Arbeitsmarktintegration: Erwerbstätigkeit von Geflüchteten

Mit wachsender Aufenthaltsdauer steigt die Erwerbstätigkeitsquote von geflüchteten Menschen deutlich an. Gut jeder zweite Geflüchtete ist nach sechs Jahren in Deutschland erwerbstätig. Allerdings gibt es einen großen Unterschied zwischen den Geschlechtern.

Anders als Migrantinnen und Migranten, die auf Basis des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes nach Deutschland kommen (so genannte Erwerbsmigration), haben es geflüchtete Menschen deutlich schwerer, auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Dies liegt unter anderen daran, dass Geflüchtete häufig zunächst gar keine Berechtigung haben, in Deutschland eine Arbeit aufzunehmen.

Nach rund sechs Jahren sind die Hälfte der Geflüchteten erwerbstätig

Mit wachsender Aufenthaltsdauer steigt die Erwerbstätigkeitsquote jedoch deutlich an. 54 Prozent der Geflüchteten mit einer Aufenthaltsdauer von sechs Jahren sind erwerbstätig. Davon arbeiten zwei Drittel in Vollzeit und 70 Prozent üben eine qualifizierte Berufstätigkeit aus. Allerdings sind unter denjenigen, die sich seit sechs Jahren in Deutschland aufhalten, immer noch 41 Prozent unterhalb ihres Tätigkeitsniveaus vor dem Zuzug beschäftigt, 12 Prozent oberhalb. Das zeigen Analysen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Die Studie beruht auf Paneldaten der IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten.

Geflüchtete erzielen niedrigere Stundenlöhne als der Durchschnitt der Beschäftigten

65 Prozent der erwerbstätigen Geflüchteten, die seit sechs Jahren in Deutschland sind, arbeiten in Vollzeit, während es im Durchschnitt aller Erwerbstätigen in Deutschland 62 Prozent sind. Das mittlere Bruttomonatsentgelt der vollzeiterwerbstätigen Geflüchteten steigt von 1.660 Euro in den ersten beiden Jahren nach Ankunft auf 2.037 Euro im sechsten Jahr. 

"Geflüchtete haben zum einen die Wochenarbeitszeit erhöht und zum anderen können sie einen höheren Stundenverdienst erzielen. Allerdings verdienen Geflüchtete nach wie vor deutlich weniger pro Stunde als der Durchschnitt der Beschäftigten", erklärt Herbert Brücker, Leiter des IAB-Forschungsbereichs "Migration, Integration und internationale Arbeitsmarktforschung". Die mittleren Bruttomonatsverdienste von vollzeiterwerbstätigen Geflüchteten liegen sechs Jahre nach der Ankunft bei 60 Prozent der mittleren Bruttomonatsverdienste von Vollzeiterwerbstätigen in Deutschland. Dabei spielt das geringe Durchschnittsalter der Geflüchteten eine Rolle. So erreichen die 18- bis 25-jährigen Geflüchteten 74 Prozent der mittleren Verdienste ihrer Altersgruppe im Bevölkerungsdurchschnitt.

Erwerbstätigenquote von Geflüchteten: Frauen stehen deutlich schlechter da

Zwischen den Geschlechtern zeichnet sich immer noch ein erhebliches Gefälle ab. Während 67 Prozent der männlichen Geflüchteten sechs Jahren nach der Ankunft erwerbstätig sind, sind es bei Frauen 23 Prozent. Hier spielen die Betreuung von Kindern, aber auch Bildung und Berufserfahrung im Herkunftsland und die Teilnahme an Sprach- und Arbeitsmarktprogrammen in Deutschland eine Rolle. Acht Jahre nach Zuzug steigt die Erwerbstätigkeitsquote von Frauen immerhin auf 39 Prozent.

Beschäftigung von Geflüchteten als Potenzial gegen Fachkräftemangel

Der Zugang zum Arbeitsmarkt gilt als wesentlicher Faktor für Integration. Während geflüchtete Menschen so die Möglichkeit erhalten, die deutsche Sprache zu erlernen, eine finanzieller Grundlage für ihren Lebensunterhalt zu erlangen, soziale Kontakte zu knüpfen und ihre fachlichen Kompetenzen einzubringen und auszubauen, bietet die Intergration Unternehmen die Chance, dem Fachkräftemangel zu begegnen und Diversität im Unternehmen zu fördern. 62 Prozent der Unternehmen in Deutschland sehen in der Einstellung Geflüchteter die Chance, den Arbeits- und Fachkräftemangel im eigenen Betrieb zu verringern. Das geht aus einer Befragung der Bundesagentur für Arbeit in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Personalführung hervor.

44 Prozent der befragten Unternehmen setzen sich nach eigener Aussage dementsprechend intensiv damit auseinander, wie sie Geflüchtete mit geringen Deutschkenntnisse einstellen können. Als primäre Voraussetzung betrachten sie den Abbau von Sprachbarrieren - gemeint sind damit nicht nur Sprachkenntnisse, sondern z. B. auch die Übersetzung behörderlicher Unterlagen, der Zugang zu Dolmetscherdiensten und Arbeitsverträge in der jeweiligen Muttersprache. Die bedeutendste Herausforderung bei der Integration von Geflüchteten sehen die Unternehmen in den Bereichen Sprache (91 Prozent), Schwierigkeiten mit Behörden (63 Prozent), komplizierte Verfahren (58 Prozent) und hoher Betreuungsaufwand (55 Prozent).

Mehr Menschen mit Migrationshintergrund könnten arbeiten

Insgesamt könnten noch deutlich mehr Menschen mit Migrationshintergrund arbeiten und damit zur Lösung des Fachkräftemangel beitragen. Da die rund 24 Millionen Menschen mit ausländischen Wurzeln in Deutschland im Schnitt relativ jung seien, könnten gerade unter ihnen mehr Arbeitskräfte gewonnen werden, wie aus einer Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) in Wiesbaden hervorgeht. Datengrundlage für diese Studie ist der Mikrozensus.

Um diese Chancen zu nutzen, müsse die Integration von Bürgern mit ausländischen Wurzeln "in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt, den Spracherwerb sowie den Zugang zu frühkindlicher, schulischer und beruflicher Bildung" aktiv gefördert und nachhaltig gestaltet werden. Beispielsweise könnten die Mütter bei mehr Kitabesuch ihrer Kinder entlastet und so ihr Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert werden. Bislang gehen Mädchen und Jungen mit ausländischen Wurzeln unter drei Jahren den Angaben zufolge seltener in Kindergärten als Gleichaltrige ohne Migrationshintergrund.

Bildungsniveau von Menschen mit Migrationshintergrund steigt, hinkt aber immer noch hinterher

Bei 15-Jährigen zeigt sich demnach ein Trend zu höheren Schulabschlüssen. Von 2013 bis 2022 sei der Anteil von Gymnasiastinnen mit Migrationshintergrund von 30 auf 38 Prozent gestiegen. Bei gleichaltrigen Mädchen ohne ausländische Wurzeln habe diese Quote 2022 mit 47 Prozent aber deutlich höher gelegen. Ähnliche Unterschiede zeigten sich bei 15 Jahre alten Jungen, wenn auch auf niedrigerem Niveau.

Unter den 25-Jährigen mit Migrationshintergrund gibt es der Studie zufolge auch eine steigende Zahl mit dem Abitur in der Tasche. 2022 hatten 46 Prozent der Männer unter ihnen und 59 Prozent der Frauen Abitur. Im Vergleich zu 2013 war der Anteil dieser Männer damit um 6 Prozentpunkte und derjenige der Frauen um 10 Punkte gestiegen. Gleichaltrige beider Geschlechter ohne ausländische Wurzeln kamen indes noch immer auf einen fast zehn Punkte höheren Anteil.

Zunehmende Zahl von Migranten ohne Schulabschluss

Gleichzeitig gibt es aber unter Migrantinnen und Migranten auch eine zunehmende Zahl von Menschen ohne Schulabschluss. Während 2022 bei den 25-Jährigen ohne Migrationshintergrund laut BiB nur 3 Prozent der Männer und 2 Prozent der Frauen ohne Schulabschluss waren, lagen bei Gleichaltrigen mit ausländischen Wurzeln die Vergleichswerte mit 12 Prozent (Männer) und 10 Prozent (Frauen) deutlich höher. 2013 hatte diese Quote in beiden Gruppen laut der Studie noch jeweils 6 Prozent betragen.


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