Sommerloch in der Lohnabrechnung

Böse Zungen sollen ja behaupten, dass die Entgeltabrechnung automatisch erfolgt und einzig per Knopfdruck aktiviert wird. Droht also Langeweile in der Entgeltabrechnung, wenn sämtliche Besonderheiten im Sozialversicherungs- und Steuerrecht ein Irrglaube sind? Bestimmt nicht, sagt Kolumnistin Christiane Droste-Klempp, und zeigt auf, mit welchen Themen die Entgeltabrechnung täglich zu kämpfen hat.

Wussten Sie, dass allein ein Rentner in der Sozialversicherung auf die unterschiedlichsten Arten abgerechnet werden kann? Eine Altersrente ist eben nicht nur eine Altersrente. Für die Renten- und Arbeitslosenversicherungspflicht ist entscheidend, ob der Rentner bereits die Regealtersgrenze erreicht hat oder nicht. Wenn ja, dann zahlt nur der Arbeitgeber seinen Anteil. Allerdings könnte der Rentner auf die Rentenversicherungsfreiheit verzichten – natürlich nur mit einer entsprechenden unterschriebenen Verzichtserklärung, die als Entgeltunterlage aufzubewahren ist.

Von Rentnern und Werkstudenten, ...

Sicher ist Ihnen geläufig, dass jeder, der Altersrente erhält, keinen Anspruch mehr auf Krankengeld hat und deshalb mit dem ermäßigten Beitragssatz abzurechnen ist. Darüber hinaus ist vermutlich vielen Leserinnen und Lesern bekannt, dass das Vorliegen eines Werkstudentenprivilegs - welches bedeutet, dass nur in der Rentenversicherung Beiträge zu zahlen sind - geprüft werden muss. Dazu muss es sich auch weiterhin um einen "ordentlich" Studierenden handeln. Ach, das wussten Sie nicht? Kein Problem. Es bedeutet, dass die Person während des Semesters nur 20 Stunden arbeiten darf – dies ist selbstverständlich eine personenbezogene Grenze – und dass auf die aktuelle Immatrikulationsbescheinigung zu achten ist. 

Homeoffice in Frankreich, der bAV ...

Nun, dies sind die einfachen Themen. Spannender wird es, wenn wir zukünftig Mitarbeitende beschäftigen wollen, die beispielsweise im Homeoffice in Frankreich arbeiten, aber aus Deutschland bezahlt werden. Was sagt nun wohl die deutsche Sozialversicherung dazu? Sie wird sagen, dass das deutsche Sozialversicherungsrecht nicht greift, sondern das französische Sozialversicherungsrecht, und wie das funktioniert, das kann Ihnen hier auch keiner erklären. Da brauchen Sie vor Ort einen Dienstleister, der Ihnen sagt, wie viel und wohin Beiträge zu zahlen sind. Und das wird dieser Dienstleister selbstverständlich nicht kostenlos machen.

Vergessen wir auch nicht das Steuerrecht, denn grundsätzlich bin ich da, wo ich wohne und die Infrastruktur nutze, auch steuerpflichtig. "Prima", denken Sie, dann kann ich den Arbeitslohn für die Person, die im Homeoffice in Frankreich arbeitet, ja herrlich steuerfrei auszahlen. Falsch gedacht, so einfach ist es nicht. Sie müssen mit Ihrem Betriebsstättenfinanzamt kommunizieren und ohne Kenntnis, welche Ziffern korrekt auf der Lohnsteuerbescheinigung zu füllen sind, geht es ebenfalls nicht. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob es sich gegebenenfalls um eine Betriebsstätte handelt.

Noch nicht genug? Dann geht es weiter mit der betrieblichen Altersversorgung. Wer prüft die Policen, die abgeschlossen werden? Wer entscheidet, ob eine Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 63 EStG oder eine pauschale Versteuerung nach § 40b EStG oder gar eine individuelle Versteuerung anzuwenden ist? Und wer prüft, was die sozialversicherungsrechtliche Entgeltverordnung oder der § 14 SGB IV hierzu zu sagen hat?

und einem niedlichen Freund namens PUEG

Schon sprachlos? Dabei waren wir doch noch gar nicht bei den abenteuerlichen Regelungen des Kurzarbeitergeldes zu Coronazeiten - vom Infektionsschutzgesetz ganz zu schweigen. Bereits kurz danach folgte die seltsame elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die bis heute nicht richtig funktioniert. Und nun schafft es der Gesetzgeber, die Personalabteilungen zur Urlaubszeit mit einem Gesetz zu konfrontieren, welches sich niedlicherweise "PUEG" nennt und bedeutet, dass nun in einem aufwendigen Nachweisverfahren die Anzahl und das Alter der Kinder von sämtlichen Mitarbeitenden abzufragen sind, um dann beurteilen zu können, beim wem sich der Beitragssatz in der Pflegeversicherung vermindern wird. Und sie wissen ja: Kinder können leiblich sein, aber auch Adoptionskinder, Pflegekinder und Stiefkinder werden berücksichtigt.

So holen wir doch alle mal tief Luft und zollen der Lohnbuchhaltung den größten Respekt. Hier wird seit Jahren tapfer gearbeitet, während die Überregulierung kein Ende nimmt und Arbeitsplätze in den Abteilungen abgebaut werden. Und diesen magischen Knopf, der alles automatisch erledigt, den gibt es eben nicht.

Somit wünsche ich aus vollem Herzen allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Lohnbuchhaltung einen wunderschönen und intensiv erholsamen Sommerurlaub!


Christiane Droste-Klempp arbeitet im eigenen Unternehmen als Trainerin, Beraterin und Projektleiterin für sämtliche Themen des Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrechts und berät seit vielen Jahren Unternehmen bei der Auswahl und Umsetzung strategischer Personalmodelle.