Rz. 115

Auf Seiten des Arbeitnehmers kommt zunächst die Vollstreckung des Anspruches auf Herausgabe der Arbeitspapiere in Betracht. Zur Vermeidung von Vollstreckungsnachteilen ist dabei schon im Erkenntnisverfahren darauf zu achten, dass die Arbeitspapiere im Einzelnen so bestimmt bezeichnet werden, dass das Vollstreckungsorgan, der Gerichtsvollzieher, diese ohne Weiteres identifizieren und damit in Besitz nehmen kann.[106] Grundsätzlich erfolgt die Herausgabevollstreckung nach §§ 883 ff. ZPO.[107]

 

Rz. 116

Als Arbeitspapiere kommen hier insbesondere

die Lohnsteuerkarte bzw. -bescheinigung,[108]
die Sozialversicherungsnachweise,
Fortbildungsnachweise,
Urlaubsbescheinigung,
Erklärung zur Übertragung einer Direktversicherung[109]

und Ähnliches in Betracht, auch wenn die Bedeutung dieser Urkunden wegen der elektronischen Übermittlung der Daten an die zuständigen Stellen in der Praxis verloren hat.

 

Rz. 117

Beachtet werden muss, dass ein Titel auf Herausgabe von Arbeitspapieren nicht deren Ausfüllung umfasst. Müssen die Arbeitspapiere durch den Arbeitgeber noch erstellt oder abschließend ausgefüllt werden, so muss dies im Einzelnen beantragt werden.[110] In diesem Fall richtet sich die Zwangsvollstreckung nach den §§ 887, 888 ZPO wegen der Vornahme einer vertretbaren oder unvertretbaren Handlung (vgl. Rdn 138 ff.).[111]

 

Rz. 118

Soweit die Zwangsvollstreckung sowohl auf die Ausfüllung der Arbeitspapiere als auch deren Herausgabe gerichtet ist, ist umstritten, wie die Zwangsvollstreckung zu erfolgen hat.

 

Rz. 119

Nach einer Auffassung ist in diesen Fällen einheitlich nach § 888 ZPO vorzugehen, d.h. die Zwangsvollstreckung zur Vornahme einer unvertretbaren Handlung zu betreiben.[112] Begründet wird dies mit dem Schwerpunkt der Vollstreckungshandlung, der in dem Ausfüllen der Arbeitspapiere liegt.

 

Rz. 120

Nach anderer Ansicht ist zunächst die Zwangsvollstreckung zur Herausgabe der Papiere nach § 883 ZPO durchzuführen und erst nachfolgend die Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO zur Ausfüllung der Papiere zu betreiben.[113] Nach dieser Auffassung muss also im Wege einer ersten Vollstreckungsstufe zunächst die Herausgabevollstreckung nach § 883 ZPO erfolgen. Stellt sich dann heraus, dass die Arbeitspapiere nicht ausgefüllt sind, muss sich die Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO anschließen, um das endgültige Ziel ausgefüllter Arbeitspapiere zu erreichen. Dabei muss beachtet werden, dass der Gläubiger, d.h. der Arbeitnehmer, in diesem Fall dem Arbeitgeber die Arbeitspapiere zum Ausfüllen wieder übergeben muss.

 

Rz. 121

 

Praxishinweis

Soweit nicht eine Festlegung einer Vollstreckungsart des örtlich zuständigen Gerichtes vorliegt, sollte der Gläubiger versuchen, einheitlich nach § 888 ZPO vorzugehen, da dies gegenüber der zweistufigen Vorgehensweise zeitliche und kostenmäßige Vorteile hat. Dieses Vorgehen sollte er jedoch mit dem Hilfsantrag verbinden, die Vollstreckungssache an den Gerichtsvollzieher zur Durchführung der Herausgabevollstreckung abzugeben, soweit ein einheitliches Vorgehen nach § 888 ZPO vom Prozessgericht für nicht statthaft erachtet wird.

[106] Der Gegenstandswert für den Antrag wird in der Rechtsprechung unterschiedlich bestimmt, zum Teil werden je Papier 300 EUR angesetzt (vgl. LAG Rheinland-Pfalz v. 9.1.2007 – 1 Ta 11/07), zum Teil ein Betrag von 10 % des Bruttolohns (LAG Rheinland-Pfalz v. 1.8.2006 – 10 Ta 142/06, juris). Nr. I. 7.1 des Streitwertkatalogs vom 9.2.2018 sieht 10 % einer Monatsvergütung pro Arbeitspapier vor.
[109] Vgl. hierzu LAG Nürnberg v. 20.11.2014 – 5 Ta 141/14, FA 2015, 82.
[113] LAG Berlin v. 7.1.1998, LAGE § 888 ZPO Nr. 40 = BB 1998, 1216.

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