Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Inanspruchnahme einer zwei Tage vor einem (angekündigten) Wohnungsbrand policierten Hausratversicherung

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Urteil vom 02.12.2009; Aktenzeichen 4 O 206/09)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 2.12.2009 verkündete Urteil der 4. Zi-vilkammer des LG Bochum wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

A. Der Kläger nimmt die Beklagte nach einem Wohnungsbrand in der Nacht vom 8. auf den 9.12.2007 auf Zahlung einer Entschädigung in voller Höhe der Versicherungssumme von 54.600 EUR aus einer bei der Beklagten zwei Tage zuvor policierten Hausratversicherung in Anspruch. Dem Versicherungsvertrag liegen die "Allgemeinen Bedingungen für die Hausratversicherung" (im Folgenden: VHB 97) zugrunde. Die Beklagte behauptet vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls durch Eigen- oder Auftragsbrandstiftung. Ferner focht sie den Versicherungsvertrag wegen falscher Angaben über die Schadenshöhe eines am 4.12.2007 geschehenen (unversicherten) Vorschadens an.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 54.600 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.4.2009 zu zahlen und ihn von der Gebührenforderung der Rechtsanwälte N und N i.H.v. 1.761,08 EUR freizustellen.

Das LG hat die Klage abgewiesen und ausgeführt, der Kläger habe den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt. Wegen der dazu getroffenen tatsächlichen Feststellungen und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, während die Beklagte das landgerichtliche Urteil verteidigt. Wegen des Berufungsvorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen L und L2. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk vom 28.7.2010 verwiesen.

B. Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf die begehrte Versicherungsleistung nicht zu.

I. Der Versicherungsvertrag ist zwischen den Parteien wirksam, er ist insbesondere nicht durch die Beklagte wirksam angefochten.

1. Zwar hat die Beklagte nicht, wie das LG meint, die einjährige Anfechtungsfrist versäumt (§ 124 BGB). Denn der Lauf der Anfechtungsfrist beginnt erst, wenn der Getäuschte die arglistige Täuschung als solche erkennt, und nicht bereits dann, wenn er über Unterlagen verfügt, aus denen sich Widersprüche herausarbeiten ließen. Zudem muss sich die Kenntnis nicht nur auf die objektive Falschheit der Angaben, sondern auch auf die subjektive Arglist des anderen Teils beziehen (Staudinger/Singer/v. Fin-kenstein, BGB, § 124 Rz. 4). Dieser Schluss war von der Beklagten mit einer bloßen Kenntnis der Betragsabweichung der tatsächlichen von der angegebenen Vorschadenshöhe noch nicht ohne weiteres zu ziehen.

2. Die Anfechtung greift aber deshalb nicht, weil eine arglistiger Täuschung nicht festgestellt werden kann. Beweispflichtig für das Vorliegen einer arglistigen Täuschung ist die Beklagte. Hier kann jedoch nicht die Einlassung des Klägers aus seinem Schriftsatz vom 14.9.2009 widerlegt werden, wonach es sich nicht um eine absichtliche Falschangabe, sondern um ein sprachliches Missverständnis gehandelt habe.

II. Der Kläger kann die begehrte Versicherungsleistung jedoch deshalb nicht beanspruchen, weil er den Versicherungsfall auch zur Überzeugung des Senats selbst herbeigeführt hat. Diese Feststellung beruht auf Indizien, welche zur Überzeugung des Senats einen Rückschluss auf vorsätzliche Eigenbrandstiftung zulassen.

a) Als gewichtigstes Indiz ist hier die Ansage der Tat vier Tage zuvor aufzuführen. Als der Kläger nach dem Einbruchsdiebstahl vom 4.12.2007 gewahr wurde, dass er den Schaden mangels bestehender Versicherung nicht ersetzt bekäme, äußerte er ggü. dem Polizeibeamten, dann müsse er, der Kläger, sich etwas einfallen lassen, um anderweitig an Geld zu gelangen, und: "er könne auch Verbrechen begehen". Dass der Kläger dann zwei Tage darauf eine Hausratsversicherung abschloss und weitere zwei Tage darauf die soeben versicherte Einrichtung durch einen Wohnungsbrand vernichtet wurde, begründet den dringenden Verdacht, dass der Kläger seine vorherige Ankündigung wahrgemacht hatte.

b) Zu diesem Hauptindiz gesellt sich die fehlende Wahrheitsliebe des Klägers, insbesondere auch vor Gericht.

Noch vor dem LG hat er den Zweck seines Casinobesuchs in Venlo so erklärt, dass er mit zwei türkischen Freunden dort gewesen sei, die ihm vorgeschlagen hätten, mitzukommen. Er selbst spiele überhaupt nicht, da er ja seine eigenen Kinder versorgen s...

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