Das sind die Top HR-Influencer 2022
Die Macht der sozialen Medien erleben wir derzeit täglich beim Angriffskrieg auf die Ukraine. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mobilisiert sein Volk über soziale Medien, tausende von Ukrainerinnen und Ukrainern produzieren Tweets und Videos, die geteilt werden und der Weltöffentlichkeit einen Eindruck von der Lage im angegriffenen Land vermitteln. Die russische Seite blockiert die sozialen Netzwerke und streut gezielt Desinformationen. Es verbreiten sich millionenfach Falschmeldungen, die von den Netzwerkbetreibenden mit großer zeitlicher Verzögerung gelöscht, aber eben nicht richtiggestellt werden können.
Die sozialen Medien, einst als Freiheitsinstrumente gefeiert, haben ihre Unschuld verloren. Sie können – wie alle Medien – zur Propaganda und zum Schüren von Emotionen eingesetzt werden. Sich von ihnen fernzuhalten oder sie zu ignorieren, wäre trotzdem fatal in einer Welt, in der Medien großen Einfluss auf das Denken und Handeln der Menschen ausüben. Das gilt gerade auch für die Geschäftswelt, da die sozialen Medien längst Teil des Alltags der meisten Beschäftigten geworden sind. Nicht nur private Informationen zirkulieren täglich millionenfach durch die Netzwerke, ein relevanter Teil der Business-Kommunikation ist hier zu finden. Das soziale Netzwerk Linkedin, das 2002 in Kalifornien gegründet wurde, hat 2016 Microsoft übernommen und zu der heute weltweit führenden Plattform der Business-Kommunikation ausgebaut. Linkedin verfügt – nach eigenen Angaben – weltweit über 810 Millionen Nutzende, 17 Millionen davon in der DACH-Region. Die Geschäfte auf der Plattform blühen, Microsoft hat Tools für Marketing und Recruiting geschaffen, die die Kommunikationsplattform auch zu einem profitablen Geschäft machen. Xing zählt nach eigenen Angaben in der DACH-Region über 18,5 Millionen Nutzende. Doch hier spiegelt sich vor allem wider, dass die in Hamburg beheimatete Plattform eine führende Stellung im E-Recruiting hat. Für die Business-Kommunikation nimmt die Bedeutung von Xing seit Jahren ab.
Soziale Medien sind Teil der Unternehmenskommunikation
In der HR-Community hat sich Linkedin als der soziale Kanal etabliert, der die besten Möglichkeiten zum Austausch und zur Vernetzung bietet. Zwar werden auch in Tiktok, Instagram oder Facebook HR-Themen geteilt, doch die Netzwerke sind kleiner und die Kommunikation weniger intensiv. Linkedin ist auch der Kanal, den der derzeit beste HR-Kommunikator in den Mittelpunkt stellt: Cawa Younosi, Global Head of People Experience bei SAP, verfügt dort über mehr als 66.000 Follower. Innerhalb von zwei Jahren hat er seine Reichweite mehr als verdoppelt, täglich kommen neue Follower hinzu. "Viele Beschäftigte im In- und Ausland wollen wissen, was wir in HR tun. Sie schauen auf meinen Account, um sich aus erster Hand zu informieren", erläutert Cawa Younosi das Ziel seiner Aktivitäten. (Lesen Sie dazu auch das Interview mit Top HR-Influencer Cawa Younosi).
HR-Influencer streuen Interna über externe Medien
Die Idee, soziale Medien – zusätzlich zum Intranet – zur Information der Beschäftigten einzusetzen, ist charmant. Ein externes Medium, das wissen alle Kommunikationsexperten, hat mehr Glaubwürdigkeit als interne Medien. Vor allem diejenigen Unternehmen, bei denen viele Beschäftigte einen Account in den sozialen Medien besitzen, nutzen inzwischen diesen Weg. Das trifft mittlerweile auf viele international tätige Großkonzerne zu, aber auch im Mittelstand ist das zunehmend populär.
Zu viele HR-Bereiche hinken dieser Entwicklung hinterher. Als das Personalmagazin im Juli 2018 erstmals ein Ranking zu den HR-Influencern veröffentlichte, war unser Resümee: Bei den HR-Influencern dominierten die Beraterinnen und Berater, von den CHROs im DAX sammelten nur ein paar wenige ihre ersten Erfahrungen. Das Thema stand damals am Anfang.
Die Top HR-Influencer 2022 des Personalmagazins: Hier gelangen Sie zur Top 10 der Unternehmensvertreterinnen und -vertreter |
HR-Influencer 2022: Die Besten im DAX
Die Situation hat sich im Jahr 2022 gedreht. 75 Prozent der CHROs im DAX verfügen über einen Linkedin-Account, "nur" 25 Prozent verweigern sich dieser modernen Kommunikationsform. Unter den Abstinenten sind besonders häufig Unternehmen vertreten, die erst jüngst in den DAX aufgestiegen sind – hier scheint die Bereitschaft, die HR-Arbeit transparent zu machen, noch wenig ausgeprägt zu sein.
An den DAX-Unternehmen lässt sich ablesen, wie gut HR-Kommunikation hierzulande läuft. Von den 75 Prozent, die in sozialen Netzwerken präsent sind, beherrschen nur ganz wenige das Thema – eigentlich ein Trauerspiel. Als besonders gute Vorstandskommunikatoren möchten wir zwei CHROs herausstellen, die zu den 40 führenden HR-Köpfen gehören und deshalb auf der Liste nicht auftauchen: Volkswagen-Personalvorstand Gunnar Kilian (33.700 Follower auf Linkedin) und Conti-Personalvorständin Ariane Reinhart (14.800 Follower auf Linkedin). Dazu gehört auch Sabine Bendiek (21.700 Follower auf Linkedin), CHRO von SAP, die auf der Liste nicht erscheint, weil sie die Hauptbühne Cawa Younosi überlässt.
Alle drei konnten eine relevante Reichweite aufbauen, pflegen täglich ihre Accounts (sie reagieren schnell auf Anfragen), verfassen und teilen eigene Beiträge. Ihre Kommunikation beschränkt sich nicht darauf, Pressemitteilungen zu verbreiten oder die Information über geschäftliche Erfolge zu posten. Sie verschaffen ihren Mitarbeitenden mit Likes und Kommentaren Sichtbarkeit und stärken damit den Zusammenhalt in der Organisation. Ihre Accounts sind professionell, haben aber auch eine persönliche Note, sodass sichtbar wird, was ihnen am Herzen liegt. Das kann beispielsweise die Teilnahme am gesellschaftlichen oder politischen Dialog sein oder auch eine Reaktion auf aktuelle Ereignisse. Alle drei haben verstanden: Soziale Kommunikation funktioniert anders als klassische PR, sie braucht eine persönliche Note.
Im DAX führen die drei Genannten die Spitzengruppe an, zu der 30 Prozent der CHROs gehören. Von diesen lässt sich sagen, dass sie in sozialer Kommunikation fit sind und eine gute Performance abliefern. Dazu zählen die CHRO Amanda Rajkumar (Adidas), Sarena Lin (Bayer), Birgit Bohle (Telekom), Sylvie Nicol (Henkel), Markus Fink (Infineon), Dietmar Eidens (Merck), Andreas Haffner (Porsche), Dietmar Knoess (Puma) und Judith Wiese (Siemens).
Zur Wahrheit gehört aber auch: 45 Prozent der CHROs verfügen zwar über einen Account, nutzen diesen aber nicht regelmäßig und effizient. Nimmt man die 25 Prozent der Verweigerer dazu, kommt man zu einer erschreckenden Zahl: 70 Prozent der CHROs im DAX liefern eine schlechte Performance in der HR-Kommunikation in den sozialen Medien ab.
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Geteiltes Interesse an inhaltlicher Debatte in Social Media
In großen Betrieben ist das Thema mit mangelnden Ressourcen nicht zu entschuldigen. Im Mittelstand mag das eine Rolle spielen, doch auch hier gilt: Wer HR-Kommunikation für wichtig hält, für den ist der Zusatzaufwand für Social Media gering. Der Verdacht liegt nahe, dass HR mit Kommunikation und Marketing in eigener Sache ein massives Problem hat. Das ist nicht neu, doch es wird über Social Media erstmals auch nach außen sichtbar.
Warum manche das Medium nutzen und andere nicht, dafür gibt es eine einfache Erklärung. "Ich habe Freude daran, meine Themen und Einsichten zu vermitteln. Deshalb nutze ich die sozialen Medien gerne", sagt Marc Wagner, Servicefeld-Lead Employee Experience bei der Atruvia. Über seinen Account teil er Themen aus dem Arbeitsumfeld seines Arbeitsgebers, schreibt aber immer wieder auch Beiträge zur Debatte um die Zukunft der Arbeit. "Für mich hat das Teilen von Beiträgen ein co-kreatives Momentum. Ich schaue mir die Kommentare genau an und nehme die teilweise in die Weiterentwicklung meiner Konzepte auf", sagt Wagner.
Das Interesse an einer inhaltlichen Debatte ist auch bei vielen Beraterinnen und Beratern zu erkennen, die sich in Social Media tummeln. Natürlich ist diese Berufsgruppe darauf angewiesen, sich bekannt zu machen und an Aufträge heranzukommen. Doch wer das Medium auf einfache Weise zur Vermarktung von Dienstleistungen verwenden will, wird damit nicht ans Ziel kommen. Die intelligenten unter den Beratungen haben das längst verstanden und teilen über Social Media einen Teil ihrer Expertise, von der dann alle profitieren – auch die möglichen Auftraggeber, die sich einen ersten Eindruck über die Kompetenz, aber auch das Auftreten von Beratern und Beraterinnen verschaffen können. Die Beraterinnen und Berater, die wir in unserem Ranking gelistet haben, machen das aus unserer Sicht vorbildlich.
HR-Influencer 2022 des Personalmagazins: Hier gelangen Sie zur Top 10 der Beraterinnen und Berater
Social Media für Bekenntnisse und Solidaritätsbekundungen nutzen
In Social Media gibt es Anlässe, die einen Overload an Information und Aktivitäten hervorrufen. Beispiele dafür sind der Weltfrauentag, die Flutkatastrophe oder jetzt der Ukraine-Krieg. Viele aus der HR Community posten ihre Solidaritätsbekundungen, auch wenn es manchmal mit ihrem Geschäft wenig zu tun hat. Die Kommunikation von Werthaltungen am Arbeitsplatz nimmt seit Jahren stark zu, die Grenze zwischen privat und beruflich verschwimmt. Mit dieser Erwartungshaltung sind derzeit viele Betriebe konfrontiert. Das lässt sich in den sozialen Medien deutlich ablesen. Viele Unternehmen machen da mit, etwa indem sie ihre Firmenzentralen in Regenborgenfarben anstrahlen lassen oder werbewirksam Spenden für Krisengebiete sammeln und das sehr offensiv in den sozialen Netzwerken kommunizieren.
Doch nicht alle folgen diesem Trend. Marc Wagner beispielsweise hält sich da sehr zurück: "Zu den gesellschaftlichen Ereignissen habe ich eine Meinung, möchte diese aber nicht in den sozialen Medien kommunizieren. Ich konzentriere mich auf meine inhaltlichen Themen."
Hate Speech und Blasenbildung
Die Business-Kommunikation auf Linkedin und Twitter läuft derzeit in ruhigen Gewässern. Zwar finden sich ab und zu auch Hate Speech, antisemitische Tweets oder Corona-Geschwurbel, doch deren Wirkung bleibt beschränkt. Eine Problem von Social Media in der Business-Kommunikation ist eher die Blasenbildung: Es werden meist nur die Erfolgsstorys der Firmen erzählt, jeder und jede stellen sich im besten Lichte dar. Ein Medium zur Aufklärung ist Social Media nicht.
Top HR-Influencer des Personalmagazins: Auswahlverfahren und Kriterien
Wer sind die Akteure, die Social-Media-Diskussionen prägen? Die Redaktion des Personalmagazins hat dazu eine Liste mit zehn Unternehmensvertreterinnen und -vertretern und eine Liste mit zehn Beraterinnen und Beratern erstellt, ergänzt um eine Watchlist. Unsere Rankings stützen sich auf Daten zur Reichweite und einer qualitativen Einschätzung der Redaktion. Kriterien waren Frequenz, Zahl der eigenen Beiträge, Inhalte und persönliche Note. Unsere Auswahl erfolgte in vier Stufen:
1. Influencer-Recherche:
Zunächst erstellte die Redaktion eine Liste von über 200 Personen aus dem deutschsprachigen Raum, die sich mit Themen aus dem HR-Umfeld beschäftigen und auf sozialen Medien, Blogs oder in Podcasts relevante Reichweiten erzeugen.
2. Datenauswertung:
Die Redaktion hat die Followerzahlen auf Linkedin und Twitter aller Influencer verglichen. Nur diese beiden Plattformen sind in dem HR-Influencer-Ranking berücksichtigt. Linkedin als der mit Abstand wichtigste Business-Kanal ist bei der Bewertung der Social-Media-Reichweite dreifach gewichtet. Personen, die ihre Followerzahlen auf Linkedin nicht veröffentlichen, wurden nicht berücksichtigt.
3. Redaktionelle Bewertung:
Schließlich haben wir den Rotstift angesetzt, alle Kandidatinnen und Kandidaten eingehend auf Herz und Nieren sowie auf die HR-Relevanz ihrer Postings geprüft. Personen, die aus Sicht der Redaktion keine relevanten Beiträge für das Personalmanagement erbringen, nur die Arbeitnehmerperspektive einnehmen oder reine Werbekanäle betreiben, haben wir aussortiert. Natürlich gab es strittige Fälle, wo wir Leute mit großer Reichweite nicht in die Liste aufgenommen haben. Ausschlaggebend war die Bedeutung für HR. Influencer, die HR-Themen mitbespielen, jedoch einen breiten gesellschaftlichen Fokus haben, sind nicht dabei. Letztlich beruht die Auswahl also auf einer subjektiven Bewertung, die wir im Redaktionsteam getroffen haben.
4. Die 40 führenden HR-Köpfe:
Die Redaktion des Personalmagazins kürt alle zwei Jahre die 40 führenden HR-Köpfe, bei der die Gesamtleistung der Persönlichkeit für die HR-Community in den Blick kommt. Bei unseren Recherchen zu den Social-Media-Aktivitäten haben wir nun festgestellt, dass viele unter den 40 HR-Köpfen auch zu den besten Kommunikatoren gehören (Martin Seiler, Julia Bangerth, Sirka Laudon, Michael Kramarsch, Björn Gaul und viele andere). Doch wir haben uns in der Redaktion entschieden, die Gruppe der 40 Köpfe in die Listen der HR-Influencer nicht aufzunehmen, um Mehrfachauszeichnungen zu vermeiden und mehr Leuten aus der HR-Community Sichtbarkeit zu geben. Zudem galt die Regel: pro Unternehmen nur eine Person.
Die Liste der Top HR-Influencer 2022 ist in Personalmagazin 5/2022 erschienen. Lesen Sie das gesamte Heft auch in der Personalmagazin-App.
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