Schluss mit dem Genderwahnsinn im Recruiting

An einer Stellenanzeige mit der Überschrift "Redakteur (m/w) gesucht" nimmt heute eigentlich niemand mehr Anstoß. Inzwischen erweitern viele Personaler die Gender-Bezeichnungen aber um ein "d" für divers. Unser Kolumnist Henner Knabenreich hält das für einen übertriebenen Auswuchs der AGG-Konformität - und schlägt einen besseren Weg vor.

Wahrscheinlich sind sie Ihnen auch schon aufgefallen: Stellenanzeigen, denen sich nach der Berufsbezeichnung nun neben "m/w" ein "divers" oder "d" hinzugesellt. Auch ein "inter" wurde bereits gesichtet.

Auslöser ist ein in seinen Ausmaßen wohl vielen noch nicht bewusst erscheinendem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach neben Frau und Mann auch noch die "Intersexualität" als eigenes Geschlecht anerkannt wurde. Während es bei diesem Fall eigentlich nur um den Geburtseintrag beim Standesamt ging, haben nun viele Arbeitsrechtler und in der Folge wohl auch Personaler dass "AGG-Panik-P" vor Augen und übertragen das Urteil auch auf die Bewerberansprache. Schließlich, so die Argumentation würde der Tatbestand ja auch das im Grundgesetz verankerte Diskriminierungsverbot – und damit auch das AGG - verletzen. "Die Arbeitgeber sollten darauf achten, Personen mit einem dritten Geschlecht nicht auszuschließen", wird beispielsweise die Chefin (m/w) der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zitiert.

Eigentlich sind Berufsbezeichnungen neutral

Sprachwissenschaftler (m/w) haben mehrfach darauf verwiesen, dass Personenbezeichnungen generisch maskulin sind, also weder weiblich noch männlich. Die Bezeichnung Sachbearbeiter schließt die Sachbearbeiterin ein, der Controller die Controllerin, der Manager den Manager (eine weibliche Bezeichnung für Manager gibt es im angloamerikanischen Sprachgebrauch schlicht nicht). Und obwohl Berufsbezeichnungen von Haus also eigentlich (geschlechts-) neutral sind, zog mit dem AGG das m/w in die deutschen Personalabteilungen ein (Notiz am Rande: es ist wirklich m/w – und nicht etwa w/m). 

Gender-Bezeichnung m/w in Jobanzeigen inzwischen üblich

Seitdem wird gegendert, bis der Arzt kommt. Ob es dem Lesefluss zuträglich ist, oder es sinnvoll ist, eine Stelle als Kaufmann, Kaufmännischer Leiter oder Empfangsdame als (m/w) auszuschreiben, darüber scheint sich keiner Gedanken zu machen. Auch nicht, ob man es manchmal nicht ein wenig auf die Spitze treibt, wie bzum Beispiel die Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITiS): Hier werden nämlich Spezialisten (m/w) und kreative Köpfe gesucht, die ihr fundiertes Wissen zum Schutz der Bürger (m/w) einsetzen möchten. Steht da wirklich.

Divers oder inter als Gender-Bezeichnung in den Stellenanzeigen

Während der deutsche Personaler (m/w) also schon all die Jahre seit Einführung des AGG vor der Herausforderung stand, gesetzeskonforme Stellenanzeigen respektive Stellentitel zu gestalten, muss er nun noch eine weitere Klippe umschiffen. Nämlich die des Urteils des BVerfG. Aber es sind nicht nur die Stellenanzeigen, die Deutschlands Recruitern (m/w) schlaflose Nächte bereiten. Auch der gesamte Bewerbungsprozess ist auf den Prüfstand zu stellen. So ist bei Online-Formularen streng genommen bei der Anrede das Feld "Keine Angabe" zu ergänzen. Besser aber, man verzichtet ganz drauf oder deklariert es eben nicht als Pflichtfeld.

Gender-neutrale Ansprache der Bewerber? 

Ist damit der Drops gelutscht? Nein. Und hier zeigt sich dann auch schnell die Sinnlosigkeit der Empfehlungen der Arbeitsrechtler (m/w). Denn wie wollen Sie nun den Bewerber respektive die Bewerberin respektive… tja, da komme ich ins Stutzen… ansprechen? Denn wie reden wir nun "das dritte Geschlecht an" in der Bewerberkorrespondenz an? "Sehr geehrter Herr" oder "Sehr geehrte Frau" wäre nach der Logik der Rechtler ja ein AGG-Verstoß, weil diskriminierend. Einfach nur "Hallo"? - zu unpersönlich.

Übrigens: Auch ein Zusatz à la "Wir fördern aktiv die Gleichstellung von Frauen und Männern." gehört ab sofort der Vergangenheit an.

Geschlechtsneutrale Stellenanzeigen ohne Gender-Bezeichnung

Und nun? Meine klare Empfehlung: Entspannt euch! Schreibt eure Stellen geschlechtsneutral aus! Vergesst das m, vergesst das w, vergesst das d! Ein simples Sternchen ist die Lösung. Nicht das "Gendersternchen", Gott bewahre, nein, das Erklärsternchen: *Geschlecht egal, Hauptsache, Du passt zu uns. Bei der Aareal Bank in Wiesbaden funktioniert das schon seit Jahren, wie "HR-Artist" Sebastian Sellinat erklärt. Ohnehin scheint mir die Sternchenlösung am verträglichsten, bietet sie doch den Vorteil, dass sich das Geschlecht um weitere Aspekte wie beispielsweise die Religionszugehörigkeit ergänzen ließe. So einfach kann’s gehen!

 

Henner Knabenreich ist Geschäftsführer der Knabenreich Consult GmbH. Er berät Unternehmen bei der Optimierung ihres Arbeitgeberauftritts. Zudem ist er Initiator von  www.personalblogger.net und betreibt den Blog  personalmarketing2null.de.