1 Allgemeines

 

Rz. 1

Bei § 25 BBiG handelt es sich in systematischer Hinsicht um eine weitgehend überflüssige Norm. Sie stellt klar, dass die Vorschriften des 2. Teils des Gesetzes (§§ 470 BBiG) dem Schutz des Auszubildenden dienen sollen und daher unabdingbar sind. Für die weitgehend öffentlich-rechtlichen Normen der §§ 27 ff. BBiG sind allerdings auch zugunsten des Auszubildenden wenig Abweichungen denkbar. So kommt beispielsweise eine Einigung auf einen Berufsabschluss ohne Abschlussprüfung offensichtlich nicht in Betracht. Daher geht es § 25 BBiG hauptsächlich um Abweichungen von den §§ 4-24, 26 BBiG. Dass es sich bei diesen Normen um Bestimmungen zum Schutz von Auszubildenden handelt, von denen nicht zu deren Lasten abgewichen werden darf, hätte man allerdings auch den einzelnen Vorschriften selbst recht zwanglos entnehmen können.

 

Rz. 2

Die Unwirksamkeit einer ungünstig abweichenden Regelung nach § 25 BBiG kann sich daher auch direkt aus anderen Vorschriften ergeben. In Betracht kommen insbesondere die in § 12 BBiG aufgeführten Nichtigkeitsgründe. Aufgrund der Verweisung in § 10 Abs. 2 BBiG kann eine Regelung weiter noch gem. § 134 BGB i. V. m. einer Verbotsnorm oder gem. § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig sein. Auch bei § 17 BBiG hätte man auch ohne § 25 BBiG zu einer Nichtigkeit einer die Mindestvergütung unterschreitenden Vereinbarung kommen können.

2 Sachlicher Anwendungsbereich

 

Rz. 3

Die Unabdingbarkeitsregelung des § 25 BBiG erstreckt sich auf einzelvertragliche wie auch auf kollektivvertragliche Regelungen.[1] Erfasst werden daher auch ungünstige Abweichungen durch Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge, eine Öffnungsklausel ist in der Vorschrift nicht enthalten. Dies gilt sogar für Tarifverträge, die allgemeinverbindlich erklärt wurden.[2]

[1] Taubert, BBiG, § 25, Rz. 1.
[2] Taubert, BBiG, § 25, Rz. 1.

3 Unzulässige Vereinbarungen

3.1 Abweichung von Mindestanforderungen

 

Rz. 4

Eine Abweichung von den gesetzlichen Mindestanforderungen ist unzulässig, wenn diese zu Ungunsten des Auszubildenden wirkt. Im Gegenschluss sind abweichende Regelungen zugunsten des Auszubildenden zulässig. Bei der Beurteilung, die wie eine Abweichung wirkt, muss ein objektiver Maßstab zugrunde gelegt werden.[1] Für die erforderliche Vergleichsbetrachtung stehen unterschiedliche Anknüpfungspunkte zur Auswahl. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass – wie beim Günstigkeitsvergleich nach § 4 Abs. 3 TVG – ein Sachgruppenvergleich maßgeblich ist. Danach sind die "in einem offensichtlichen inneren Zusammenhang stehenden vertraglichen Bestimmungen mit den entsprechenden gesetzlichen Vorschriften im Hinblick auf die Lage des Auszubildenden miteinander zu vergleichen".[2]

 
Praxis-Beispiel
  • Der Ausschluss einer Ausbildungsvergütung ist nichtig.[3]
  • Der Verzicht auf Ausbildungsvergütung ist auch dann eine unzulässige Regelung zu Ungunsten des Auszubildenden, wenn der Ausbilder keinen Bedarf für einen Auszubildenden hatte und diesem nur die Fortsetzung einer abgebrochenen Lehre ermöglichen wollte.[4]
  • Eine Rückzahlungsvereinbarung, nach der der Auszubildende im Fall einer Eigenkündigung die Sonderaufwendungen für den Besuch einer anderen als der staatlichen Bildungseinrichtung zurückzuzahlen hat, ist bereits nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 BBiG nichtig.[5]
  • Das BAG hat allerdings anerkannt, dass eine Probezeit über die eigentliche Höchstfrist von 4 Monaten verlängert werden kann, wenn die tatsächliche Ausbildung während der Probezeit innerhalb eines signifikanten Zeitraums nicht durchgeführt wurde.[6] Auch wenn das BAG dies damit zu begründen versucht, die Verlängerung der Probezeit liege auch im Interesse des Auszubildenden, der das Ausbildungsverhältnis so eine längere Zeit jederzeit beenden könne, lässt sich das Ergebnis eigentlich nur mit dem auch vom BAG herangeführten praktischen Argument rechtfertigen, dass das Ausbildungsverhältnis sonst mit Sicherheit vom Ausbildenden beendet worden wäre.
[1] BAG, Urteil v. 9.6.2016, 6 AZR 396/15 mit weiteren Nachweisen.
[2] BAG, Urteil v. 9.6.2016, 6 AZR 369/15.
[3] Hessisches LAG, Urteil v. 8.11.1984, 3 Sa 424/84.

3.2 Nichtigkeitsfolge

 

Rz. 5

Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Unabdingbarkeit der Mindestvorschriften gem. § 25 BBiG ist die rückwirkende Nichtigkeit (ex tunc) der betroffenen Regelung. Andere Teile des Vertrages bleiben hiervon unberührt, § 139 BGB ist zum Schutz des Auszubildenden nicht anwendbar. Eine Regelungslücke wird dadurch vermieden, dass die ungünstige nichtige Regelung durch die günstigere gesetzliche Vorschrift ersetzt wird.

 
Praxis-Beispiel

Vergütung während der Freistellung

Die Parteien haben im Ausbildungsvertrag vereinbart, dass der Auszubildende für Zeiten der Freistellung, in denen er am Berufsschulunterricht teilnimmt, nur 50 % seiner Ausbildungsvergütung erhält. Die Regelung verstößt gegen § 19 Abs. 1 Nr. 1 BBiG und ist insofern jedenfalls nach § 25 BBiG nichtig. Der Ausbildungsvertrag bleibt ansonsten jedoch wirksam. Der nichtige Teil entfällt und der Auszubi...

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