Bei außerhalb des Arbeitsverhältnisses begangenen Straftaten gilt der Grundsatz:

 
Wichtig

"Der Arbeitgeber ist nicht Sittenwächter des Arbeitnehmers."

Deshalb liegt in solchen Fällen ein "wichtiger Grund an sich" allenfalls vor, wenn die Tat konkreten Einfluss auf das Arbeitsverhältnis hat und dieses negativ beeinträchtigt. Das ist der Fall, wenn die Straftat die Arbeitsleistung verschlechtert oder Verfehlungen des Arbeitnehmers Zweifel an seiner grundsätzlichen Eignung für den ausgeübten Beruf aufkommen lassen. Besonders strenge Anforderungen sind an das Vorliegen eines wichtigen Grundes für eine fristlose Kündigung zu stellen, wenn sich die Straftat im Privatleben des Arbeitnehmers ereignet.

 
Praxis-Beispiel

Fälle fristloser Kündigungen

  • Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung nach § 626 BGB kommt in Betracht, wenn Arbeitnehmer, die beruflich mit Geld oder Vermögenswerten umgehen, im Zusammenhang mit Vermögensdelikten straffällig werden, z. B. Buchhalter, Kassierer, Lagerverwalter, Geldboten. Nicht ausreichend soll sein, wenn ein Arbeitnehmer einer Bank durch Verschuldung oder Spielbankbesuche auffällt.[1] Richtigerweise wird es auf die Stellung in der Bank und den Grad der Unzuverlässigkeit ankommen. Die fristlose Kündigung der Leiterin IT/Organisation einer Bank, die außerdienstlich gegen Vorschriften der Geldwäscheprävention verstößt, kann daher gerechtfertigt sein.[2]
  • Bei pädagogischem Personal (Lehrer, Jugendtrainer, Erzieher) sind insbesondere Sittlichkeit- und Körperverletzungsdelikte kündigungsrelevant.[3]
  • Ein ausreichender Bezug zum Arbeitsverhältnis und deshalb ein wichtiger Grund liegt auch vor, wenn im Privatbereich eine Kollegin (ehemalige Ehefrau) mit einem Messer attackiert wird und deshalb wegen Angstzuständen in Behandlung muss.[4]
  • Zudem liegt ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vor, wenn ein Arbeitnehmer einen volksverhetzenden Kommentar auf Facebook postet und der Arbeitgeber im öffentlich zugänglichen Profil identifizierbar angegeben ist.[5]
  • Auch eine schwerwiegende Verkehrsstraftat eines Kraftfahrers oder eine Trunkenheitsfahrt eines Sportwagenverkäufers mit einer Vielzahl von Verkehrsverstößen kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen.[6]
  • Manipuliert der Arbeitnehmer zur Hinterziehung von Steuern und Sozialabgaben Rechnungen, liegt ebenfalls ein wichtiger Grund an sich für eine fristlose Kündigung vor, selbst wenn die Manipulation auf Anweisung des unmittelbaren Vorgesetzten vorgenommen wurde.[7]
  • Die Herstellung und der Besitz von verbotenen chemischen Betäubungsmitteln rechtfertigen ohne Bezug zum Arbeitsverhältnis keine Zweifel an der Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit eines als Chemielaborant beschäftigten Arbeitnehmers.[8]

Bei Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, die unter den TVöD fallen, gibt es keine besonderen, über die in der Privatwirtschaft hinausgehenden besonderen Verhaltenspflichten mehr.[9] Etwas anderes gilt wegen § 41 Satz 2 TVöD-BT-V bei hoheitlich tätigen Angestellten des öffentlichen Dienstes.

 
Praxis-Beispiel

Fälle fristloser Kündigungen im öffentlichen Dienst

  • Bei einem Angestellten einer Finanzbehörde, kann eine Steuerhinterziehung in erheblicher Höhe (im entschiedenen Fall: 33.000 EUR) selbst dann einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darstellen, wenn sich dieser nach § 371 AO selbst angezeigt hat, weil die Selbstanzeige den Vorgang nicht den arbeitsrechtlichen Unrechtsgehalt nimmt.[10]
  • Auch ein vorsätzliches Tötungsdelikt, das ein im öffentlichen Dienst beschäftigter Angestellter außerhalb des Arbeitsverhältnisses begeht, berechtigt den Arbeitgeber zur außerordentlichen Kündigung, selbst wenn durch die Straftat keine konkret messbare Anschlussschädigung des Arbeitgebers nachweisbar ist. Den Staat trifft diesbezüglich eine Schutzpflicht.[11]
  • Ein ausreichender Arbeitsplatzbezug ist auch gegeben, wenn das Delikt (Aufbruch eines Zigarettenautomaten) mit Werkzeugen des öffentlichen Arbeitgebers begangen wird.[12]
  • Kein wichtiger Grund soll dagegen vorliegen, wenn ein Personalsachbearbeiter im Polizeipräsidium wegen Besitz von kinderpornographischen Schriften verurteilt wird und kein Arbeitsplatzbezug vorliegt.[13]
  • Zudem liegt kein Kündigungsgrund vor, wenn ein U-Bahn-Fahrer wegen Volltrunkenheit im Straßenverkehr seinen Führerschein verliert.[14]

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