Rz. 9

Statthaftigkeit des Einspruchs (§§ 347, 348 AO)

Nur gegen Verwaltungsakte (Legaldefinition § 118 S. 1 AO).[23]
Insbesondere in Abgabenangelegenheiten, auf die die AO Anwendung findet.[24]
Kein Ausschluss des Einspruchs gem. § 348 AO (insbesondere ist gegen Einspruchsentscheidungen kein weiterer Einspruch statthaft, sondern Klage zu erheben).

Form, § 357 Abs. 1 und Abs. 3 AO

Schriftlich oder zur Niederschrift der Behörde.[25]
Telex und Telefax sind zulässig; ebenso E-Mail bei qualifizierter elektronischer Signatur (§ 87a Abs. 3 AO).[26]
Es soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Rechtsbehelf gerichtet ist.[27]

Frist, §§ 355, 356, 357 Abs. 2 AO

Mit der Bekanntgabe (§ 122 AO) des Verwaltungsaktes beginnende Monatsfrist, sofern eine entsprechende ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung (§ 356 Abs. 1 AO)[28] dem schriftlichen Verwaltungsakt beigefügt ist.[29]
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich, § 110 AO (vgl. hierzu Rdn 49).
Frist gewahrt, wenn der Rechtsbehelf bei dem richtigen Adressaten, d.h. grds. der erlassenden Behörde, § 357 Abs. 2 AO, angebracht wird.

Rechtsbehelfsbefugnis

Nur wer geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder dessen Unterlassung beschwert zu sein (§ 350 AO).[30]
Die Beschwer, d.h. die Verletzung rechtlich geschützter Interessen, muss vom Steuerpflichtigen behauptet werden und möglich erscheinen. Dies ist beim Adressaten eines Steuerbescheides der Fall, wenn er durch den Tenor des Verwaltungsaktes beschwert ist.[31]

Keine Bindungswirkung anderer Verwaltungsakte, § 351 AO.

Hinweis: Änderungsbescheide sind nur soweit angreifbar, wie die Änderung reicht. Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid (Messbescheide, Bescheide über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung) kann man nur durch Anfechtung dieses Bescheides, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheides angreifen. (Vgl. dazu den Musterschriftsatz Rdn 39).

Besonderheiten bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. §§ 180 ff. AO in §§ 352 ff. AO:

Hinweis: Soweit sich ein Feststellungsbescheid einheitlich gegen mehrere Personen richtet, schränkt § 352 AO die Rechtsbehelfsbefugnis ein. Regelmäßig sind nur die zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter oder Gemeinschafter zum Einspruch befugt, es sei denn, dass der Rechtsbehelf nur die Beteiligung der Mitberechtigten an dem festgestellten Betrag betrifft oder nur Fragen berührt, die lediglich einen Gesellschafter oder Gemeinschafter angehen. Näheres dazu siehe Rdn 37.

Besondere Regelung der Einspruchsbefugnis des Rechtsnachfolgers, § 353 AO.

Sonstiges

Kein Verzicht (§ 354 AO) und keine Rücknahme des Einspruchs (§ 362 AO). Im Fall der Rücknahme wäre im Gegensatz zum Verzicht innerhalb der Rechtsbehelfsfrist eine erneute Einlegung des Rechtsbehelfs möglich.
Beteiligtenfähigkeit, § 359 AO.
Bevollmächtigung, § 80 AO.[32]
[23] Dies bedeutet nicht, dass es sich um einen wirksamen Verwaltungsakt handeln muss. Mit dem Einspruch können auch nichtige Verwaltungsakte angegriffen werden, da diese den Rechtsschein eines Verwaltungsaktes tragen; vgl. Tipke/Kruse, § 124 AO Rn 23.
[24] Zu den weiteren Bereichen der Statthaftigkeit des Einspruchs vgl. § 347 Abs. 1 Nr. 2–4 AO. Nicht erfasst sind die von der Gemeinde erlassenen Gewerbesteuerbescheide, da insoweit die AO nicht anwendbar ist, vgl. § 1 Abs. 2 AO und z.B. Art. 13 Bayerisches Kommunalabgabengesetz. Gegen den Gewerbesteuerbescheid ist daher Widerspruch gem. §§ 68 ff. VwGO einzulegen, es sei denn durch Landesrecht ist festgelegt, dass es keines Vorverfahrens bedarf. In diesem Fall ist unmittelbar Klage vor dem Verwaltungsgericht zu erheben, vgl. § 110 JustG NRW. Regelmäßig kann man Einwendungen gegen den Gewerbesteuerbescheid ohnehin nur mit einem Einspruch nach der AO gegen den Gewerbesteuermessbescheid (Grundlagenbescheid, §§ 171 Abs. 10 S. 1, 184 AO) geltend machen, § 351 Abs. 2 AO. Der Gewerbesteuermessbescheid wird durch die Finanzverwaltung erlassen, so dass insoweit das Einspruchsverfahren nach der AO greift. Auf diesen Grundlagenbescheid wendet die Gemeinde bei Erlass des Gewerbesteuerbescheides lediglich den Gewerbesteuerhebesatz an.
[25] § 357 Abs. 1 S. 3 AO, der lautete "Einlegung durch Telegramm ist zulässig.", wurde aufgehoben durch das "Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens" v. 18.7.2016 (BGBl I S. 1679) mit Wirkung zum 1.1.2017.
[26] BFH v. 29.3.1991, BStBl II 1991, 463; Tipke/Kruse, § 357 AO Rn 7.
[27] Es besteht kein Antrags- oder Begründungszwang. Es ist lediglich erforderlich, dass sich die Zielrichtung des Begehrens aus der Rechtsbehelfsschrift ergibt. Die Finanzverwaltung hat den angefochtenen Verwaltungsakt von Amts wegen anhand der Steuerakten auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Jedoch kann die Finanzverwaltung dem Einspruchsführer gem. § 364b AO eine Präklusionsfrist hinsichtlich der Angabe von Tatsachen, der Erklärung über erklärungsbedürftige Punkte und zur Bezeichnung von Beweismitte...

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