Rz. 44

Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Bescheinigung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG angegeben, ist insbesondere der privat versicherte Arbeitnehmer[1] verpflichtet, eine neue Bescheinigung vorzulegen (sogenannte Folgebescheinigung). Dies gilt auch, wenn der 6-wöchige Entgeltfortzahlungszeitraum des § 3 Abs. 1 EFZG abgelaufen ist. Hinsichtlich Form und Inhalt dieser Bescheinigung wird ohne Weiteres an die Voraussetzungen einer Bescheinigung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG angeknüpft werden können. Wesentlich schwieriger gestaltet sich die Frage, wann die Folgebescheinigung dem Arbeitgeber vorliegen muss. Das Gesetz sagt dazu nichts. Es bietet sich aber an, die Regelungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 bis 3 EFZG analog anzuwenden.[2]

Der Arbeitnehmer ist deshalb zunächst verpflichtet, unverzüglich mitzuteilen, dass die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit länger dauern wird, sobald ihm dies selbst bekannt ist (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG analog). Sodann muss die Folgebescheinigung spätestens am 4. Tag nach dem ursprünglich bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit vorliegen, § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG analog.

 
Praxis-Beispiel

Der privat krankenversicherte Arbeitnehmer hat eine Erstbescheinigung vorgelegt, die eine voraussichtliche Arbeitsunfähigkeit bis 1.4. bescheinigt. Am 2.4. muss er dem Arbeitgeber in den ersten Betriebsstunden ("unverzüglich") die fortdauernde Arbeitsunfähigkeit anzeigen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG analog). Die Folgebescheinigung muss dann am 5.4. vorliegen. Handelt es sich beim 5.4. um einen (betriebsüblich arbeitsfreien) Samstag oder Sonntag, ist es ausreichend, wenn die Folgebescheinigung am nächsten Arbeitstag und damit Montag, den 8.4., vorliegt.

Der Auffassung, die Folgebescheinigung müsse analog § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG unverzüglich vorgelegt werden[3], kann nicht gefolgt werden.[4] Dies dürfte bereits deshalb zu verneinen sein, weil nicht erkennbar ist, weshalb die Vorlage der Folgebescheinigung, also einer Bescheinigung i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG, sich nach der Frist der in § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG geregelten Mitteilungspflicht richten soll. Auch eine Pflicht zur Vorlage der Folgebescheinigung zu dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitnehmer die Arbeit wieder hätte antreten sollen, bzw. jedenfalls im Lauf dieses Arbeitstages[5], ist nicht mit Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung in Einklang zu bringen: Sie würde den Arbeitnehmer zwingen, jedenfalls vor Ablauf des Endes der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit einen Arzt aufzusuchen und nicht die Genesungsfortschritte bis dahin abzuwarten. Dem gesetzgeberischen Willen, wie er sich in § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG wieder findet[6], wäre damit ebenso wenig Genüge getan wie bei der Verpflichtung, bereits am ersten Tag einer Arbeitsunfähigkeit zum Arzt gehen zu müssen. Soweit die Auffassung vertreten wird, die Folgebescheinigung müsse vorgelegt werden, sobald der Arzt die fortdauernde Arbeitsunfähigkeit bescheinigt habe[7], wird dies mit dem Interesse an möglichst frühzeitigen Dispositionen begründet. Dafür reicht aber auch die Mitteilung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG analog.[8] Der Arbeitgeber kann zudem auch bei einer Folgebescheinigung verlangen, dass diese zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegt wird.[9]

[1] Zu den anderen Arbeitnehmergruppen, die eine Vorlagepflicht haben, vgl. Rz. 22.
[2] Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG AAG, 9. Aufl. 2023, § 5 EFZG, Rz. 192 f.; NK-ArbR/Jochen Sievers, 1. Aufl. 2016, § 5 EFZG, Rz. 33; Wedde/Kunz, EFZG, § 5 EFZG, Rz. 52; das LAG Hamm, Urteil v. 22.2.2013, 10 Sa 960/12, sowie das LAG Niedersachsen, Urteil v. 4.12.2008, 7 Sa 866/08, wenden § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 EFZG dagegen unmittelbar an.
[3] So Müller/Berenz, EFZG, § 5, Rz. 42.
[4] Ebenso ErfK/Reinhard, 24. Aufl. 2024, § 5 EFZG, Rz. 19.
[5] So Knorr/Krasney in Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung, Krankengeld, Mutterschaftsgeld, 7. Aufl., Stand August 2019, § 5 EFZG, Rz. 36.
[6] Vgl. hierzu bereits Rz. 2.
[7] So Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge, § 5 EFZG, Rz. 26.
[8] Vgl. hierzu Rz. 20.
[9] Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG AAG, 9. Aufl. 2023, § 5, Rz. 194.

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