Rz. 169

Auch die Bestimmungen zum Verbrauchsgüterkauf sind bei eBay-Kaufverträgen anwendbar, wenn der Verkäufer Unternehmer und der Käufer Verbraucher ist, sog. "Business to Consumer (B2C)"-Geschäft (siehe hierzu Rdn 92 ff.).[318] Gleiches gilt für die Besonderheiten von Fernabsatzverträgen (siehe hierzu Rdn 132 ff.).[319] Entscheidend für die Eröffnung des Anwendungsbereichs ist, ob der Wille des Unternehmers erkennbar ist, Waren im Wege des Fernabsatzes dem Verbraucher zukommen zu lassen; für sog. "power-seller" wir dies regelmäßig angenommen.[320] Ferner sind die §§ 312i und 312j BGB (Pflichten im elektronischen Rechtsverkehr) zu beachten (siehe hierzu Rdn 145).

[318] NK-BGB/Ring, § 312c Rn 14; Fischer, WRP 2008, 193, 194.
[319] Emmerich, JuS 2005, 175, 176; Merrath, SVR 2007, 50, 51 f.
[320] Hoeren/Sieber/Holznagel, Teil 15 B. VII; Micklitz/Schirmbacher in: Spindler/Schuster, § 312b Rn 49; Kaestner/Tews, WRP 2004, 391, 397.

a) Verbrauchereigenschaft

 

Rz. 170

Im Hinblick auf die Verbrauchereigenschaft gelten die allgemeinen Grundsätze (vgl. Rdn 99). Da die Verbrauchereigenschaft, bspw. durch Vortäuschen eines gewerblichen Verwendungszwecks verwirkt werden kann,[321] sollte das bisherige und derzeitige Verkaufsgebaren des Anbieters überprüft werden – aus einer verwirkten Verbrauchereigenschaft können sich für die Rechtsverfolgung des Verbraucherkäufers Vorteile ergeben.

[321] BGH DNotZ 2005, 611, 611 f.

b) Unternehmereigenschaft

 

Rz. 171

Höchst unterschiedlich wird in Rechtsprechung und Literatur die Frage beurteilt, wann ein Verkäufer bei eBay-Verkäufen als Unternehmer i.S.d. § 14 BGB zu qualifizieren ist.[322] Besondere Bewertungskriterien bzw. Indizien stellen bspw. das Betreiben eines eBay-Shops,[323] der dauerhafte Verkauf gleicher und neuwertiger Produkte,[324] die Übernahme einer Händlergarantie,[325] der professionelle Internetauftritt bzw. die Verwendung von Werbebeschreibungen,[326] die Erteilung von Informationen, die nach §§ 312d BGB ff. einem Unternehmer obliegen,[327] und die Anzahl der Verkäufe innerhalb eines bestimmten Zeitraums[328] dar. Ist ein Verkäufer als sog. "power-seller" registriert, kann dies sogar einen Anscheinsbeweis rechtfertigen.[329] Unter Berücksichtigung dieser Kriterien können auch Privatpersonen, die aus ihrem Haushalt Gegenstände über eBay anbieten, zu Unternehmern i.S.d. § 14 BGB werden.[330] Durch Standarderklärungen ("Privatverkauf", "Ich bin privat" oder "Verkauf von Privat") lässt sich dies nicht verhindern.[331] Von einem Geschäft des gewerblichen Accountinhabers ist selbst dann auszugehen, wenn innerhalb des Angebotes der Hinweis "Im Auftrag zur Versteigerung" aufgeführt ist, da hieraus nicht eindeutig hervorgeht, dass ein Handeln im fremden Namen gewünscht ist.[332]

[322] Übersichten finden sich bei: Fischer, WRP 2008, 193 ff.; Szczesny/Holthusen, NJW 2007, 2586 ff.; Kriterien, die eBay selbst zur Beurteilung der Unternehmereigenschaft heranzieht, finden sich unter https://pages.ebay.de/rechtsportal/allg_1.html.
[323] OLG Frankfurt NJW 2004, 3433; Szczesny/Holthusen, NJW 2007, 2586, 2588; aA: LG Berlin NJW 2007, 2647.
[324] OLG Hamm MMR 2010, 608; LG Berlin NJW 2007, 2647; Szczesny/Holthusen, NJW 2007, 2588.
[325] AG Saarbrücken v. 15.2.2008 – 37 C 1251/06, BeckRS 2008, 07470.
[327] AG Saarbrücken v. 15.2.2008 – 37 C 1251/06, BeckRS 2008, 07470.
[328] In dieser Hinsicht ist die Rspr. höchst uneinheitlich (OLG Hamm MMR 2011, 537, 538: 552 Artikel innerhalb von etwa sechs Wochen; OLG Frankfurt MMR 2007, 378: 484 Auktionen innerhalb eines Jahres; OLG Hamburg WRP 2008, 522: 242 Auktionen binnen zwei Jahren; OLG Zweibrücken MMR 2008, 135: 42 Auktionen innerhalb weniger Wochen; AG Kassel MMR 2018, 703: mehr als 200 Verkäufe/Käufe innerhalb von zwei Jahren; dagegen OLG Hamm MMR 2012, 596: 90 Verkäufe von im Familienbesitz befindlicher Porzellansammlung in vier Monaten).
[329] Vgl. hierzu BGH GRUR-RR 2005, 317; OLG Frankfurt NJOZ 2008, 836, 837; OLG Frankfurt NJW 2005, 1438; OLG Karlsruhe WRP 2006, 1038; OLG Koblenz NJW 2006, 1438; Palandt/Ellenberger, § 14 Rn 2. Nach der eBay-Definition sind Power-seller professionelle gewerbliche Verkäufer, die kontinuierlich ein hohes Handelsvolumen vorweisen können.
[330] Palandt/Ellenberger, § 14 Rn 2 m.w.N.
[331] BGH NJW 2004, 3433; BGH NJW 2005, 1438.
[332] LG Memmingen BeckRS 2010, 18242.

c) Beweislast

 

Rz. 172

Grds. hat der Käufer die Unternehmereigenschaft des Verkäufers zu beweisen. Diese Beweislastverteilung wird (im Rahmen von Online-Auktionen) weitgehend als unbillig empfunden, weil dem Käufer aufgrund der weitgehenden Anonymität des Internets eine Beweisführung quasi unmöglich sei.[333] Ob hieraus eine Beweislastumkehr resultiert, ist umstritten.[334] Ungeachtet dieser Diskussion sollte im Falle eines Prozesses unbedingt zu den vorgenannten Bewertungskriterien vorgetragen und dieser Vortrag belegt werden.

[333] So ausdrücklich: OLG Koblenz NJW 2006, 1438.
[334] Dafür OLG Koblenz NJW 2006, 1438, ablehnend Schlömer/Dittrich, K&R 2011, 159, 162; zum Meinungsstand: Fischer, W...

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