4.1 Zählt die Umkleidezeit zur Arbeitszeit?

Umkleidezeiten gehören zur Arbeitszeit, wenn das Tragen einer bestimmten Kleidung vorgeschrieben ist und diese zwingend im Betrieb angelegt werden muss oder so auffällig ist und sie deshalb im Betrieb angezogen wird. Für die Einordnung als Arbeitszeit muss das Umkleiden dem Bedürfnis des Arbeitgebers dienen.[1]

Beispiele:

  • Besonders auffällige Dienstkleidung: Der Arbeitnehmer hat nach Auffassung des BAG außerhalb seiner Dienstzeit kein eigenes Interesse an der Offenlegung der von ihm ausgeübten beruflichen Tätigkeit. Für die Einordnung als "auffällig" kommt es nicht auf die subjektive Einschätzung des Arbeitnehmers, sondern auf eine objektive Betrachtungsweise an.
  • Das Tragen von Sicherheitsschuhen ist eine ausschließliche fremdnützige Tätigkeit, denn der Arbeitnehmer kommt damit dem Erfordernis zur Nutzung einer zur Verfügung gestellten Schutzkleidung nach.
  • Kann Arbeitskleidung zu Hause angelegt werden und – ohne besonders auffällig zu sein – auch auf dem Weg zur Arbeitsstätte getragen werden, ist keine Fremdnützigkeit gegeben und damit auch keine Arbeitszeit.
Rechtsgrundlagen: § 2 Abs. 1 ArbZG, BAG, Beschluss v. 10.11.2009, 1 ABR 54/08
Weitere Informationen: BR-Mitbestimmung: Arbeitszeit, Pausen und Urlaubsgrundsätze, Dienstkleidung und Umkleidezeiten, Arbeitskleidung
4.2 Kann Duschen vergütungspflichtige Arbeitszeit sein?
Ja. Duschen kann vergütungspflichtige Arbeitszeit sein, wenn dies in einer Einzel- oder Kollektivvereinbarung vorgesehen ist oder es sich um eine über das normale Maß hinausgehende Verschmutzung handelt, welche im Rahmen der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit entstanden ist. Dabei muss die Verschmutzung deutlich über die Verschmutzung hinausgehen, die gewöhnlich im Privatleben anfallen würde.[2]
Weitere Informationen: BR-Mitbestimmung: Arbeitszeit, Pausen und Urlaubsgrundsätze, Dienstkleidung und Umkleidezeiten, Arbeitskleidung
4.3 Zählt der Arbeitsweg zur Arbeitszeit?

Wegezeiten zählen zur privaten Lebensführung und werden nicht im alleinigen Interesse des Arbeitgebers erbracht. Mit dem eigennützigen Zurücklegen des Weges von der Wohnung zur Arbeitsstelle und zurück erbringt der Arbeitnehmer daher regelmäßig keine Arbeit für den Arbeitgeber.[3]

Etwas anderes kann gelten, wenn der Arbeitnehmer seine Tätigkeit außerhalb des Betriebs zu erbringen hat. Das Fahren zur auswärtigen Arbeitsstelle gehört zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit, wenn das wirtschaftliche Ziel der Gesamttätigkeit darauf gerichtet ist, verschiedene Kunden aufzusuchen.[4]
Rechtsgrundlagen: § 2 Abs. 1 ArbZG
Weitere Informationen: Arbeitszeit, Fahrten Wohnung – erste Tätigkeitsstätte
4.4 Zählen Reisezeiten einer Dienstreise zur Arbeitszeit?

Bei einer Dienstreise muss unterschieden werden zwischen der Einordnung als Arbeitszeit i. S. d. ArbZG und der vergütungsrechtlichen Arbeitszeit.

Die Qualifikation einer Dienstreise als Arbeitszeit im Sinne des ArbZG führt nicht zwingend zur Vergütungspflicht. Umgekehrt lässt die Herausnahme bestimmter Zeiten aus der Arbeitszeit nicht zwangsläufig die Vergütungspflicht entfallen.[5]

Reisezeit nach ArbZG:

Auch während einer Dienstreise sind die 10-Stunden-Höchstarbeitszeitgrenze sowie die arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben einzuhalten.

Ob Wegezeiten (Dauer der Hin- und Rückfahrt) einer Dienstreise als Arbeitszeit i. S. d. des ArbZG gelten, hängt dabei vom Inhalt der arbeitgeberseitigen Weisung ab.

Grundsätzlich handelt es sich um Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer in dieser Zeit fremdbestimmt ist und im überwiegenden Interesse des Arbeitgebers beansprucht wird.

Beispiele: Arbeitgeber fordert Bearbeitung von E-Mails, Vor- oder Nachbereitung des Termins oder auch das Führen eines Fahrzeugs.

Gibt der Arbeitgeber dagegen lediglich die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels vor und bleibt es dem Arbeitnehmer überlassen, wie er die Zeit nutzt, muss genauer hingesehen werden. Nach der Beanspruchungstheorie des BAG[6] können solche Reisezeiten, bei fehlender Beanspruchung des Arbeitnehmers, in arbeitszeitschutzrechtlicher Hinsicht als Ruhezeit oder Ruhepause bewertet werden und müssen nicht auf die Höchstarbeitszeit angerechnet werden. (Wichtig: Das bedeutet nicht, dass die Vergütungspflicht entfällt). Neuere Rechtsprechung stellt aber auf die nicht unerhebliche Einschränkung der Freizeitgestaltung bei einer Zugreise ab.[7] Deshalb: Je freier Dienstreisen gestaltet und mit privaten Plänen und Aktivitäten verknüpft werden können, desto eher findet keine Einstufung als Arbeitszeit statt.

Reisezeit hinsichtlich Vergütung:

Ohne abweichende arbeitsvertragliche Regelung sind Dienstreisezeiten als gewöhnliche Arbeitszeit zu vergüten.[8] Das gilt selbstverständlich, wenn der Arbeitnehmer während der Reisezeit angeordnete Arbeitsleistung erbringt (Bsp. s. o.). Die Vergütungspflicht besteht aber auch für Zeiten in denen sich der Arbeitnehmer passiv verhält bzw. passiv verhalten muss als Beifahrer oder auch bei Bahn- und Flugreisen. Entscheidend ist nämlich, dass...

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