Verfahrensgang

LG Bielefeld (Entscheidung vom 08.04.2011; Aktenzeichen 17 O 22/11)

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 08. April 2011 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld abgeändert.

Die Antragsgegnerin wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken auf der Handelsplattform X zur Abgabe von Angeboten aufzufordern oder Ware anzubieten, wenn nicht über das gesetzliche Widerrufsrecht für Verbraucher belehrt wird und wenn die gesetzlichen Gewährleistungsrechte zum Nachteil der Verbraucher ausgeschlossen werden, wie geschehen im Verkaufsangebot betreffend einen Y Drucker im Januar 2011 unter der Artikelnummer ######### (Anl. K 4), ohne sicherzustellen, dass nicht in erheblichem Umfang Verkäufe auch an private Verbraucher getätigt werden.

Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,- EUR, und für den Fall dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Antragsgegnerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A.

Die Parteien betreiben Versandhandel über das Internet, jeweils auch über das Verkaufsportal X. Die Antragsgegnerin handelt mit gebrauchten Laserdruckern und Kopierern, die Antragstellerin vorwiegend mit neuen Computern und Zubehör, nach ihrer Darstellung auch mit Druckern.

Die Antragsgegnerin bot unter der Bezeichnung "Y2-buerotechnik" bei X am 25.01.2011 einen gebrauchten Drucker "######" zum Preis von 129,- € an (Anl. K 4). Im Verlauf der Seite nach der Rubrik "Verpackung und Versand" und "Bearbeitungszeit für den Inlandsversand" findet sich unter "Widerrufs- und Rückgabebelehrung" der Hinweis:

"Dieses Angebot richtet sich ausschließlich an Unternehmer, Händler oder Gewerbetreibende, die bei Abschluss dieses Kaufs in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen Tätigkeit handeln. Dieses stellt eine ausdrückliche BEDINGUNG FÜR DEN VERTRAGSSCHLUSS dar. Vom Verkauf ausgeschlossen sind Verbraucher i.S.d. § 13 BGB, da es dem Verbraucher freisteht, ein Angebot nur an Gewerbetreibende zu unterbreiten. Das Angebot kann grundsätzlich nur zu den Bedingungen angenommen werden".

Ein entsprechender Hinweis findet sich im weiteren Verlauf der Seite unter der Überschrift "Zahlungshinweise des Verkäufers".

Nach der Artikelbeschreibung und nach weiteren Zahlungs- und Versandhinweisen findet sich unter der Unterrubrik "Vertragsbedingungen" in roter Schrift das Folgende:

"Dieses Angebot richtet sich ausschließlich an Unternehmer (gewerbliche Nutzer) bzw. Händler. Kein Verkauf an Verbraucher/Endkunden, sprich Privatpersonen im Sinne des § 13 BGB. Das heißt NICHT, dass Sie schlechte Ware erhalten, sondern hat den Hintergrund, dass wir keine einjährige Gewährleistung auf Gebrauchtgeräte (…) für gewerbliche Nutzer (Händler/Unternehmer) sowie kein Rücktritts-/Widerrufsrecht gewähren müssen (…). Mit der Abgabe eines Gebots erklären Sie rechtsverbindlich, diesen Kauf zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken zu tätigen."

Der oben zuerst genannte Hinweis wird ein weiteres Mal wiederholt unter der Überschrift "Rechtliche Informationen des Anbieters" und den Adress- und Kontaktangaben der Antragsgegnerin.

Wegen der näheren Einzelheiten der Angebotsgestaltung wird auf die Anlage K 4 zur Antragsschrift (Angebotsnummer #########) Bezug genommen.

Die Antragstellerin mahnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 04.02.2011 wegen Nichtgewährung des gesetzlichen Widerrufsrechts und Umgehung der verbraucherschützenden unabdingbaren gesetzlichen Gewährleistungsverpflichtungen erfolglos ab.

Die Antragstellerin hat beanstandet, dass die Antragsgegnerin den potentiellen Käufern weder ein Rücktrittsrecht gemäß den Fernabsatzvorschriften einräume, noch Gewähr für Mängel zu leisten bereit sei. Die Antragsgegnerin könne bei ihren Verkäufen, insbesondere über X, die Unternehmereigenschaft eines Käufers nicht feststellen. Bei ihrem Geschäftsvolumen (nahezu 5000 Bewertungen im X-Bewertungsforum) und Durchschnittspreisen für die verkauften gebrauchten Geräte zwischen 100,- € und 200, € sei davon auszugehen, dass die angebotenen Artikel, die sich für Verbraucher eigneten und für sie von preislichem Interesse seien, auch tatsächlich in vielen Fällen von Verbrauchern erworben würden, zumal gerade der Handelsplatz X überwiegend von Verbrauchern genutzt werde. Die Werbung und das Geschäftsverhalten der Antragsgegnerin verstoße so gegen die bürgerlich-rechtlichen Pflichten über die Unterrichtung von Verbrauchern im Fernabsatzhandel nach §§ 312 c, 312 d, 355, 357 BGB und über die zwingende Gewährleistung beim Verbrauchsgüterkauf nach § 475 BGB. Die Antragsgegnerin könne durch ihre Texthinweise und ihre Klausel, dass sie nur an Unternehmer verkaufe, nicht mit hinreichender Sicherheit einen Verkauf an Verbraucher ausschließen. Tatsächlich überprüfe sie nicht, ob ihr Käufer Unternehmer oder Verbraucher sei. Aus den Bewertunge...

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