Deutsche Telekom: Büros als Ausnahme von Remote Work

Das Geschäftsmodell der Deutschen Telekom ist Kommunikation und Vernetzung, sodass Remote Work zum Business des Unternehmens gehört. Birgit Bohle, Personalvorständin des Unternehmens, sieht in der Anwesenheit im Büro keinen Sinn mehr, gleichwohl bleiben Büros wichtige Orte der Begegnung.

Personalmagazin: Wie viele Unternehmen steht die Telekom an der Schwelle vom Pandemiemodus zum neuen Normal. Wo sehen Sie die Telekom in fünf Jahren?

Birgit Bohle: Ich glaube, dass wir in einen gut eingeschwungenen Modus gekommen sein werden, in dem das Beste aus beiden Welten zusammenkommt. Unsere Büros werden wichtige Orte der Begegnung, Zugehörigkeit und Identität bleiben, Remote-Arbeit ein etablierter Bestandteil des hybriden Arbeitsalltags werden. Vermutlich wird es in einzelnen Bereichen auch Remote-Only-Arbeitsmodelle geben, so zum Beispiel bei den hochumkämpften digitalen Talenten, von denen viele nicht mehr im klassischen Büro arbeiten möchten. Das bedeutet: Wir werden ein globales Sourcing betreiben und diesen Talenten folgen müssen, um sie rekrutieren zu können. Die Telekom als Mannschaft wird in fünf Jahren daher insgesamt noch ein Stückchen internationaler geworden sein. Mein Ziel lautet, dass es dann keine physische oder virtuelle, sondern eine integrierte Telekom-Kultur gibt.

Die Telekom als Mannschaft wird in fünf Jahren daher insgesamt noch ein Stückchen internationaler geworden sein. Mein Ziel lautet, dass es dann keine physische oder virtuelle, sondern eine integrierte Telekom-Kultur gibt. - Birgit Bohle

Personalmagazin: Lassen Sie uns am Alltag der Telekom teilhaben: Welche Arbeitsmodelle gab und gibt es aktuell bei Ihnen?

Bohle: Für unsere Servicecenter haben wir das 3-2-Modell vereinbart, bei dem die Mitarbeitenden drei Tage im Servicecenter, zwei Tage remote arbeiten. Bei T-Systems hingegen haben wir ein Activity-Based-Working-Konzept, das sich an den Bedürfnissen der Kundschaft orientiert. Wenn diese uns vor Ort braucht, sind wir dort. Wenn aber keine Vor-Ort-Kundenbetreuung ansteht, können die Mitarbeitenden sowohl remote als auch im Büro arbeiten. Wir sagen aber auch: Das Menschliche, Kultur und Identität, das Onboarding von Mitarbeitenden und Teambuilding oder auch schwierige Gespräche finden ihre Grenzen in Remote Work. Deshalb ist es uns wichtig, dass wir auch weiterhin regelmäßig zusammenkommen. Die Beziehungsakkus sind ja alle ein bisschen leerer geworden und müssen jetzt wieder aufgeladen werden.

Deutsche Telekom: Büros werden zu Orten der bewussten Begegnung

Personalmagazin: Das bedeutet: Anwesenheit muss bei der Telekom neu ausgehandelt werden. Präsenz an sich ist kein Purpose mehr, sondern bekommt eine neue Deutung.

Bohle: Definitiv. Das Büro hat sein Monopol auf den Arbeitsplatz verloren. Und die Mitarbeitenden gehen damit meist sehr rational um: Wenn sie sich auch per Webex in ein Meeting einwählen können, möchten sie heute vielleicht nicht mehr extra ins Büro fahren. Es sei denn, die Teams haben vereinbart, ihre Meetings in Präsenz zu machen. Solche Aushandlungsprozesse erleben wir gerade. Büros werden damit zusehends zu Orten der Begegnung.

Personalmagazin: Wie gehen Ihre Führungskräfte damit um? Gerade im Servicebereich dürfte dieser Aushandlungsprozess gar nicht so trivial sein.

Bohle: Wir haben klar gesagt, dass dieser Prozess Aufgabe der Führungskräfte ist. Denn wenn wir an aktivitätenbasiertes Arbeiten glauben, können wir schlecht aus der Unternehmenszentrale verordnen, wo dieses stattzufinden hat. Wir haben uns daher bewusst dagegen entschieden, einen engen Rahmen vorzugeben.

Mehr Kollaborationsflächen und modernste Meeting-Technologien

Personalmagazin: War die Pandemie in gewisser Form auch ein Lernkatalysator für die Telekom?

Bohle: Natürlich haben wir enorme Fortschritte im Umgang mit digitalen Tools gemacht: Anfangs mussten einige erst noch lernen, sich unfallfrei in eine Webex einzuwählen oder sich stumm zu schalten, wenn sie sich gerade nicht beteiligten. Heute geht es um anspruchsvollere Themen wie Kreativ-Workshops mit Miro. Die Professionalität im Umgang mit digitalen Arbeitstools hat enorm zugenommen. Gleichzeitig ist die Zufriedenheit mit digitalen Kollaborationen und digitalen Tools auf rund 86 Prozent gestiegen. Das heißt: Während der Pandemie haben wir uns um 18 Prozentpunkte verbessert.

Personalmagazin: Was bedeutet das alles für die Veränderung des Büros bei der Telekom in physischer Hinsicht?

Bohle: Ich hatte ja über das Beste aus beiden Welten und das Büro als Ort der Begegnung gesprochen. Dafür haben wir in einige Flächen deutlich investiert, den Anteil der Kollaborationsflächen erhöht und unsere Meetingräume mit modernster Technologie ausgestattet. Aktuell prüfen wir, wie wir diesen Ort der Begegnung weiter stärken können. Wir sagen aber auch ganz klar, dass es Aufgabe der Führungskräfte ist, Begegnungsanlässe zu kreieren.

Gleichzeitig ist die Zufriedenheit mit digitalen Kollaborationen und digitalen Tools auf rund 86 Prozent gestiegen. Das heißt: Während der Pandemie haben wir uns um 18 Prozentpunkte verbessert. - Birgit Bohle

Personalmagazin: Früher hieß es: Beruf ist Beruf, und Privatleben ist Privatleben. Im neuen Normal tun sich viele Führungskräfte schwer, weil Konflikte ins Privatleben der Mitarbeitenden hinüberschwappen.

Bohle: Zunächst einmal ist die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine große Chance von Remote-Arbeit. Aber in der Tat werden Führungskräfte vermehrt mit privaten Anliegen konfrontiert und das macht es manchmal auch schwerer. Gleichzeitig gehört diese Ambiguität zu einem menschenzentrierten Führen dazu. Ich finde, im Großen und Ganzen haben unsere Führungskräfte das richtig gut gemacht. Wir müssen jetzt in der Organisation wieder stärker aufs große Ganze einschwenken und auch klarmachen: Es kommt nicht nur auf den Einzelnen isoliert an, sondern vor allem auf seine oder ihre Rolle im Teamgefüge. Das Team steht im Vordergrund.


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