Rz. 24

M und F1 sind geschieden (oder getrenntlebend). Aus der Ehe ist das 5-jährige Kind K1 hervorgegangen, das von F1 betreut wird. M ist Vater des nichtehelichen Kindes neK2, das bereits vor Rechtskraft der Scheidung der Ehe von M und F1 geboren wurde und von M betreut wird. Die Mutter des nichtehelichen Kindes, mit der M nicht mehr zusammenlebt, ist leistungsunfähig. M muss deshalb auch für den Barunterhalt des nichtehelichen Kindes aufkommen. M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 2.000 EUR. F1 kann wegen Betreuung des Kindes kein Einkommen erzielen. F1 und K1 verlangen von M Unterhalt.

I. Kindesunterhalt

 

Rz. 25

Der Bedarf von Kindern richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle. Bezüglich der Einzelheiten wird auf Fall 1 verwiesen (siehe § 1 Rdn 1).

M hat ein Einkommen von 2.000 EUR.

Es kommt deshalb grundsätzlich die Einkommensgruppe 2 (1.901 bis 2.300 EUR) zur Anwendung.

Es sind 3 Unterhaltsberechtigte vorhanden. Die DT geht von 2 Unterhaltsberechtigten aus.

Eine Herabstufung um eine Einkommensgruppe in Gruppe 1 (bis 1.900 EUR) ist deshalb geboten.

Kind K1 ist 5 Jahre alt, es fällt also in die Altersstufe 1. Sein Bedarf beträgt damit grundsätzlich 396 EUR. Das halbe Kindergeld (109,50 EUR) ist bedarfsdeckend anzurechnen.

Der Unterhalt für K1 beträgt somit 286,50 EUR (396 – 109,50 EUR).

Kind K2 ist 1 Jahr alt, es fällt also in die Altersstufe. Sein Bedarf beträgt damit grundsätzlich 396 EUR.

Das halbe Kindergeld (109,50 EUR) ist bedarfsdeckend anzurechnen.

Der Unterhalt für K2 beträgt somit 286,50 EUR (396 – 109,50 EUR).

II. Ehegattenunterhalt

1. Anspruchsgrundlage

 

Rz. 26

Im Fallbeispiel soll ein Anspruch auf Trennungsunterhalt oder auf Geschiedenenunterhalt bestehen (vgl. Fälle 15 und 16, siehe § 3 Rdn 1, 31).

2. Bedarf der F1

a) Bedarfsbestimmendes Einkommen des M

aa) Vorwegabzug des Kindesunterhalts?

(1) Kind aus erster Ehe

 

Rz. 27

Der Unterhalt für K1, der schon die erste Ehe geprägt hat, ist abzuziehen, und zwar in Höhe des Zahlbetrages.

(2) Kind aus der zweiten Beziehung

 

Rz. 28

K2 wurde im vorliegenden Fallbeispiel – anders in den Fällen 46 und 47 (siehe Rdn 1, 13) – noch während der Ehe von M und F1 geboren. Der Kindesunterhalt für K2 hat also bereits die ehelichen Lebensverhältnisse von M und F1 geprägt.

 

BGH, Urt. v. 7.12.2011 – XII ZR 151/09

Die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB werden grundsätzlich durch die Umstände bestimmt, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eingetreten sind (Stichtagsprinzip). Nacheheliche Entwicklungen wirken sich auf die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären oder in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren (im Anschluss an BVerfG FamRZ 2011, 437).

Der Kindesunterhalt für K2 (396 – 109,50 = 286,50 EUR) ist deshalb ebenfalls vom Einkommen des M abzuziehen.

2.000 (Einkommen M) – 286,50 – 286,50 (Zahlbeträge Kindesunterhalt) = 1.427 EUR

Diese 1.427 EUR fließen in die Berechnung des Ehegattenunterhalts ein.

bb) Vorwegabzug eines etwaigen Unterhalts für die Mutter des nichtehelichen Kindes?

 

Rz. 29

Dieses Problem stellt sich hier nicht, da das Fallbeispiel davon ausgeht, dass keine Unterhaltspflicht gegenüber der Mutter des nichtehelichen Kindes K2 besteht.

b) Halbteilungsgrundsatz (Grundsatz der gleichen Teilhabe an den ehelichen Lebensverhältnissen)

 

Rz. 30

Erwerbstätigenbonus: 1.427 EUR × 10 % = 143 EUR

Bedarfsbestimmendes Einkommen: 1.427 – 143 EUR = 1.284 EUR

 

SüdL

15. Unterhaltsbedarf

15.1 Die Bemessung des nachehelichen Unterhalts richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 S. 1 BGB). …

15.2 Es gilt der Halbteilungsgrundsatz, wobei jedoch Erwerbseinkünfte nur zu 90 % zu berücksichtigen sind (Abzug von 1/10 Erwerbstätigenbonus vom bereinigten Nettoeinkommen bei der Bedarfsermittlung, nicht bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners).

Vgl. auch Nr. 15.2 der im Einzelfall anzuwendenden Leitlinien.

Der Bedarf der F1, die kein Einkommen hat, beträgt ½ von 1.284 EUR, also 642 EUR.

Der Mindestbedarf beträgt 960 EUR.

3. Ungedeckter Restbedarf (Unterhaltshöhe)

 

Rz. 31

F1 hat kein eigenes Einkommen. Der ermittelte Bedarf (960 EUR) entspricht dem ungedeckten Bedarf.

4. Leistungsfähigkeit des M

 

Rz. 32

Der Ehegattenmindestselbstbehalt gegenüber F1 beträgt 1.280 EUR.

Vgl. Nr. 21.4 der im Einzelfall anzuwendenden Leitlinien bzw. der SüdL.

Es stehen nach Abzug des vorrangigen Kindesunterhalts also nur 147 EUR (2.000 – 286,50 – 286,50 – 1.280 EUR) für den Ehegattenunterhalt zur Verfügung.

III. Zahlungspflichten

 

Rz. 33

Unterhaltspflichten des M:

K1: 286,50 EUR

F1: 147 EUR

IV. Hinweis

 

Rz. 34

Da M nicht einmal bezüglich des nach dem Halbteilungsgrundsatz festgestellten Bedarfs von F1 (642 EUR) leistungsfähig ist, kam es auf die Frage der Erhöhung des Bedarfes auf den Mindestbedarf (vgl. Fälle 38 und 39, siehe § 11 Rdn 1, 32) letztlich nicht an.

 

BGH, Urt. v. 16.12.2009 – XII ZR 50/08

Die Gründe, die im Rahmen des Betreuungsunterhalts für einen am Existenzminimum orientierten Mindestbedarf sprechen, gelten in gleicher Weise auch für den gesamten Ehegattenunterhalt. Auch insoweit kann der Bedarf das Existenzminimum nicht unterschreiten.

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