LAG Hamm: Kündigung wegen außerdienstlichen Fehlverhaltens

Nicht jedes außerdienstliche Fehlverhalten von Beschäftigten berechtigt den Arbeitgeber zur Kündigung. Im konkreten Fall entschied das LAG Hamm, dass die außerordentliche Kündigung eines Mobilfunkshop-Mitarbeiters, der Gehaltsabrechnungen verfälschte, rechtmäßig war.

Wie Arbeitgeber richtig auf das Fehlverhalten ihrer Mitarbeitenden reagieren, beschäftigt die Gerichte immer wieder. Auch Straftaten, die Mitarbeitende außerhalb des Unternehmens verüben, können die Eignung des Arbeitnehmers für die vertraglich geschuldete Tätigkeit in Frage stellen. Im vorliegenden Fall hatte sich die Polizei im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens an den Arbeitgeber gewandt und sich nach den Gehaltsabrechnungen des Mitarbeiters erkundigt. Diese sollte er für Kreditanfragen verfälscht haben, um seine Bonität vorzutäuschen. Die Klage des Mitarbeiters gegen seine fristlose Kündigung hatte vor dem LAG Hamm keinen Erfolg.

Arbeitnehmer trickst und verfälscht Gehaltsunterlagen bei Kreditanfragen

Der Arbeitnehmer mit kaufmännischer Ausbildung war seit 2016 in einem Mobilfunkunternehmen als Kundenberater in einem Shop tätig. Seine Tätigkeit lag in der Vermittlung und dem Abschluss von Mobilfunkverträgen mit Kunden. Seine monatliche Vergütung bestand aus einem Fixum und Provisionsbestandteilen. Seit 2017 erhielt er ein monatliches Fixum von 1.500 Euro brutto. Zusammen mit schwankenden Verkaufs- und Bestandsprovisionen erzielte er ein durchschnittliches Monatseinkommen in Höhe von rund 2.500 Euro brutto.

Ermittlungsverfahren gegen Arbeitnehmer wegen Betrugsverdachts

Um ein Wohngebäude zu erwerben und den Kauf zu finanzieren, hatte der Mitarbeiter Ende des Jahres 2017 Abrechnungen über die Monate Oktober bis Dezember 2017 vorgelegt, die ein monatliches Festgehalt in Höhe von 4.440 Euro brutto auswiesen. Ihm wurde vorgeworfen, die Abrechnungen gefälscht zu haben und weitere falsche Angaben gemacht zu haben, um an die Kreditverträge zu kommen.

Arbeitgeber kündigt fristlos wegen außerdienstlichem Fehlverhalten

Der Shopleiter konfrontierte den Arbeitnehmer am Arbeitsplatz mit dem Vorwurf der Fälschung von Lohnabrechnungen, was dieser jedoch bestritt. Daraufhin wurde er mit sofortiger Wirkung freigestellt und das Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt. Aus Sicht des Arbeitgebers sei eine weitere Beschäftigung im Shop nicht länger möglich, da der Arbeitnehmer mit der Prüfung von persönlichen Kundendaten sowie der Verantwortung für hochpreisige Smartphones betraut sei.

Arbeitnehmer wehrt sich mit Kündigungsschutzklage

Der Arbeitnehmer wehrte sich vor Gericht gegen seine Kündigung. Er gab vor, dass die Fälschung der Abrechnungen ohne seine Beteiligung, sein Wissen oder seine Billigung durch eine andere Person erfolgt sei. Selbst wenn er beteiligt gewesen sein sollte, liege in der Verwendung der verfälschten Lohnabrechnungen für außerdienstliche Zwecke keine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten.

LAG Hamm: Fristlose Kündigung erfolgte aus wichtigem Grund

Das LAG Hamm entschied, dass die fristlose Kündigung des Shop-Mitarbeiters rechtmäßig erfolgte. Außerdienstlich begangene Straftaten könnten bekanntermaßen das Arbeitsverhältnis belasten, wenn sie bei objektiver Betrachtung ernsthafte Zweifel an der Eignung des Arbeitnehmers für seine Tätigkeit begründen. Dies setze voraus, dass das außerdienstliche Verhalten das Arbeitsverhältnis konkret berührt, etwa im Kontext der Arbeitsleistung oder aber im Bereich des personalen Vertrauens. So verhielt es sich im konkreten Fall, urteilten die Richter.

Betrug stellt Eignung des Mitarbeiters in Frage

Für das Gericht war es unstreitig, dass der Mitarbeiter bei den Kreditanfragen zur Immobilienfinanzierung falsche Angaben zu den Einkommensverhältnissen gemacht hat und mehrere gefälschte Lohnabrechnungen vorlegte, um den Kreditgeber bewusst über seine Bonität zu täuschen.

Dieses außerdienstliche Fehlverhalten stellt aus Sicht des LAG Hamm seine Eignung als Kundenberater nachhaltig in Frage. Als kaufmännischer Angestellter gehöre es zu seinen Arbeitsaufgaben, mit Kunden Vertragsgespräche zu führen, Vertragsmodalitäten zu erläutern, deren Identität und Daten korrekt zu erfassen und darüber letztlich - über die Provisionsleitung auch zum eigenen Vorteil - Vertragsabschlüsse zu genieren. Dabei müsse er sich seriös, rücksichtsvoll und gesetzeskonform verhalten. Genau diese Pflichten habe der Mitarbeiter bei seiner Kreditanfrage aus wirtschaftlichem Eigennutz grob verletzt.

Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht

Nach Auffassung des Gerichts fehlte es dem Arbeitnehmer durch sein Fehlverhalten damit nicht nur nachhaltig an der persönlichen Eignung für seine derzeitige Tätigkeit, durch das Verfälschen der Entgeltabrechnungen aus dem Arbeitsverhältnis habe er auch seine Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB schuldhaft verletzt.


Hinweis: LAG Hamm, Urteil vom 19. August 2021, Az: 8 Sa 1671/19; Vorinstanz: Arbeitsgericht Bielefeld, Urteil vom 11. September 2019, Az: 6 Ca 326/19


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