E-Learning: Lernen mit Youtube

"Wenn man mit Youtube wirklich lernen kann, dann ist das Dschungelcamp Bildungsfernsehen", sagte noch vor kurzem ein kinderloser Bekannter zu mir. Welch ein Irrtum! Jetzt hat eine neue Umfrage Youtube als ernstzunehmende Lernplattform bestätigt.

Seit dem Jahr 2007 führt die amerikanische E-Learning-Pionierin Jane Hart jedes Jahr weltweit eine Umfrage unter Trainern und Beratern durch, welche Internet-Werkzeuge aus ihrer Sicht zum Lernen taugen. Gerade ist die neueste Ausgabe der "Top 200 Tools for Learning"-Liste erschienen – und auf Platz 1 steht "Youtube". Die Video-Plattform gilt unter Profis als "Schlüsselressource" für jede Art von Weiterbildung, obwohl sie ursprünglich nur als ein Schaufenster gedacht war, in das jeder seine selbstgemachten Videos hochladen kann.

Wer unter den ersten Fünf der "Top 200 Tools for Learning" ist

Um ein Gefühl für die Liste zu bekommen, seien hier noch die "Sieger" bis Platz 5 erwähnt. Auf Platz 2 landete in diesem Jahr "Google Search", die mächtigste aller Suchmaschinen, die bei sinnvoller Nutzung ein wichtiger Wegweiser zu allen nur denkbaren Lerninhalten ist. Auf Platz 3 finden wir Twitter, ein Kurznachrichtendienst, der sich zum wichtigsten Platz für das professionelle Netzwerken entwickelt hat. Berufstätige nutzen Twitter zum Beispiel, um Updates von den Meinungsführern ihrer Branche zu bekommen. Auf Platz 4 steht "Powerpoint", Microsofts Präsentationssoftware, die oft dazu benutzt wird, Lernmaterialien zu produzieren. Bleibt noch Platz 5. Er geht an Google Docs/Drive, eine Software, um alleine oder gemeinsam Dokumente im Internet zu erstellen. Google Drive ist der dazu passende Speicher in der "Wolke".

Der Aufstieg von Youtube: Lernen mit Erklär-Videos

Im Jahr 2007 erschien Harts Liste zum ersten Mal und führte Youtube auf Platz 22. Der rasante Aufstieg der heutigen Nummer Eins dürfte damit zusammenhängen, dass Youtube zu einer Suchmaschine ganz eigener Art geworden ist, die einem hilft zu jedem Thema ein (kostenloses) Erklär-Video von Profis oder Amateuren zu finden – und zwar sofort und in dem Augenblick, wenn man es braucht. Das gilt insbesondere für alle Situationen, in denen man zum ersten Mal etwas tun muss und die Abläufe noch nicht genau kennt. Youtube zeigt Abläufe von Prozessen ("Wie mache ich was genau?") und baut so Unsicherheit ab. Am "schönsten" hilft die Plattform wohl, wenn man erleben will, wie es ist, wenn die besten Musiker der Welt ein bestimmtes Musikstück spielen. Nicht nur, dass Youtube eine endlose Sammlung von Kunst ist, Anfänger können auch sehr schnell erleben, wie die höchsten Qualitätsmaßstäbe aussehen.

Auch hier gilt: Die Spreu vom Weizen trennen

Der gesunde Menschenverstand sollte jedem Trainer und Personalentwickler sagen, dass es nicht ausreicht, einem Ratsuchenden "Such auf Youtube, die ganze Welt lernt dort!" zuzurufen. Wie bei jedem Tool kommt es darauf an, dass die Lerner (am Anfang) begleitet werden und jemand da ist, der Fragen beantworten kann und hilft, nützliche von unnützen Videos zu unterscheiden. Das gilt umso mehr in einem beruflichen Kontext. Die Gefahr, seine Zeit mit billigem Entertainment zu verplempern, ist auch bei Youtube groß. Da sind wir wieder bei der alten Weisheit, dass E-Learner nicht alleine gelassen werden dürfen, sondern begleitet werden müssen. Bislang mangelt es noch an Ratgebern, wie man etwas wirklich Sinnvolles auf Youtube findet, wann Zusatzmaterial zu einem Video und interaktive Diskussionen über ein Video wichtig sind und wann es sich zum Beispiel lohnt, für Youtube-Tutorials Geld zu bezahlen. Die Nummer-1-Position des Videokanals sollte alle Weiterbildungsprofessional dazu ermuntern, "Tipps zum Lernen mit Youtube" zu ihrem Thema zu machen.

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