Mobiles Arbeiten: Auswirkungen auf die Gesundheit Infografik

Welche gesundheitlichen Auswirkungen haben mobile und hybride Arbeitsmodelle? Und wie können Mitarbeitende, Führungskräfte und Unternehmen diesen begegnen? Empirische Einblicke in den Status Quo gibt die Konstanzer Homeoffice-Studie.

Durch die Coronapandemie hat das mobile Arbeiten in Deutschland einen ungeahnten Boom erlebt. Viele Unternehmen planen mobile Arbeitsmodelle weiter zu etablieren, weil es scheinber wenig negative Auswirkungen auf die Produktivität gibt. Eine weitere wichtige Dimension bei der Transformation zu einer hybriden Arbeitswelt ist aber die Gesundheit der Mitarbeitenden.

Rückenprobleme, Entgrenzung, Präsentismus: Gesundheitliche Auswirkung von hybriden Arbeitsmodellen

Hybride und digitale Arbeitsmodelle bringen verschiedene Spannungsfelder bezüglich der Gesundheit am Arbeitsplatz mit sich, wie beispielsweise die ergonomische Ausstattung im Homeoffice, verschwimmende Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben oder auch Präsentismusverhalten, das heißt, Arbeiten trotz Krankheit. Die Frage ist deshalb, ob es gesundheitliche Konsequenzen von zunehmender mobiler Arbeit gibt und wie Mitarbeitende, Führungskräfte und Unternehmen diesen begegnen können.

Konstanzer Homeoffice-Studie als Datengrundlage

In einem Forschungsprojekt am Lehrstuhl für Organisational Behavior an der Universität Konstanz unter Leitung von Prof. Dr. Florian Kunze untersuchen wir die Veränderung der Arbeitswelt seit Beginn der Pandemie im März 2020 durch eine fortlaufende Befragung. Hierbei wird eine Stichprobe der Erwerbsbevölkerung regelmäßig zu ihrer Arbeitssituation während der Pandemie und besonders zur Transformation hin zu einer hybriden Arbeitswelt befragt (alle Infos und Studienergebnisse finden sich auf diesen Internetseiten der Universität Konstanz und auch in einer aktuellen Buchpublikation von Kunze, Hampel & Zimmermann, 2021). Die Erhebungen werden durch den Onlinedienstleister Respondi durchgeführt. In diesem Beitrag möchten wir unsere Ergebnisse aus einer Erhebung Anfang April 2022 zur Gesundheit beim mobilen Arbeiten vorstellen, an der sich 448 Beschäftigte beteiligt haben. Wir betrachten zum einen, wie Unternehmen für die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden in der mobilen Arbeit Sorge tragen, und zum anderen, wie Mitarbeitende selbst auf ihre eigene Gesundheit in der mobilen Arbeit achten.

Wie sorgen Unternehmen für die Gesundheit ihrer mobil arbeitenden Beschäftigten?

Unsere Ergebnisse zeigen, dass Unternehmen die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden bei der mobilen Arbeit noch besser unterstützen könnten. Nur 21 Prozent der  Befragten gaben an, Schulungen zum gesunden Arbeiten im Homeoffice vom Arbeitgeber erhalten zu haben. Außerdem berichtete weniger als ein Drittel der Befragten, dass sie vom Arbeitgeber einen ergonomischen Schreibtisch (10 Prozent) oder einen ergonomischen Schreibtischstuhl (19 Prozent) erhalten haben. Was allerdings besser zu funktionieren scheint, ist die Bereitstellung von Bildschirmen und Headsets, was über die Hälfte der Befragten angab. Diese Ergebnisse zeigen, dass Unternehmen und Führungskräfte die ergonomische Ausstattung für ein gesundes mobiles Arbeiten noch deutlich verbessern könnten und insbesondere Mitarbeitende durch Schulungen besser befähigen könnten, auf ihre Gesundheit bei der mobilen Arbeit zu achten.

Wie achten Mitarbeitende selbst auf ihre Gesundheit bei der mobilen Arbeit?

Regelmäßige Pausen scheinen auch bei der mobilen Arbeit eingehalten zu werden, wie 58 Prozent der Befragten berichten. Allerdings wechselt nur knapp über ein Drittel (36 Prozent) häufig zwischen stehender und sitzender Haltung – was mit dem Ergebnis zur Bereitstellung von ergonomischen Schreibtischen übereinstimmt. Nur wenige Mitarbeitende scheinen im Homeoffice die Möglichkeit zu haben, den Schreibtisch in der Höhe zu verstellen. Der Wechsel zu einer stehenden Haltung trägt jedoch zur Gesundheit am Arbeitsplatz bei, denn stehendes Arbeiten entlastet die Wirbelsäule und trainiert gleichzeitig das Herz-Kreislauf-System sowie die Bein- und Rückenmuskulatur. (Lesen Sie dazu auch: Homeoffice: weniger Stress, aber mehr "Rücken").

Entgrenzung von Arbeit und Privatleben: Spannungsfeld zwischen Flexibilität und Überlastung

Interessant ist außerdem das Ergebnis zur Frage, ob man durch die Arbeit im Homeoffice auch häufiger außerhalb der regulären Arbeitszeiten (zum Beispiel am Abend oder am Wochenende) arbeitet. Hier ist das Ergebnis gespalten: 40 Prozent der Befragten berichten von zunehmender Arbeit am Abend und am Wochenende, bei ebenfalls 40 Prozent ist dies nicht der Fall. Die Möglichkeit, außerhalb der regulären Arbeitszeiten zu arbeiten, kann für viele eine große Flexibilität bedeuten, die Arbeit besser mit persönlichen und familiären Bedürfnissen zu vereinbaren, was zu weniger Stress und Erschöpfung führen kann. Bedeutet Arbeiten außerhalb der regulären Arbeitszeiten allerdings in der Summe mehr Arbeitsstunden, kann das auf Dauer gesundheitsschädigend sein. Eine große Herausforderung von mobil Arbeitenden besteht daher darin, Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben bewusst zu gestalten und einen Abschluss der Arbeit zu finden. Hier hilft das Schaffen von zeitlichen Routinen und Ritualen, die den Wechsel zwischen Arbeit und Privat erleichtern.

Steigender Präsentismus durch mobiles Arbeiten

Schließlich haben wir untersucht, ob Homeoffice zu mehr Präsentismus, das heißt zum Arbeiten trotz Krankheit, führt. Tatsächlich gaben mehr als 70 Prozent der Befragten an, dass dies in den letzten 12 Monaten mindestens einmal der Fall war, was ein deutliches Warnsignal sein sollte, besser auf die Gesundheit bei der mobilen Arbeit zu achten. In einer repräsentativen Studie in Deutschland im Jahr 2012, also vor der Coronapandemie, berichteten nur 55 Prozent der Befragten, dass sie in den vergangenen 12 Monaten mindestens einmal Präsentismus gezeigt haben (Hirsch, Lechmann, & Schnabel, 2017). Die Auswirkungen von Präsentismus auf die Gesundheit zeigen sich im Kern darin, dass Präsentismus mit hoher Wahrscheinlichkeit zu späteren Beschwerden und Krankschreibungen führt und darüber hinaus die Arbeitsfähigkeit einschränkt. (Lesen Sie dazu auch: Präsentismus – Krank zur Arbeit).

Fazit: Gesundheit von mobil Arbeitenden stärker in den Blick nehmen

Sowohl Unternehmen als auch Mitarbeitende selbst achten auf gesundes, mobiles Arbeiten – zumindest bei leicht umsetzbaren Maßnahmen. Mitarbeitende bekommen größtenteils Headsets und Bildschirme vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt und machen regelmäßig Pausen beim mobilen Arbeiten. Für Unternehmen und Führungskräfte kommt es jetzt darauf an, gesundheitsfördernde Maßnahmen in die Wege zu leiten, die etwas mehr Anstrengung benötigen, wie beispielsweise mobil Arbeitende mit ergonomisch geeigneten Schreibtischmöbeln auszustatten und eine Schulung zum gesunden mobilen Arbeiten anzubieten. Die Schulung sollte dazu dienen, mobil Arbeitende stärker für ihre Gesundheit zu sensibilisieren und eine Kultur für eine gesunde mobile Arbeitswelt zu etablieren. Mitarbeitende sollten lernen, bewusst ihre Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zu gestalten und Präsentismusverhalten konsequent zu vermeiden.


Literatur:

Kunze, F., Hampel, K., Zimmermann, S. (2021). Homeoffice und mobile Arbeit? Frag doch einfach. UTB Verlag, Stuttgart.

Hirsch, B., Lechmann, D. S., & Schnabel, C. (2017). Coming to work while sick: An economic theory of presenteeism with an application to German data. Oxford Economic Papers, 69(4), 1010-1031.


Das könnte Sie auch interessieren:

Gesund in der hybriden Welt

Die Hybrid-Work-Transformation jetzt gestalten

Konstanzer Homeoffice-Studie: Meetingkultur auf dem Weg in die hybride Arbeitswelt