Rz. 139

Der Zwangsvollstreckung wegen einer vertretbaren oder unvertretbaren Handlung unterfallen im Kontext der Kündigung oder sonstigen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses unterschiedliche Ansprüche.

a) Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte

 

Rz. 140

Zu nennen ist im Vorfeld einer Kündigung der Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte. Ausgehend davon, dass die Führung der Personalakte allein dem Arbeitgeber obliegt, handelt es sich bei der Zwangsvollstreckung eines solchen Anspruches um eine unvertretbare Handlung, die mithin nach § 888 ZPO durchzusetzen ist.[121]

 

Rz. 141

 

Praxishinweis

Beachtet werden muss, dass der titulierte Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte sich nur auf die eigentliche Personalakte, nicht aber auf andere Akten bezieht, in denen sich die Abmahnung gegebenenfalls auch befindet. Dies gilt insbesondere für Akten über die Dokumentation von Prozessen. Möchte der Arbeitnehmer erreichen, dass die Abmahnung auch aus solchen Akten entfernt wird, muss er diesen Anspruch ausdrücklich unter Bezeichnung dieser Akten im Erkenntnisverfahren geltend machen. Ist dies nicht möglich, muss er im Wege der Stufenklage zunächst Auskunft darüber verlangen, in welchen Akten sich die Abmahnung befindet. Im Zwangsvollstreckungsverfahren besteht jedenfalls keine Möglichkeit diese Frage zu entscheiden,[122] sodass vermeidbare Kosten für den Gläubiger entstehen, wenn er über den Titel hinausgehend versucht, auch die Beseitigung aus weiteren Akten als den Personalakten zu verlangen.

Anders verhält es sich, wenn die Abmahnung erst anlässlich der Vollstreckung verschoben wird. Soll gem. § 888 ZPO aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte vollstreckt werden, so kann der Beklagte nur dann Erfüllung einwenden, wenn die Abmahnung gänzlich körperlich vernichtet wurde. Die nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache erfolgte "Entfernung" der Abmahnung aus einer als "Personalakte" bezeichneten Akte unter "Verschiebung" der Abmahnung in eine andere Akte oder einen anderen Dateiordner ist zur Erfüllung nicht geeignet, wenn der Arbeitgeber zur Vervollständigung der den Arbeitnehmer betreffenden Personalvorgänge jederzeit die gespeicherten Vorgänge wieder zusammenführen kann und will.[123]

[121] LAG Köln v. 20.3.2000, NZA 2000, 960; LAG Frankfurt v. 9.6.1993, LAGE § 888 ZPO Nr. 32 = NZA 1994, 288.
[123] LAG Baden-Württemberg v. 15.11.12 – 4 Ta 15/12, AA 2013, 36 = ArbuR 2013, 102.

b) Anspruch auf Ausfüllung der Arbeitspapiere

 

Rz. 142

Nach §§ 887, 888 ZPO ist die titulierte Verpflichtung des Arbeitgebers zu vollstrecken, die Arbeitspapiere des Schuldners auszufüllen oder die ausgefüllten Papiere zu berichtigen (zur Frage der Verpflichtung, Arbeitspapiere herauszugeben vgl. Rdn 115).[124]

 

Rz. 143

Die Frage, ob das Ausfüllen der Arbeitspapiere eine vertretbare oder unvertretbare Handlung darstellt, muss anhand der Frage beantwortet werden, ob dies nur der Arbeitgeber selbst aufgrund der ihm zugänglichen Daten und Belege möglich ist oder ob auch ein Dritter die Arbeitspapiere abschließend und ohne Mitwirkung des Arbeitgebers ausfüllen könnte. Letzteres wird in der Regel nicht der Fall sein, sodass es berechtigt erscheint, im Grundsatz davon auszugehen, dass es sich um eine unvertretbare Handlung handelt, die ebenfalls nach § 888 ZPO zu vollstrecken ist.[125] Ein besonderes Problem liegt dabei in der Formulierung des Antrags, was auszufüllen ist.[126]

 

Rz. 144

 

Praxishinweis

Sollte der Bevollmächtigte hier im Einzelfall keine abschließende Entscheidung treffen können, kann er einen Vollstreckungsantrag nach § 888 ZPO verbunden mit einem Hilfsantrag zur Vollstreckung nach § 887 ZPO stellen. Hat der Bevollmächtigte zunächst den falschen Weg eingeschlagen, kann er seinen Antrag auch noch im Beschwerdeverfahren umstellen.[127]

[126] Vgl. hierzu LAG Nürnberg v. 20.11.2014 – 5 Ta 141/14, FA 2015, 82.
[127] OLG Zweibrücken v. 1.9.1997, InVo 1998, 263.

c) Anspruch auf Erteilung einer Lohnabrechnung und der Abrechnung von Provisionen

 

Rz. 145

In Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Schuldner einen titulierten Anspruch auf abschließende Berechnung seiner Vergütung und Erteilung einer entsprechenden Lohnabrechnung und auch die Erteilung einer elektronischen Steuerbescheinigung[128] haben.

 

Rz. 146

Auch hier gilt für die Unterscheidung, ob eine vertretbare oder eine unvertretbare Handlung vorliegt, der Grundsatz, dass zu prüfen ist, ob ein Dritter ohne Mitwirkung des Arbeitgebers die Lohnabrechnung erstellen kann oder hierfür auf die Daten und Unterlagen des Arbeitnehmers zurückgegriffen werden muss. Grundsätzlich wird davon auszugehen sein, dass Lohnabrechnungen von jedem sachkundigen Dritten erstellt werden können, sodass die Vollstreckung regelmäßig nach § 887 ZPO zu erfolgen hat.[129] Für eine elektronische Steuerbescheinigung kann das ab...

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