Rz. 7

In einem Aufforderungsschreiben ohne Klageandrohung ist sinngemäß folgender Satz enthalten: "Sollten Sie nicht … zahlen, werde ich meinem Mandanten empfehlen, gegen Sie Klage einzureichen." Damit bringt der RA zum Ausdruck, dass ihm ein Auftrag, gegen den Schuldner gerichtliche Schritte einzuleiten, noch nicht vorliegt und dass sein Auftraggeber erst einmal die Reaktion des Schuldners abwarten möchte, bevor er sich zu weiteren – dann auch gerichtlichen – Schritten entschließen wird. Dies ist der für die Gebührenberechnung wesentliche Teil des Aufforderungsschreibens.

Grundsätzlich kommt es bei der Berechnung der Anwaltsgebühren darauf an, welchen Auftrag der Mandant seinem RA erteilt hat. Der RA darf nur Tätigkeiten ausüben, zu denen er beauftragt wurde. In diesem Fall wurde ihm noch kein Prozessauftrag erteilt, sondern nur ein Auftrag zur außergerichtlichen Erledigung der Angelegenheit. Damit scheidet eine Berechnung der Gebühr für diesen Auftrag nach dem Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG aus, da dieser Teil nur für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten (= Zivilprozess) anwendbar ist. Vielmehr ist in diesem Fall die Gebühr nach dem Teil 2 des VV zum RVG zu erheben, da dieser Teil insbesondere in außergerichtlichen Angelegenheiten Anwendung findet.

 

Rz. 8

Wenn der RA nur mit der außergerichtlichen Erledigung der Angelegenheit beauftragt ist, so ist seine Vergütung in der Regel nach Nr. 2300 VV RVG zu berechnen. Das Gleiche gilt, wenn er einen unbedingten Auftrag zu vorerst nur außergerichtlichen Bemühungen hat und nur für den Fall des Fehlschlagens dieser Anstrengungen bereits einen bedingten Prozessauftrag besitzt, die Forderung einzuklagen.

 

Rz. 9

Das Honorar für ein Aufforderungsschreiben wird überwiegend nicht nach Nr. 2301 VV RVG (einfaches Schreiben) berechnet, da der RA in der Regel mehr tut, als nur eine Mahnung zu schreiben. Über das reine Schreiben des Aufforderungsschreibens hinaus wird der RA seinen Mandanten beraten, den Beginn des Verzuges und die Höhe des Zinssatzes der Verzugszinsen feststellen, den Fortgang der Sache weiter im Auge behalten, je nach Sachlage und Notwendigkeit ein weiteres Mahnschreiben an den Schuldner senden und Zahlungen des Schuldners auf ihre Richtigkeit hin überprüfen.

 

Rz. 10

Für das Aufforderungsschreiben und die damit verbundene Tätigkeit erhält der RA in der Regel die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG. Die Geschäftsgebühr entsteht nach der Auftragserteilung bereits mit der ersten Tätigkeit des RA, welche regelmäßig die Entgegennahme der von dem Mandanten abgegebenen Information und dessen Beratung sein wird; sie entgilt die Anfertigung des Aufforderungsschreibens und schließt als Pauschgebühr die weitere Bearbeitung dieser Sache mit ein. Die Geschäftsgebühr honoriert als allgemeine Betriebsgebühr für außergerichtliche Angelegenheiten also alle mit dem Auftrag zusammenhängenden Arbeiten des RA.

 

Rz. 11

Der Gebührensatz der Geschäftsgebühr muss nach § 14 RVG den Umständen des Falles nach innerhalb des Rahmens der Nr. 2300 Anm. Abs. 1 VV RVG angemessen gewählt werden. In § 4 Rdn 3 ff. und insbesondere in § 4 Rdn 15 ff. wurde begründet, warum für ein Aufforderungsschreiben ohne Klageauftrag ein Gebührensatz der Geschäftsgebühr von 0,8 angemessen sein wird – unter der Voraussetzung, dass es nach kurzer Beratung des Mandanten bei der Fertigung des Aufforderungsschreibens verbleibt und dass der Schuldner nach Erhalt des Aufforderungsschreibens ohne weiteres zahlt, wenn also Umfang und Schwierigkeit unterdurchschnittlich sind. Dies gilt grundsätzlich für alle Fälle von Aufträgen zur außergerichtlichen Geschäftsbesorgung (siehe § 4 Rdn 3 ff.) – nur für Inkassoaufträge gelten besondere Vorschriften.

 

Rz. 12

Nur für Inkassoaufträge wegen unbestrittener Forderungen werden in Nr. 2300 Anm. Abs. 2 VV RVG Gebührensätze von 0,5 bis 1,3 vorgeschrieben, wobei in den Fällen, die nicht besonders Umfangreich oder schwierig sind ein Gebührensatz von 0,9 nicht überschritten werden darf. Für eine erste Mahnung, auf die hin der Schuldner sofort zahlt, darf nur ein Gebührensatz der Geschäftsgebühr von 0,5 erhoben werden. Siehe § 4 Rdn 7 und § 4 Rdn 60 ff.

 

Rz. 13

Wenn der RA bei anderen Forderungen persönliche oder telefonische Gespräche mit dem Schuldner führt, kann der Gebührensatz der Geschäftsgebühr entsprechend dem zusätzlichen Arbeitsaufwand für diese Besprechungen erhöht werden bei durchschnittlichen Umständen auf bis zu maximal 1,3 (Anmerkung Absatz 1 zu Nr. 2300 RVG). Solche Besprechungen werden sich insbesondere bei Vergleichsverhandlungen mit der Gegenseite ergeben. In der Praxis wurde früher vielfach für alle Aufforderungsschreiben ohne Rücksicht auf die Umstände des Falles (§ 14 RVG) eine 1,3 Geschäftsgebühr berechnet. Nach der bisher zur Geschäftsgebühr vorliegenden Rechtsprechung und nach der Neufassung von Nr. 2300 VV RVG ist diese Verfahrensweise nach Recht und Gesetz wohl nicht korrekt (siehe auch § 4 Rdn 50 ff. und § 2 Rdn 116 ff.).

 

Rz. 14

Bei einer unstrittigen Forderung ...

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