Lokführer: Wann liegt eine erste Tätigkeitsstätte vor?

Wann gilt das Gelände des Arbeitgebers als "zusammenhängend", sodass man von einer ersten Tätigkeitsstätte ausgehen kann? Nach einem neuen Urteil genügt als Kriterium eine "Werksbahn" als Verbindung der betrieb­lichen Einrichtungen.

Ansatz von Fahrtkosten 

Für Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte können Mitarbeiter die Kosten nur im Rahmen der Entfernungspauschale in ihrer Steuererklärung geltend machen. Steuerfreie Erstattungen durch den Arbeitsgeber sind – ab 2019 mit Ausnahme der sogenannten Jobtickets – ausgeschlossen. In diesen Fällen kommt auch ein Abzug oder eine steuerfreie Erstattung von Verpflegungspauschalen bei Vorliegen der ersten Tätigkeitsstätte nicht in Betracht.

Auswärtstätigkeit oder erste Tätigkeitsstätte? 

In einem aktuellen Urteil hat das Finanzgericht Köln (Urteil vom 11.07.2018 - 4 K 2812/17) entschieden, dass das Einsatzgebiet eines Lokführers seine erste Tätigkeitsstätte darstellt und daher ein Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen ausscheidet. Der Kläger war im Streitjahr (nach der Reisekostenreform) als angestellter Lokführer tätig. Das Finanzamt berücksichtigte die in der Steuererklärung geltend gemachten Verpflegungs­aufwendungen nicht, weil es sich um Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte handele. Es liege keine Auswärtstätigkeit vor. Die Einrichtungen auf dem Gelände seien alle durch das Schienennetz zu einer Arbeitsstätte verbunden.

Entfernungspauschale kommt zum Ansatz 

Die dagegen gerichtete Klage vor dem Finanzgericht Köln hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei dem Werksgelände um ein räumlich geschlossenes, zusammenhängendes betriebliches Gelände des Arbeitgebers. Die Fahrten dorthin seien daher nur mit der einfachen Entfernungspauschale zu berücksichtigen. Verpflegungsmehraufwendungen könnten aufgrund der fehlenden auswärtigen Tätigkeit nicht berücksichtigt werden. Gegen das Urteil wurde Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt (Aktenzeichen: VI R 36/18). 

Weiträumiges Tätigkeitsgebiet 

Sollen Mitarbeiter aufgrund der Weisungen des Arbeitgebers ihre berufliche Tätigkeit typischerweise arbeitstäglich in einem sogenannten weiträumigen Tätigkeitsgebiet ausüben, findet für die Fahrten von der Wohnung zu diesem Tätigkeitsgebiet ebenfalls die Entfernungspauschale Anwendung (§ 9 Abs. 1 S. 2 Nr. 4a S. 3 EStG). Die Anwendung dieser – für die Urteilskonstellation eigentlich naheliegenden Vorschrift – verneint das Finanzgericht jedoch. Es geht davon aus, dass der Gesetzgeber Fälle wie Autobahnpolizisten, Förster oder Kaminkehrer vor Augen hatte. Im Unterschied dazu bewege sich der Kläger im Urteilsfall aber nicht im öffentlichen Raum, sondern ausschließlich im betrieblichen Bereich. Er hat deshalb nach dem Urteil eine erste Tätigkeitsstätte.

Diese recht feinsinnige Unterscheidung führt aber im Ergebnis dazu, dass der Betroffene hier keine Verpflegungspauschalen bekommt. Auf die Berücksichtigung von Verpflegungs­pauschalen oder Übernachtungskosten sowie den steuerfreien Arbeitgeberersatz hat die Festlegung "tätig werden in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet" nämlich keinen Einfluss, da solche Arbeitnehmer weiterhin außerhalb einer ersten Tätigkeitsstätte - und damit auswärts - beruflich tätig werden (BMF, Schreiben v. 25.11.2020, BStBl 2020 I S. 1228, Rn. 45).

Update: Bundesfinanzhof bestätigt Urteil

Inzwischen hat der Bundesfinanzhof im Revisionsverfahren die Entscheidung des Finanzgerichts bestätigt: Er hat eine erste Tätigkeitsstätte ebenso bejaht und damit den Ansatz von Verpflegungsmehraufwendungen verneint (BFH Urteil vom 01.10.2020 - VI R 36/18).

Näheres dazu lesen Sie in unserem Beitrag "Schon wieder neue Urteile zur ersten Tätigkeitsstätte".