz VersR 1998, 181; LG Konstanz VersR 1997, 825; OLG Bremen VersR 2000, 759, OLG Braunschweig VersR 2005, 21; OLG Düsseldorf r+s 2005, 24; OLG Köln v. 7.5.2003 – 9 W 33/02, r+s 2005, 25; OLG Koblenz v. 16.10.2003 – 10 U 1117/02, VersR 2004, 642; OLG Hamm v. 28.7.2010 – 20 U 20/10, VersR 2011, 793; OLG Koblenz v. 9.9.2010 – 10 U 1297/09, VersR 2011, 619 ff.; LG Köln r+s 2005, 252 (nur Leitsatz); LG Bielefeld r+s 2005; 162; LG Kaiserslautern r+s 2005, 162; KG r+s 2004, 159.
[360] OLG Köln v. 28.8.2012 – 9 U 88/11, r+s 2013, 289; OLG Hamm VersR 2000, 845.
[361] BGH VersR 2005, 1429; OLG Köln v. 28.8.2012 – 9 U 88/11, r+s 2013, 289; OLG Köln v. 7.5.2003 – 9 W 33/02, r+s 2005, 25; OLG Koblenz v. 16.10.2003 – 10 U 1117/02, VersR 2004, 642.
[362] OLG Bamberg r+s 2005, 201.
[363] Boldt, S. 221 "Vorsatz"; vgl. auch LG Zwickau r+s 1997, 428.
[364] Boldt, S. 221 "Vorsatz".

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